# taz.de -- Jurist über mögliches Stiftungsgesetz: „Braucht klare Förderbe… | |
> Die AfD hat in Karlsruhe einen Teilerfolg erzielt. Ein Experte erklärt, | |
> wie die Finanzierung von rechten Stiftungen weiter verhindert werden | |
> kann. | |
Bild: Cash für die AfD-nahe Stiftung? Aktivistin der Organisation Campact vor … | |
taz: Herr Ogorek, die AfD hat teils erfolgreich dagegen [1][geklagt], dass | |
ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung von der Finanzierung der parteinahen | |
Stiftungen ausgeschlossen wurde. Geld bekommt die Stiftung zwar nicht | |
sofort, aber die Ampel muss ein Gesetz erlassen, das die Finanzierung | |
regelt. Es ist eine Niederlage mit Ansage. Sie haben selbst ein solches | |
Gesetz entworfen und gefordert. Wie ordnen Sie das Urteil ein? | |
Markus Ogorek: Sie haben es gesagt, die Entscheidung war vorhersehbar und | |
vermeidbar. Karlsruhe fordert zu Recht ein Parlamentsgesetz für den Fall, | |
dass eine parteinahe Stiftung von der Finanzierung ausgeschlossen werden | |
soll – denn dies hat erhebliche Auswirkungen auf den demokratischen | |
Wettbewerb zwischen den Parteien. Wir sprechen immerhin über rund [2][600 | |
Millionen Euro] pro Jahr, fast dreimal mehr als die staatliche | |
Parteienfinanzierung. Vor diesem Hintergrund kann das Haushaltsgesetz als | |
Grundlage für die Zuwendungen nicht ausreichen. Es braucht ein Gesetz, das | |
klare und rechtssichere Förderbedingungen aufstellt. | |
Im Urteil steht: Die Nichtberücksichtigung der AfD-nahen | |
[3][Desiderius-Erasmus-Stiftung] verletzt die grundgesetzlich garantierte | |
Chancengleichheit. Gleichzeitig widerspricht die AfD demokratischen Werten | |
und gilt dem Inlandsgeheimdienst als rechtsextremer Verdachtsfall. Muss die | |
Demokratie jetzt ihre eigenen Feinde finanzieren? | |
Nein, es kann und darf nicht sein, dass Nicht-Demokraten durch den Staat | |
finanzielle Unterstützung erhalten. Der Ausschluss von Verfassungsfeinden | |
kann dadurch gelingen, dass die Förderung durch ein Gesetz auf solche | |
parteinahen Stiftungen begrenzt wird, die sich aktiv für die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzen. Das ist auch ein | |
wesentlicher Punkt des von meinem Institut und mir vorgelegten Entwurfs. | |
Eine Lex DES also? Das klingt auch nicht gerade nach Gleichbehandlung. | |
Ein solches Gesetz wäre gerade keine Lex DES, da die Kriterien für alle | |
Stiftungen gleichermaßen gelten. Die Stiftungen stehen in einer | |
Nähebeziehung zu politischen Parteien, sind aber organisatorisch und | |
personell von ihnen getrennt. Allein der Umstand, dass die AfD – zu Recht – | |
als Verdachtsfall eingestuft wird, kann für einen Ausschluss der DES von | |
der Finanzierung daher nicht genügen. Aber die Darlegungs- und Beweislast | |
liegt nach meinem Gesetzesentwurf bei der Stiftung: Sie muss nachweisen, | |
dass sie aktiv die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützt. Das | |
ist meines Erachtens auch nicht unzumutbar, denn sie will ja schließlich | |
Geld vom Staat und hat anders als die politischen Parteien selbst ihre | |
Daseinsberechtigung nur deshalb, weil sie in der Gesellschaft die | |
dauerhaften und ins Gewicht fallenden demokratischen Politikströmungen auf | |
andere Weise abbilden soll. | |
Wie soll das Verfahren konkret aussehen? Mit welchen Kriterien wollen Sie | |
denn demokratiefeindliche Stiftungen heraushalten? | |
Die zuständige Stelle müsste Erkundigungen einholen: Macht sich die | |
Stiftung extremistische Aussagen der nahestehenden Partei zu eigen? Und | |
welche Verlautbarungen gibt es medial seitens der Repräsentanten der | |
Stiftung selbst? Zudem muss man die Bildungsarbeit der Stiftung in den | |
Blick nehmen: Welche politischen Anschauungen werden in Publikationen sowie | |
Reden vertreten und wird hierbei aktiv für die freiheitlich-demokratische | |
Grundordnung eingetreten? Möglich wäre es nach unserem Entwurf, hierzu auch | |
juristische oder politikwissenschaftliche Gutachten in Auftrag zu geben | |
