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# taz.de -- Wehrbeauftragte sieht Personalprobleme: Högl gegen Wiedereinführu…
> Die Wehrbeauftragte Eva Högl befürwortet das Wehrdienst-Modell von
> Verteidigungsminister Pistorius. Sie fordert noch mehr Geld für die
> Bundeswehr.
Bild: Eva Högl, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, stellt den Jahresber…
Berlin epd/dpa/afp | Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD),
hält eine Wiedereinführung der alten Wehrpflicht für nicht umsetzbar. „Das
würde die Bundeswehr überfordern“, sagte Högl [1][bei der Vorstellung ihres
Jahresberichts am Dienstag in Berlin]. Es gebe aktuell nicht genügend
Stuben sowie Ausbilderinnen und Ausbilder. Es sei daher „keine gute Idee“,
die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht für junge Männer wieder einzuführen. Högl
wiederholte ihren Vorschlag, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für
Frauen und Männer einzuführen, das bei den Streitkräften, aber auch in
anderen gesellschaftlichen Bereichen absolviert werden könnte.
## Unterstützung für Pistorius
Gleichzeitig lobte sie den vor der Bundestagswahl nicht mehr beschlossenen
Vorschlag von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für ein
Wehrdienstmodell, das junge Männer dazu verpflichten soll, über ihre
Bereitschaft für einen Dienst in der Bundeswehr Auskunft zu geben. Man
müsse erst einmal bei der Erfassung weiterkommen, sagte Högl. Es sei dann
richtig, in einer Größenordnung von 5.000 neuen Rekrutinnen und Rekruten
pro Jahr zu beginnen. Damit wäre gewährleistet, dass sie eine gute
Ausbildung bekommen, sagte sie.
Wie aus Högls Bericht hervorgeht, ist der Personalbestand der Bundeswehr,
[2][der eigentlich wachsen soll], im vergangenen Jahr erneut geschrumpft.
Ende 2024 gab es dem Bericht zufolge 181.174 aktive Soldatinnen und
Soldaten, gut 300 weniger als im Jahr zuvor. Zudem altert die Truppe
weiter. Das Durchschnittsalter stieg Högl zufolge auf 34 Jahre. „Leider
weiterhin verschlechtert hat sich die sehr hohe Anzahl unbesetzter
Dienstposten“, schreibt die SPD-Politikerin in ihrem in Berlin vorgelegten
Jahresbericht für 2024.
## Unbesetzte Dienstposten
Im Jahr 2020 – dem Beginn ihrer Amtszeit – seien rund 18 Prozent der
militärischen Personalstellen in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften
unbesetzt gewesen. Ende 2024 seien es sogar knapp 20 Prozent gewesen. Bei
den Mannschaften waren im vergangenen Jahr sogar rund 28 Prozent aller
Dienstposten unbesetzt gewesen. Ursachen seien neben dem allgemeinen
Personalmangel auch Vakanzen – wie durch Ausbildung, Elternzeit, Krankheit
oder Freistellung. Die Streitkräfte liefen aber Gefahr, dass die personelle
Einsatzbereitschaft erheblich leide, wenn fast jede fünfte Kraft bei
Unteroffizieren und Offizieren und mehr als jede vierte Kraft bei den
Mannschaften fehle.
„Genügend und vollständig einsatzbereites Personal ist der Schlüssel zur
Verteidigungsfähigkeit. Dem ursprünglich bis zum Jahr 2025 gesteckten,
jedoch später zeitlich angepassten Ziel, eine Personalstärke von 203.000
Soldatinnen und Soldaten bis zum Jahr 2031 zu erreichen, ist die Bundeswehr
im Berichtsjahr erneut nicht nähergekommen“, stellt Högl fest. Die Zahl der
Männer und Frauen in der Bundeswehr sei auf 181.174 sogar leicht gesunken.
Högl warnt: „Gleichzeitig wird die Bundeswehr immer älter. Während das
Durchschnittsalter Ende 2019 noch 32,4 Jahre betrug, ist es bis Ende 2024
auf 34 Jahre gestiegen.“
## Wehrbeauftragte mahnt bessere Ausstattung an
„Die personelle, materielle und infrastrukturelle Ausstattung der
Bundeswehr muss schnell besser werden“, schreibt Högl in ihrem am Dienstag
veröffentlichten Jahresbericht 2024. „Ungeduld ist geboten und Erwartungen
sind gerechtfertigt.“ Die Bundeswehr müsse „vollständig einsatzbereit
sein“, schreibt Högl vor dem Hintergrund der neuen sicherheitspolitischen
Herausforderungen Deutschlands. Högl sieht aber, dass es „überall (…)
endlich Bewegung“ gebe.
