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# taz.de -- Institutsleiterin über Azubis: „Es geht niemand verloren“
> Wegen Corona haben mehr Schulabgänger noch keinen Ausbildungsplatz.
> Hamburgs Institut für Berufsbildung helfe weiter, sagt Leiterin Sandra
> Garbade.
Bild: Die Restaurants sind zu. Schwierige Zeiten für ein Praktikum in der Gast…
taz: Frau Garbade, wie läuft gerade der Betrieb an Hamburgs Institut für
berufliche Bildung?
Sandra Garbade: Die berufsbildenden Schulen orientieren sich an den
Vorgaben, die auch für die allgemeinbildenden Schulen gelten. Natürlich ist
das Schuljahr 2020/21 ein besonderes. Aber aktuell haben wir Präsenzbetrieb
unter Berücksichtigung der Hygienevorschriften wie Stoßlüften und feste
Lerngruppen. Wir bemühen uns, die jungen Leute so zu erreichen, dass sie
jetzt die richtige Begleitung durch das schulische Angebot bekommen.
Ihre Schüler müssen Masken tragen. Gab es Gemurre?
Nein. Es ist nicht angenehm, den ganzen Tag mit Maske zu lernen, aber diese
Vorsichtsmaßnahme nehmen wir gerne an.
Mussten Klassen schließen?
Das Coronavirus macht hier nicht halt. Es gibt auch Quarantänefälle. Aber
es gibt eine eingespielte Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern. Sie
sind im direkten Austausch mit den Schulen und entscheiden, welche Klassen
oder Personen getestet werden oder in Quarantäne gehen.
Wie gelingt in der Pandemie Ausbildung im Betrieb?
Bei den Auszubildenden gibt es erfreulicherweise keine zunehmenden
Vertragslösungen. Die Firmen erkennen, dass die jungen Leute ihre
Fachkräfte der Zukunft sind. Sie haben nicht als erstes das schwächste
Glied entlassen, sondern halten an den Auszubildenden fest. Das ist eine
Veränderung zu anderen Krisen wie etwa der Bankenkrise 2007. Wir konnten
auch trotz Corona alle Berufsprüfungen durchführen.
Wie klappt denn Ausbildung in der Gastronomie?
Wir beobachten, dass Gastronomiebetriebe auch in diesem Teil-Lockdown ihre
Belegschaft in Kurzarbeit schicken. Einige Unternehmen stellen auf
Lieferbetrieb um, dann ist weiterhin Beschäftigung möglich. Aber das Ausmaß
kennen wir noch nicht. Da komme ich auf den zweiten Punkt: Neuabschlüsse
von Ausbildungsverträgen ab dem Sommer. Da gibt es Branchen, die halten
sich zurück.
Gibt es mehr unversorgte Schulabgänger ohne Lehre?
Insgesamt melden die Kammern rund 15 Prozent weniger neu abgeschlossene
Ausbildungsverhältnisse. Wie sehr davon die Schulabgänger direkt betroffen
sind, werten wir derzeit aus.
Ihr Institut beschult doch jene Schüler, die noch keine Ausbildung
anfangen, in „AV dual“. Sind dort mehr Schüler?
Ja. Wir haben normalerweise so um die 1.800 Schüler in der
Ausbildungsvorbereitung AV dual. Hier haben wir 700 Plätze aufgestockt. Es
gibt noch keine endgültigen Zahlen, aber es ist schon jetzt erkennbar: wir
erreichen in diesem Jahr mehr Schüler mit AV dual. Und wir führen die
jungen Leute möglichst schnell durch Praktika an Betriebe heran. Die
Schülerinnen und Schüler sind ja nicht nur in der Schule, sondern machen
Praktika. Und wir begleiten sie mit Mentoren dabei, im Betrieb und in der
Arbeitswelt anzukommen.
Haben Sie genug Praktika für die zusätzlichen Schüler?
Nicht im vollen Umfang. Wir führen sonst im Jahr etwa 10.000 Praktika
durch. Auch da sind die Betriebe im Moment zurückhaltender. Dennoch gelingt
es uns, dass jeder Schüler ungefähr drei Praktika macht. Das geht, weil es
vertraute Mechanismen sind. Die Betriebe begreifen es als Chance, über die
Praktika Auszubildende zu finden.
Wieso gibt es weniger Praktika?
Einige Betriebe konnten oder können pandemiebedingt nicht arbeiten.
Wie gleichen Sie das aus?
Wir versuchen, auf andere Branchen zu orientieren oder ersatzweise für das
gewünschte Praktikum im Unterricht nah am Beruf zu arbeiten. Will ein
junger Mensch zum Beispiel Koch werden, können wir einzelne Aspekte auch
schulisch darstellen. Etwa die Planung für einen Gastronomiebetrieb, zum
Beispiel der Einkauf für die Küche.
Sie machen mehr Unterricht?
Ja. Und jetzt komme ich auf das Thema Präsenz in Coronazeiten. Es ist
wichtig, nah an den jungen Menschen dran zu bleiben. Sie sind in einer
besonderen Situation und haben jetzt die allgemeinbildende Schule
verlassen, da ist es wichtig, einen Ankerpunkt anzubieten. Wir versuchen
zum Beispiel in der Ausbildungsvorbereitung, mit ihnen die Nutzung
digitaler Medien einzuüben. Das brauchen sie etwa für Bewerbungen.
Präsenzunterricht ist ein wichtiges Gut, um genau diese Begleitstruktur
aufzubauen.
Heiß diskutiert ist ja: [1][Lerngruppen halbieren].
Dann würde ich einen Teil der jungen Leute nicht in einer eingeübten Form
in Präsenz erreichen. Aber viele dieser jungen Leute brauchen eine
Anbindung. Lässt man sie alleine zu Hause, in einem häuslichen Umfeld, das
manchmal nicht optimal ist, um sich aufs Lernen zu konzentrieren, ist das
für die jungen Leute nicht nur positiv. Wir müssen ihnen in dieser
Unsicherheitssituation einen Pfeiler geben, auf den sie sich verlassen
können. Das war im März im Lockdown mit vollständigen Schulschließungen
nicht möglich.
Hamburg versprach mal: Jeder junge Mensch bekommt eine Ausbildung. Muss der
Staat Ausbildungsplätze stellen?
Das Versprechen gibt es und wir realisieren das auch. Wir haben neben AV
dual ein weiteres Element, die Berufsqualifizierung BQ. Das ist für junge
Menschen geeignet, die ihre Berufswahl schon getroffen, aber keinen
Ausbildungsplatz gefunden haben. Sie können an unseren Schulen ein Jahr
lang schon nach Ausbildungsplan den Beruf erlernen. Aus dieser BQ heraus
gehen wir mit den jungen Leuten in eine Bewerbungssituation, damit sie
einen passenden Betrieb finden, der diesen Beruf anbietet. Bisher hatten
wir BQ für 50 Berufe angeboten, jetzt haben wird das auf jeden gewünschten
Ausbildungsberuf erweitert. Wir haben die Platzzahl von 350 auf 600 erhöht.
Wir bauen jungen Leuten, die wissen, was sie wollen, diese Brücke.
Also bleiben keine Schulabgänger wegen Corona unversorgt?
Erst mal sind wir in Kontakt, das ist wichtig. Man kann die Jugendlichen ja
nicht hinsetzen und sagen: Mach eine Ausbildung. Aber wir sind an ihnen
dran. Es geht tatsächlich niemand verloren.
17 Nov 2020
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## AUTOREN
Kaija Kutter
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