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# taz.de -- Nebenwirkungen der Bioökonomie: Ökologisch fragwürdig
> Nicht alles, was unter den Begriff Bioökonomie fällt, ist auch gut für
> die Umwelt. Ökologen fordern eine kritische Debatte.
Bild: Maisfeld: ein Eldorado für Wildschweine, für die meisten Insekten jedoc…
Berlin taz | Mehr nachwachsende Rohstoffe sollen in der Wirtschaft
eingesetzt werden, weil das auch dem Klima nützt. Das ist das große
[1][Versprechen der Bioökonomie], deren Entwicklung von der
Forschungspolitik mit Milliardensummen angeschoben wird. Doch hinter die
neuen, vermeintlich ökologischen Technologien gehört ein dickes
Fragezeichen, meint das [2][„Zivilgesellschaftliche Aktionsforum
Bioökonomie“], zu dem sich ein Dutzend bundesdeutscher Umwelt- und
Entwicklungsverbände zusammengeschlossen haben.
Die Diskussion über die Bioökonomie finde „bislang weitgehend exklusiv in
Fachkreisen von Wirtschaft und Politik statt“, kritisiert Peter Gerhardt
vom [3][Denkhaus Bremen], einem eingetragenen Verein, der mehrere
Umweltprojekte betreibt. Das für zwei Jahre angelegte Aktionsforum wird vom
[4][Umweltbundesamt (UBA)] gefördert. Die Debatte sei aber nötig, so
Gerhardt weiter, weil bisher weithin unbeachtet geblieben sei, „dass eine
mögliche Bioökonomie die Ökonomisierung der Natur weiter vorantreibt, etwa
durch eine kontinuierliche Expansion von industrieller Land- und
Forstwirtschaft zulasten der Umwelt“.
László Maráz, Waldexperte beim „[5][Forum Umwelt und Entwicklung“,]
illustriert die Problematik am Beispiel der Bioraffinerie, die am
ehemaligen Petrochemie-Standort Leuna errichtet wurde. In der „Chemiefabrik
auf Holzbasis“ wird der Rohstoff aus dem Wald mit Wasser und Alkohol unter
hoher Temperatur und Druck gekocht und in seine Hauptbestandteile Zellulose
und Lignin zerlegt. „Beide Stoffe können dann zur Erzeugung anderer
Materialien verwendet werden, für die man bisher fossile Grundstoffe
einsetzt“, erläutert Maráz.
Die 50 Millionen Euro teure Pilotanlage soll die technische Machbarkeit
demonstrieren, aber ob das Verfahren wirtschaftlich sinnvoll ist, steht
dahin. „Denn für die technisch aufwändigen Prozesse benötigen die teuren
Anlagen sehr viel Energie“, merkt Maráz an. „Für den Klimaschutz ist das
nicht gut.“
Die Bioökonomie kennt inzwischen vieler solcher „ökologischer Pferdefüße�…
von unbeabsichtigten Nebenwirkungen. Von den endlosen Mais-Plantagen für
die Bioenergie-Produktion, die mit ihrer Agro-Monotonie zum Insektensterben
beitragen bis hin zu den Tropenwald-Rodungen für Palmöl-Plantagen, damit
hiesige SUV ökologisch korrekten Biosprit tanken können. Auch die sozialen
Auswirkungen der Bioökonomie in den Entwicklungsländern sind aus Sicht des
Aktionsforums noch zu wenig im Blick.
In einem Workshop letzten November in Berlin wurde an einem
Forderungspapier gearbeitet, das jetzt zur „Grünen Woche“ vorgestellt wird.
„Wir wollen in neuen Jahr verstärkt an die politischen Entscheidungsträger
herantreten“, erklärt Gerhardt. So wird der [6][Bioökonomierat], das
wissenschaftliche Begleitgremium im Auftrag der Bundesregierung, demnächst
neu besetzt. Hier will die Zivilgesellschaft künftig auch vertreten sein,
sagt Gerhardt. „Und nicht nur als Feigenblatt.“
12 Jan 2019
## LINKS
[1] /Professor-zu-biologischer-Transformation/!5515906
[2] https://denkhausbremen.de/themen/biooekonomie/
[3] https://denkhausbremen.de/
[4] https://www.umweltbundesamt.de/
[5] https://www.forumue.de/
[6] http://biooekonomierat.de/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Denkhaus Bremen
Nachwachsende Rohstoffe
Leibniz Universität Hannover
Wissenschaft
Schwerpunkt Klimawandel
Insektensterben
Wald
Landwirtschaft
Schwerpunkt Pressefreiheit
Fraunhofer
Nachhaltigkeit
Plastik
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