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# taz.de -- Italiens neue Regierung: Hier bisschen rechts, da bisschen links
> Die neue Regierung aus Fünf Sternen und Lega startet kunterbunt. Ob sie
> es allen recht macht oder alle ärgert, ist noch nicht ausgemacht.
Bild: Am Samstag wurde in Italien der Tag der Republik als Staatsfeiertag mit e…
Rom taz | Siegesfeiern, erste kleine Kräche zwischen den
Koalitionspartnern, dazu beruhigende Töne Richtung Europa: Italiens neue
Regierung hat am Wochenende die Arbeit aufgenommen. [1][Das Kabinett war am
Freitag], pünktlich zum Tag der Republik am Samstag als Staatsfeiertag mit
einer großen Parade, von Staatspräsident Sergio Mattarella vereidigt
worden.
Für [2][den neuen Regierungschef Giuseppe Conte], der sich mit seiner
gesamten Ministerriege zur Parade auf der Ehrentribüne eingefunden hatte,
ergab sich so eine erste Gelegenheit zum Bad in der Menge. „Jagt sie alle
weg!“, riefen ihm Anhänger zu – und meinten die Politiker der „alten“
Parteien. Conte reagierte mit Tönen, die auf Entspannung zielten, und
erklärte, der Tag der Republik sei „das Fest aller Italiener“. Doch er
steht jetzt vor der Aufgabe, nicht bloß das Volk, sondern auch sein
Kabinett zusammenzuhalten.
In der Regierungsriege sind vorneweg Luigi Di Maio, Chef der Fünf Sterne,
und Matteo Salvini, Vorsitzender der Lega, als Vizepremiers vertreten. Di
Maio übernahm die zu einem Superministerium zusammengelegten Ressorts
Arbeit und Wirtschaft, während Salvini Innenminister wurde. Zentral für die
Wahrnehmung der italienischen Regierung im Ausland dürften zudem das
Finanz- und das Außenministerium werden. An der von der Lega und dem
Movimento 5 Stelle verlangten Berufung des Ökonomen Paolo Savona zum
Finanzminister war vor einer Woche die [3][Regierungsbildung zunächst
gescheitert], da Staatspräsident Sergio Mattarella sein Veto eingelegt
hatte. Am Freitag dann, nachdem er seine Versuche zur Bildung einer völlig
anderen Regierung wieder aufgegeben hatte, überreichte Mattarella dem
Ökonomieprofessor Giovanni Tria die Ernennungsurkunde als Finanzminister.
Tria ließ seinerseits umgehend verlauten, in Italien wünsche „keine
politische Kraft den [4][Austritt aus dem Euro]“.
Als beruhigendes Signal nach außen darf wohl auch die Berufung Enzo Moavero
Milanesis als Außenminister gelten. Der parteilose Technokrat, früher
EU-Beamter, dann 2011 bis 2014 Europaminister in den Kabinetten Monti und
Letta, gilt als glühender Europäer. Allerdings wird der Euro-kritische
Savona nun als neuer Europaminister neben ihm am Kabinettstisch sitzen;
Konfliktstoff über Italiens Kurs in der EU scheint damit vorprogrammiert.
## Die Regierung selbst ist erst mal zufrieden
Während am Samstag einige tausend Fünf-Sterne-Anhänger auf einer Kundgebung
in Rom ihre neue Regierung feierten, während Luigi Di Maio dort erklärte,
„der Staat sind jetzt wir“, legten die Minister der Lega gleich mit
Stellungnahmen los, die darauf zielten, ihre stramm rechte Wählerschaft zu
erfreuen. Innenminister Salvini gab den Scharfmacher gegen Migranten und
Roma. Er will die Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen drastisch
zusammenstreichen und die Arbeit der im Mittelmeer tätigen NGOs, die er als
„Vizeschmuggler“ schmähte, blockieren. Zudem kündigte er an, Roma-Lager im
Land zu schließen.
Auch der neue Familienminister Lorenzo Fontana positionierte sich umgehend
am rechten Rand. Er ließ verlauten, dass „vor dem Gesetz keine
Regenbogenfamilien existieren“, auch wenn Italien im Jahr 2016 eingetragene
Lebenspartnerschaften eingeführt hat. Aus den Reihen der Fünf Sterne
erhielt Fontana umgehend die Antwort, an diesem Gesetz sei mit ihnen nicht
zu rütteln, und auch Fontanas Parteichef Salvini ging mit dem Hinweis auf
Distanz, die Frage sei nicht Gegenstand des Koalitionsvertrags und auch
„nicht unter den Prioritäten“.
Mit eher „linken“ Ankündigungen fiel Fünf-Sterne-Chef Di Maio auf. Er
versprach, er wolle prekäre Arbeitsverhältnisse zurückdrängen. Doch dieser
Punkt ist im Koalitionsvertrag bloß als allgemeine Absichtserklärung
enthalten und dürfte auf Widerstände der unternehmerfreundlichen Lega
stoßen. Reibungsloser dürfte dagegen die ebenfalls von Di Maio in Aussicht
gestellte Revision der Rentenreform von 2011 werden, die vielen
Arbeitnehmern einen früheren Renteneintritt ermöglichen soll.
3 Jun 2018
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## AUTOREN
Michael Braun
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