# taz.de -- Jahresbericht der Wehrbeauftragten: Nicht wirklich eine Zeitenwende | |
> Fehlendes Personal, sexuelle Übergriffe und rechtsextreme Vorfälle – an | |
> den Problemen der Bundeswehr hat sich wenig geändert. | |
Bild: Einige Soldat:innen scheinen gut ausgerüstet: Kommando Spezialkräfte (K… | |
Wie geht es mit der Zeitenwende voran? [1][Die Wehrbeauftragte des | |
Bundestages, Eva Högl] (SPD), legte dazu am Dienstag ihren Jahresbericht | |
vor. Im vergangenen Jahr seien zwar mit großen Beschaffungen erste Weichen | |
der Zeitenwende gestellt worden – echte Verbesserungen bei der Personalnot, | |
mangelndem Material oder maroder Infrastruktur gebe es jedoch nicht. | |
Gleichzeitig stieg die Zahl sexueller Übergriffe gegen Soldatinnen, und | |
auch rechtsextremistische Vorfälle sind weiterhin ein Problem. | |
Auf 171 Seiten stellt Högl für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ein | |
zwiespältiges Zeugnis aus. Den Begriff der Kriegstüchtigkeit, den | |
Verteidigungsminister [2][Boris Pistorius] (SPD) nutzt, vermeidet sie. Das | |
zentrale Problem der Bundeswehr ist laut Bericht die sinkende Zahl an | |
Soldatinnen und Soldaten. Ende des vergangenen Jahres waren es etwa 1.500 | |
weniger als im Vorjahr. Auch die Zahl der Bewerbungen ist rückläufig. Über | |
20.000 Stellen sind unbesetzt. „Die Bundeswehr altert und schrumpft“, | |
moniert Högl. Dabei soll das Heer bis 2031 von aktuell etwa 181.500 auf | |
203.000 Soldatinnen und Soldaten anwachsen. Mit dem bisherigen Herangehen | |
sei das Ziel laut Högl nicht mehr zu erreichen. | |
Eine Gruppe, bei denen die Bundeswehr attraktiver werden will, sind Frauen. | |
Zwar ist die Zahl der Soldatinnen im Jahr 2023 leicht gestiegen, doch mit | |
13,4 Prozent liegt der Anteil unter der anvisierten Quote von 15 Prozent, | |
die in diesem Jahr auf 20 Prozent erhöht wurde. Der Anteil von Frauen in | |
Führungspositionen ist weiterhin verschwindend gering. Ein Konzept, wie die | |
gesetzliche Frauenquote erreicht werden soll, gibt es nicht. | |
Ein Grund für die anhaltende Unattraktivität der Truppe für Frauen ist die | |
seit Jahren steigende Zahl an sexuellen Übergriffen innerhalb der Truppe. | |
Laut Bericht gab es im vergangenen Jahr 385 meldepflichtige Ereignisse, | |
nach 357 Vorfällen im Jahr 2022. Högl geht allerdings von einer hohen | |
Dunkelziffer aus. Frauen fürchteten sich, Übergriffe anzuzeigen, auch aus | |
Angst vor beruflichen Nachteilen, berichtet die Wehrbeauftragte. Das müsse | |
für Vorgesetzte eine größere Rolle spielen, forderte Högl. Dass | |
Führungspositionen in der Bundeswehr weitestgehend männlich besetzt sind, | |
scheint ein Teil des Problems zu sein. Seit 2023 ist zumindest eine neue | |
Dienstvorschrift in Kraft, die härtere Sanktionen und Maßnahmen zur | |
Prävention vorsieht. | |
Auch Rechtsextremismus bleibt weiterhin ein Problem innerhalb der | |
Bundeswehr. 2023 gab es mit 204 sogenannten meldepflichtigen Ereignissen | |
einen Fall mehr als im Vorjahr. Als meldepflichtiges Ereignis listet der | |
Bericht beispielsweise den Fall eines Soldaten auf, der in der Kaserne den | |
Hitlergruß zeigte und sinngemäß sagte, der Holocaust sei nur erfunden. Der | |
fragliche Soldat wurde aus der Bundeswehr entlassen. | |
Seit dem vergangenen Jahr können solche verfassungsfeindlichen Soldatinnen | |
und Soldaten schneller entlassen werden. Doch noch immer dauerten solche | |
Verfahren zu lange, kritisierte Högl. | |
Zu der Frage, welche Konsequenzen die mögliche Einstufung der gesamten AfD | |
als gesichert rechtsextrem auf die Anzahl der als rechtsextrem geltenden | |
Soldatinnen und Soldaten haben könnte, wollte sich die Wehrbeauftragte am | |
Dienstag nicht äußern. | |
12 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Moritz Huhn | |
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