oder Erkenntnisse anderer Stellen einzubeziehen, von den Zentralen für | |
politische Bildung bis zu dem Verfassungsschutzämtern. Wenn es begründete | |
Zweifel gibt, muss man die antragstellende Stiftung damit konfrontieren und | |
Vorhaltungen formulieren. Am Ende muss im Einzelfall entschieden werden: | |
Einer nicht berücksichtigten Stiftung stünde es offen, vor die | |
Verwaltungsgerichte und letztlich vor das Bundesverfassungsgericht zu | |
ziehen. | |
Beim Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schwingt auch | |
immer die Extremismus-Theorie mit, mit dem auch der Verfassungsschutz | |
operiert. Und der Geheimdienst ist ja nun nicht gerade als Hort der | |
Demokratie bekannt. Wer soll denn am Ende prüfen? | |
Der Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist für Juristen | |
uneingeschränkt positiv besetzt. Er dürfte sich kaum dazu nutzen lassen, | |
unliebsame Parteien und Stiftungen in eine bestimmte Ecke zu stellen – | |
denn er findet seine Grundlage in der Verfassung selbst. Aber ich verstehe | |
Ihren Punkt, der auch durch wenig glückliche Verwendungen des Begriffs im | |
früheren politischen Diskurs zu erklären ist. Um es klarzustellen: | |
Letztlich würde über die Stiftungsförderung nicht der Verfassungsschutz | |
entscheiden. In dem Entwurf für ein Stiftungsgesetz schlagen wir vor, dass | |
über die Förderung der Bundestagspräsident entscheiden soll, der ja auch | |
zentrale Aufgaben im Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung wahrnimmt. | |
Er kann die Expertise des Inlandsnachrichtendienstes einholen, er kann es | |
aber auch unterlassen und jedenfalls die Informationen selbst bewerten. | |
Also können Sie dem Urteil auch etwas Positives abgewinnen? | |
Es ist gut, dass das Gericht dem Gesetzgeber ins Pflichtenheft geschrieben | |
hat, ein Stiftungsgesetz zu erlassen. Viele Bundestagsabgeordnete wollten | |
die Entscheidung abwarten, dieser gordische Knoten ist jetzt zerschlagen. | |
Am Ende tut es uns auch als Gesellschaft nicht gut, von der AfD vor sich | |
hergetrieben zu werden. Umso wichtiger ist es, jetzt endlich zeitnah ein | |
Gesetz zu erlassen. | |
Die AfD suhlt sich jetzt in der Opferrolle und wird das absehbar auch bei | |
einem Stiftungsgesetz tun, das geeignet wäre, ihre Stiftung auszuschließen. | |
Ist das ein Problem? | |
Ich habe gestern gelesen, dass eine führende AfD-Vertreterin zu den | |
Kriterien meines Entwurfs sagte, wenn dieser Gesetz würde, wolle man erneut | |
klagen. Offen gesagt: Dann soll die AfD eben klagen, das würde ich gelassen | |
sehen. Man kann vom Staat nicht erwarten, dass er Institutionen finanziert, | |
die die Werte des sie fördernden Staates gar nicht vertreten möchten. Das | |
liegt meines Erachtens auf der Hand und wird auch dadurch unterstrichen, | |
dass bei der Karlsruher Urteilsverkündung mehrfach von einem dem | |
Gesetzgeber zustehenden Einschätzungsspielraum gesprochen wurde. | |
Die AfD-Stiftung wird weiter versuchen, sich selbst zu verharmlosen. Sie | |
verschleiert etwa ihr Kuratorium, auch um fließende Übergänge zu | |
rechtsextremen Organisationen und Kaderschmieden wie dem Institut für | |
Staatspolitik zu verdecken. | |
Der Nachweis ist eine Tatsachenfrage. Wenn es Zweifel an der | |
Verfassungstreue der Stiftung gibt, darf es Geld nur bei einer Mitwirkung | |
an der Sachverhaltsaufklärung geben. Kontakte wie zum gesichert | |
rechtsextremistischen „Institut für Staatspolitik“ sind sehr beunruhigend | |
und werden sicherlich eine Rolle spielen. Staatliche Stellen sollten hier | |
genau hinschauen, sich zugleich aber auch vor Vorvorurteilungen hüten. Zur | |
Demokratie gehört auch Fairness gegenüber dem politischen Gegner und | |
Chancengleichheit. Eine willkürliche Versagung von Mitteln darf es nicht | |
geben. | |
23 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-zur-AfD-nahen-Erasmus-Stiftung/!5914045 | |
[2] /Karlsruhe-ueberprueft-Klage/!5887057 | |
[3] https://erasmus-stiftung.de/ | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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