# taz.de -- Julia Klöckners Klimaplan 2030: Rülpsen und furzen auf dem Index | |
> Das Agrarministerium legt Klimaschutz-Vorschläge vor. Beim | |
> Umweltministerium ist man nicht unzufrieden. Ein Hauptproblem aber | |
> bleibt. | |
Bild: Julia Klöckners 10-Punkte-Plan ist geschrumpft. Den Viehbestand reduzier… | |
BERLIN taz | Am 5. Dezember 2018 konnte Bundeslandwirtschaftsministerin | |
Julia Klöckner (CDU) noch stolz auf zwei große Klimaschützer aus ihrem | |
Ressort verweisen: den deutschen Ackerboden und den deutschen Wald. Die | |
speichern laut der aktuellen „Bodenzustandserhebung“ so viel Kohlendioxid, | |
wie Deutschland in 23 Jahren in die Luft bläst. „Die Daten zeigen, wie | |
bedeutend der Ackerboden für den Klimaschutz ist“, sagte Klöckner. | |
Wie bedeutend Julia Klöckner für den Klimaschutz ist, erweist sich in | |
diesen Tagen. Das Agrarministerium hat als erstes Ressort intern die | |
Maßnahmen vorgelegt, mit denen es die Vorgaben aus dem Klimaschutzplan der | |
Bundesregierung erfüllen will. Dabei zeigt sich: Vom „10-Punkte-Plan“, den | |
Klöckner angekündigt hat, bleiben nur fünf Maßnahmen, die dem | |
Agrarministerium für seine Klimabilanz nutzen. Und selbst wenn alle bisher | |
geplanten Maßnahmen umgesetzt sind, wird das Reduktionsziel noch nicht | |
erreicht. | |
Der Klimaschutzplan von 2016 ist Grundlage [1][für das Klimaschutzgesetz], | |
das die Große Koalition 2019 beschließen will. In diesem Plan werden den | |
Bereichen Energie, Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft | |
Reduktionsziele für 2030 vorgegeben. Ursprünglich sollten die Ressorts bis | |
Ende 2018 Vorschläge vorlegen, wie sie diese erreichen wollen. Das ist nun | |
auf das Frühjahr 2019 verschoben worden. | |
Der Agrarsektor muss seinen Ausstoß von 88 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent | |
1990 (Gase wie Methan oder Lachgas, deren Klimawirkung im Vergleich zu CO2 | |
berechnet wird) um 31 bis 34 Prozent verringern. Für die Zielmarke von | |
höchstens 61 Millionen Tonnen 2030 müssen allerdings noch 11 bis 14 | |
Millionen Tonnen eingespart werden. | |
Keine Reduzierung der Tierzahlen geplant | |
Wie das geschafft werden soll, steht in einem bislang unveröffentlichten | |
Bericht, den das Agrarministerium im November dem Umweltministerium | |
vorgelegt hat. Demnach will Klöckner vor allem mit der 2017 novellierten | |
Düngeverordnung den Überschuss von Stickstoff reduzieren, der zum | |
Klimawandel beiträgt. Auch sollen künftig 70 statt bisher nur 30 Prozent | |
der Gülle in Biogasanlagen fließen. Die Energieeffizienz der | |
Landwirtschaft soll steigen, der Ökolandbau gefördert werden, und die | |
Emissionen aus der Tierhaltung sollen sinken. Alle diese Maßnahmen senken | |
laut Berechnung des Agrarministeriums die Emissionen zusätzlich um etwa 6 | |
bis 9 Millionen Tonnen. Es bleibt eine Lücke von 3 bis 6 Millionen Tonnen, | |
die durch schärfere Maßnahmen geschlossen werden muss. Darum ringen die | |
Ministerien derzeit. | |
Außerdem stehen auf Klöckners Liste CO2-Reduktionen durch mehr Wald, | |
weniger Lebensmittelverschwendung und Maßnahmen für Grünland, Ackerböden | |
und Moore. Aus technischen Gründen können diese Pläne aber nicht dem | |
Landwirtschaftsministerium als Klimaschutz zugerechnet werden, heißt es aus | |
den Ressorts. | |
Eine Sprecherin des Agrarministeriums erklärte, man arbeite an | |
„Folgeabschätzungen“ der zehn Maßnahmen, damit die „Landwirtschaft ihr | |
Sektorziel gemäß dem Klimaschutzplan erreicht“. Das Umweltministerium lobt | |
die Vorschläge im Grundsatz. „Bei diesem Thema zeichnet sich ausnahmsweise | |
mal kein größerer Konflikt mit dem Landwirtschaftsministerium ab“, sagte am | |
Montag Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Allerdings „müssen diese | |
Ziele in den nächsten Monaten mit konkreten Maßnahmen und Instrumenten | |
unterlegt werden“, fordert Frederike Balzer, Agrarexpertin im | |
Umweltbundesamt. „Wir müssen vor allem über den Abbau der Viehbestände und | |
einen geringeren Fleischkonsum nachdenken.“ | |
Das wiederum will Klöckners Haus auf keinen Fall. Selbst wenn etwa der | |
Rinderbestand reduziert würde – die Tierhaltung macht etwa wegen des | |
Methans aus den Kuhmägen 40 Prozent aller Agraremissionen aus –, würde das | |
Vieh woanders gehalten, heißt es im BMEL, dem Klima wäre nicht geholfen. Es | |
sei besser, die Emissionen bei gleicher Viehmenge über veränderte | |
Fütterung, Haltung und Züchtung zu senken. Auch deshalb ist in Klöckners | |
Liste der Punkt „Tierhaltung“ nicht mit einem konkreten Reduktionsziel | |
belegt. | |
Für Gerald Wehde, Pressesprecher des Ökoanbauverbands Bioland, erweist sich | |
beim Tierbestand, ob es Klöckner ernst meint mit dem Klimaschutz. „Nur eine | |
Reduzierung der Tierzahlen bringt wirkliche Einsparung von Treibhausgasen“, | |
sagt Wehde. Die anderen Maßnahmen sieht er kritisch: Den Anteil von Gülle | |
in den Biogasanlagen auf 70 Prozent zu steigern koste sehr viel Geld und | |
bringe einen neuen Schub für Biogasanlagen, die die Massentierhaltung | |
stützen. | |
14 Jan 2019 | |
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[1] /Klima-im-Groko-Koalitionsvertrag/!5479421 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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