Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Obdachlose in Hamburg: Erfolgreich abgeschreckt
> Sozialsenatorin Leonhard zieht Bilanz: Das Winternotprogramm war diesen
> Winter nur zu zwei Dritteln ausgelastet. Woran lag das?
Bild: Aufwärmen tut gut: Obdachloser Mann in einem Nachtcafé
Hamburg taz | Das Winternotprogramm des Senats war in dieser Saison nur zu
zwei Dritteln ausgelastet, wie die Sozialbehörde am Dienstag mitteilte. Das
könnte ein Indiz dafür sein, dass das Angebot ausgereicht hat. Zudem hat es
die Lage in den Notunterkünften entspannt, weil die Vier- bis
Sechsbettzimmer nicht voll belegt waren.
Nach Ansicht der Linken in der Bürgerschaft kann die geringe Auslastung
aber kein Grund für die Sozialbehörde sein, sich auf die Schulter zu
klopfen. „Die geringe Auslastung ist die Bilanz einer diskriminierenden
Politik gegenüber den zugewanderten Obdachlosen“, kritisiert die
Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir.
Das Programm soll verhindern, dass Menschen bei widriger Witterung auf der
Straße sterben. Das Obdachlosenmagazin Hinz&Kunzt hat diesen Winter sechs
Tote gezählt, wobei unklar ist, welche Rolle die Kälte spielte. Auch in
diesem Winter sei wieder eine große Zahl obdachloser Menschen von der
Nutzung des Programms ausgeschlossen und auf die Wärmestube verwiesen
worden, wo normales Nächtigen nicht möglich sei, kritisierte die Linke.
„Niedrigschwellig und anonym kann man das Winternotprogramm schon lange
nicht mehr nennen“, findet Özdemir.
Nun werden Leute ohne deutschen Pass aber keineswegs aus den
Notunterkünften ausgesperrt. Nach der im Januar veröffentlichten
Obdachlosenzählung hatte gut ein Drittel der Menschen auf Hamburgs Straßen
einen deutschen Pass. In den Notunterkünften belegten Deutsche knapp ein
Fünftel der Plätze.
Die frei gebliebenen Plätze erklärte Senatorin Leonhard (SPD) bei der
Bilanzierung des Winternotprogramms damit, dass es eine Reihe von
Obdachlosen gebe, die das Programm gar nicht nutzen wollten. Darunter seien
Gruppen von Wanderarbeitern, die sich gemeinsam Schlafplätze besorgten.
„Die zählen wir als wohnungslos“, sagte Leonhard.
Abgewiesen würden von den Unterkünften nur Leute, die sich der „Mitwirkung�…
verweigerten, etwa indem sie sich nicht beraten ließen oder gefährliche
Gegenstände mitbrächten. Zudem versuche die Behörde zu vermeiden, „dass das
Winternotprogramm als kostenloses Rückgrat für Arbeitsausbeutung genutzt
wird“, sagte Leonhard – dass also Arbeitgeber Leute anlocken und für deren
Unterbringung das Winternotprogramm einkalkulieren.
Als Erfolg bezeichnete Leonhard, dass es gelungen sei, 400 Menschen aus dem
Winternotprogramm heraus in richtige Unterkünfte zu vermitteln – die
meisten davon in eine „öffentlich-rechtliche Unterbringung“, also
städtische Einrichtungen. 331 waren es in der Saison davor. Die
Linken-Abgeordnete Özdemir kritisiert, damit seien auch Unterkünfte im
Herkunftsland gemeint – und damit Ausweisungen.
Als Schwerpunkt ihrer Arbeit strich Leonhard die Prävention heraus. Ein
Ziel sei, „dass die sozialen Beratungsstellen so eng vernetzt
zusammenarbeiten, dass Menschen gar nicht erst ihre Wohnung verlieren“. Das
Personal der zuständigen Fachstellen für Wohnungssicherung in den Bezirken
soll hierfür um 15 Stellen aufgestockt werden.
Die Fachstellen hätten es schon in der vergangenen Saison in 80 Prozent der
Fälle geschafft, den Wohnraum für die Mieter zu sichern. Die Zahl der
Räumungen sei um ein Viertel von 1.800 auf 1.350 zurückgegangen. „Auch das
ist ein Verdienst der Fachstellen“, sagte Leonhard.
17 Apr 2019
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Obdachlosigkeit in Hamburg
Obdachlosigkeit
Winternotprogramm
Obdachlosigkeit in Hamburg
Helmut Schmidt
Obdachlosigkeit in Hamburg
Hamburg
Obdachlosigkeit in Hamburg
Melanie Leonhard
Obdachlosigkeit in Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Dach überm Kopf für Obdachlose: Schluss mit der Winternotlösung
Bald beginnt das Winternotprogramm für Obdachlose. Corona verschärft die
Lage und zeigt: Von der Massenunterbringung muss man sich verabschieden.
Erlassene Steuern von Privatbank: 47.000.000
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat als Finanzsenator 47
Millionen Euro Steuern liegen gelassen. Dabei gäbe es dafür Verwendung.
Obdachlosigkeit in Hamburg: Platte vor dem Hörsaal
Der Campus der Uni Hamburg ist für viele Obdachlose ein Zuhause.
Wissenschaftler*innen fordern, dass die Uni ein eigenes Winternotprogramm
aufstellt.
Linke Fraktionschefinnen über die Linke: „Von uns kommt Druck“
Die Fraktionsvorsitzenden der Hamburger Linken, Cansu Özdemir und Sabine
Boeddinghaus, über die nächste Bürgerschaftswahl und die ewige Opposition.
Obdachlose in Hamburg: Neue Hilfe auf der Straße
Das stadteigene Unternehmen Fördern & Wohnen beschäftigt jetzt auch
Straßensozialarbeiter. Dadurch sollen mehr Obdachlose Beratung erhalten.
Obdachlose in Hamburg: Doppelt so viele wie vor neun Jahren
Wohlfahrtsverbände und die Sozialsenatorin deuten die Ergebnisse der
jüngsten Obdachlosen-Befragung in weiten Teilen sehr unterschiedlich.
Kältebus-Fahrer über seine Erlebnisse: „Da ist jemand, der guckt“
Seit Samstag fährt der Kältebus der Alimaus und kümmert sich um Obdachlose
in Hamburg. Ein Gespräch mit einem der Fahrer über seine nächtlichen
Erlebnisse.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.