# taz.de -- Juristischer Streit um G-20-Protestcamp: Protestieren ja, schlafen … | |
> Das Bundesverfassungsgericht erkennt Protestcamps als Demonstration an. | |
> Die Behörden haben aber viel Entscheidungsraum für Auflagen. | |
Bild: Protestcampen vor der Elbphilharmonie | |
HAMBURG taz | Die Stadt Hamburg muss die G-20-Protestcamps für jeweils | |
10.000 GipfelgegnerInnen in der kommenden Woche dulden. Das hat das | |
Bundesverfassungsgericht am Mittwochabend entschieden. Begründung: Die | |
Camps unterlägen den Regeln des Versammlungsgesetzes und müssten als | |
politische Demonstrationen behandelt werden. | |
Was aus dieser Entscheidung folgt, wird nun in der Hansestadt heiß | |
diskutiert: Die Polizei könnte die Camps beispielsweise mit Auflagen | |
versehen, was die Größe und den Ort angeht. | |
Der Klägeranwalt des Camps „Alternativen zum Kapitalismus leben und | |
sichtbar machen“ im Hamburger Stadtpark, Martin Klingner, bezeichnete den | |
Beschluss zwar als „positiv“, bedauerte aber, dass die „Entscheidung der | |
Versammlungsbehörde zu viel Spielraum lässt, wo und in welcher Form das | |
Camp stattfinden kann“. | |
Die Verfassungshüter hatten deutlich gemacht, dass sie sich mit der | |
Entscheidung schwergetan haben. Diese Form der internationalen | |
Protestkultur werfe „schwierige und in der verfassungsrechtlichen | |
Rechtsprechung ungeklärte“ Fragen auf. | |
## Perfektes Chaos | |
Die Polizei hatte das Camp im Stadtpark zuvor verboten, und das Hamburger | |
Oberverwaltungsgericht hatte dies bestätigt. Nach Ansicht der | |
Verfassungsrichter wäre damit aber „das Versammlungsrecht bei einem | |
besonders herausragenden politischen Großereignis nachhaltig entwertet“ | |
worden. Allein ein Hinweis auf ein Verstoß gegen die Grünanlagenverordnung | |
reiche für ein Verbot nicht aus. | |
Durch dieses Hin und Her ist nun das juristische Chaos perfekt. Unmittelbar | |
vor der Verfassungsgerichtsentscheidung hatte das Verwaltungsgericht das | |
Verbot eines weiteren Camps unter dem Namen „Langzeitprotest gegen G 20 – | |
Dauerversammlung mit Campbegleitung“ im Hamburger Volkspark durch die | |
Polizei bestätigt, weil es keine grundrechtlich geschützte Versammlung sei. | |
Die Organisatoren haben dagegen Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht | |
(OVG) eingelegt. Dieses muss nun vermutlich das Verbot des | |
Verwaltungsgericht formaljuristisch „zeitnah“ aufheben. „Die Entscheidung | |
des Bundesverfassungsgerichts spielt natürlich eine Rolle“, sagte | |
OVG-Sprecherin Anne Groß der taz. | |
## Gesprächsverweigerung | |
Ursprünglich sollten beide Protestcamps am kommenden Wochenende beginnen. | |
Die Polizei verweigert sich derzeit jedoch noch Gesprächen mit den | |
Organisatoren des Volkspark-Camps, das außerhalb der 38 Quadratkilometer | |
großen Demoverbotszone liegt, mit dem Hinweis auf das anhängige Verfahren. | |
Die Veranstalter des Stadtpark-Camps, das im sogenannten | |
„Transfer-Korridor“ für den Transport der G-20-Regierungsdelegationen | |
liegen würde, waren indessen für den Donnerstagnachmittag zum | |
Kooperationsgespräch geladen worden. Dort gab die Polizei bekannt, dass sie | |
überhaupt kein Camp mit Übernachtungsmöglichkeiten zulassen werde. Das sei | |
durch die Entscheidung der Bundesverfassungsgerichts gedeckt. Die | |
Camp-Organisatoren prüfen nun, wie sie mit der Ansage politisch und | |
juristisch umgehen. | |
Unterdessen hat die Hamburger Staatsanwaltschaft am Donnerstagmorgen Räume | |
des anitiimperialistischen „Roten Aufbruchs Hamburg“ sowie zweier | |
Privatpersonen wegen Billigung einer Straftat durchsuchen lassen. Sie | |
stehen unter Verdacht, diejenigen gewesen zu sein, die der taz im Dezember | |
anonymisiert ein Interview zur Bewegung gegen den G-20-Gipfel gegeben | |
hatten. Darin hatten die beiden für einen kurz zuvor in Hamburg verübten | |
Brandanschlag auf die Tagungsstätte in den Hamburger Messehallen | |
Verständnis gezeigt. | |
29 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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