Die Bundeswehr erhalte mehr Geld und Waffen, auch gebe es [3][Initiativen
zur Personalgewinnung] und Strukturreformen zur Fokussierung auf den
Kernauftrag. „Diese Anstrengungen waren enorm, die Ergebnisse jedoch (noch)
nicht überall sichtbar, spürbar oder messbar“, schreibt Högl. Sie verglich
die Bundeswehr mit einem Tankschiff, das lange Zeit zum Kurswechsel
braucht. „Zeit, die wir nicht haben“, mahnte Högl.
Ihr Bericht bescheinigt der Bundeswehr in den zurückliegenden fünf Jahren
„die wechselvollsten Jahre ihrer fast 70-jährigen Geschichte“. In diesen
fünf Jahren habe sich der Kernauftrag der Bundeswehr vor dem Hintergrund
des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hin zur Landes- und
Bündnisverteidigung verändert. Die Bundeswehr sei „bereit, durch Stärke
potenzielle Aggressoren abzuschrecken“. Nun werde „mit Hochdruck“ daran
gearbeitet, „die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen zu
bewältigen, die nicht selten auch auf Versäumnissen in der Vergangenheit
beruhen“.
## Hoher Investitionsbedarf
Damit die deutschen Streitkräfte ihre „vielfältigen neuen Aufgaben“
erfüllen können, mahnt Högl eine „auskömmliche finanzielle Grundlage“ d…
Bundeswehr an. Im vergangenen Jahr seien nur 50,3 Milliarden Euro aus dem
insgesamt 52 Milliarden Euro umfassenden regulären Verteidigungshaushalt
genutzt worden. „Das Ministerium sollte in Zukunft sicherstellen, dass zur
Verfügung stehende Gelder auch ausgegeben werden“, schreibt Högl. Zudem
seien rund 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen bereitgestellt
worden.
Das Verteidigungsministerium von Högls Parteigenosse Boris Pistorius könnte
künftig noch deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Union und
SPD hatten in den Sondierungen über eine mögliche neue Bundesregierung
zuletzt die Aussetzung der Schuldenbremse für Wehrausgaben über 1 Prozent
der Wirtschaftsleistung beschlossen. Unklar ist noch, ob die dafür nötige
Grundgesetzänderung im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit bekommt.
Das Geld würde [4][laut Högl dringend benötigt]. Allein im Bereich der
Infrastruktur habe der Gesamtinvestitionsbedarf Ende 2024 bei rund 67
Milliarden Euro gelegen. Kasernen und Liegenschaften seien „immer noch
teilweise in einem desaströsen Zustand“. Es mangele aber auch an
funktionstüchtigem Großgerät und Ersatzteilen, „was zum Teil auch aus der
so wichtigen Abgabe von Material an die Ukraine resultiert“, schreibt Högl.
## Rechtsextreme Vorfälle
Högl berichtet in ihrer Jahresbilanz auch von rechtsextremistischen
Vorfällen bei der Truppe, die aber nur „eine kleine Minderheit“ der
Soldatinnen und Soldaten betreffe. So habe es „diverse“ Vorfälle gegeben,
bei denen Soldatinnen und Soldaten das umgedichtete Lied „L'amour toujours“
mit der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben …
nachdem im Sommer ein ähnliches Video von Urlaubern auf Sylt bekannt
geworden war. Die Bundeswehr sei dagegen mit Disziplinarmaßnahmen wie
Geldbußen bis zu Entlassungen vorgegangen. Zudem werden einzelne Vorfälle
von Bundeswehrangehörigen aufgeführt, die den Hitlergruß zeigten.
11 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.bundestag.de/resource/blob/1056744/d6b1b9216af9ef4cc4d2d39494ac…
[2] /Personalwerbung-fuer-die-Bundeswehr/!5938670
[3] /Wehrbeauftragte-will-Musterung-zurueck/!5938205
[4] /Die-Wahrheit/!5937606
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