# taz.de -- Höcke empört über Verfassungsschutz: „Flügel“ im Visier | |
> Der Verfassungsschutz könnte den AfD-„Flügel“ in Kürze als klar | |
> rechtsextrem einstufen. Dessen Anführer Björn Höcke reagiert empört. | |
Bild: Seine Aussagen spicken das Verfassungsschutzgutachten: Björn Höcke | |
BERLIN | taz | Während Björn Höcke am Mittwoch im Thüringer Landtag die | |
große Bühne suchte, herrschte andernorts in der AfD Nervosität. Denn zuvor | |
machte die Meldung die Runde, dass Höckes „Flügel“, das rechtsextreme | |
Sammelbecken der AfD, in Kürze vom Verfassungsschutz als volles | |
Beobachtungsobjekt eingestuft wird. Ein Schritt, den die Partei lange zu | |
verhindern suchte. | |
Höcke reagierte am Mittwoch prompt. In einer Mitteilung warf er dem | |
Verfassungsschutz „Unterstellung und Diffamierung“ vor. Die Behörde agiere | |
nicht neutral, sondern „schlicht unwürdig“. Zitate von ihm oder anderen | |
Parteivertretern würden aus dem Zusammenhang gerissen und | |
„schlechtestmöglich interpretiert“. Er werde seine Überzeugungen „nicht | |
dieser fragwürdigen, demokratiefeindlichen VS-Methodik anpassen“. | |
[1][Bereits seit Januar 2019 führt der Verfassungsschutz den „Flügel“ als | |
Verdachtsfall], ebenso wie die AfD-Parteijugend: Bei beiden Gruppen gebe es | |
„stark verdichtete Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung“. Die | |
AfD im Gesamten ist, eine Stufe darunter, ein „Prüffall“. | |
Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang kündigte jüngst an, dass er in | |
Kürze über die finale Einstufung des „Flügels“ entscheiden wird. | |
## Auf einer Stufe mit der NPD | |
Laut ARD und SüddeutscherZeitung lautet nun das Resultat: [2][die | |
Einstufung als volles Beobachtungsobjekt und damit als klar rechtsextrem]. | |
Der „Flügel“ wäre damit auf einer Stufe mit der NPD – und der | |
Verfassungsschutz könnte sein ganzes Überwachungsarsenal gegen die Gruppe | |
einsetzen. | |
Der Geheimdienst wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Haldenwang | |
hatte eine solche Entscheidung zuletzt aber bereits angedeutet. Seit Herbst | |
attestierte er dem „Flügel“, „immer extremistischer“ zu werden. Die AfD | |
wollte ihm diese Aussage gerichtlich untersagen, unterlag aber vor dem | |
Verwaltungsgericht Köln. [3][Im Januar legte die Partei eine Klage gegen | |
die Beobachtung an sich nach]: Dafür gebe es „keine tatsächlichen | |
Anhaltspunkte“, so die Begründung. Eine Entscheidung steht aus. | |
Intern aber zählt der Verfassungsschutz „Flügel“-Anhänger bereits als | |
Rechtsextremisten – 7.000 sollen es bundesweit sein. [4][Schon in dem | |
436-seitigen Verfassungsschutzgutachten vom Januar 2019 wird die AfD schwer | |
belastet] – allen voran der „Flügel“. Dieser setze politisch auf | |
Ausgrenzung, mache Migranten, Muslime und politisch Andersdenkende | |
verächtlich und relativiere den historischen Nationalsozialismus. Ziel des | |
„Flügels“ sei ein ethnisch homogenes Volk, die Staatsbürgerschaft | |
muslimischer Deutschen werde infrage gestellt. Immer wieder wird dies mit | |
Zitaten von Höcke unterlegt. | |
## Partei in Sorge um Beamte in ihren Reihen | |
Die AfD hatte in den vergangenen Monaten versucht, das Gutachten zu | |
entkräften. Sie forderte die in dem Schriftsatz zitierten ParteikollegInnen | |
zu Stellungnahmen auf, erstellte Gegengutachten. Der AfD bereiten neben dem | |
Schmuddel-Image vor allem die Beamten in der Partei Sorgen, die zur | |
besonderen Verfassungstreue verpflichtet sind und bei einer | |
Verfassungsschutzbeobachtung Probleme bekommen könnten. | |
Höcke erklärte am Mittwoch immerhin, er würde „einige Formulierungen heute | |
so nicht mehr gebrauchen“. Aber: „Ein Abrücken von politischen Positionen, | |
die ich für vernünftig und sinnvoll halte, wird es von meiner Seite nicht | |
geben.“ | |
Erst am Dienstagabend war Höcke bei einer rechten Kundgebung in Erfurt | |
zusammen mit Pegida-Anführer Lutz Bachmann aufgetreten. Mitte Februar | |
sprach der AfD-Mann auch bei Pegida in Dresden als Redner und hatte dort zu | |
einer Art Umsturz aufgerufen. „Die Herrschaft der verbrauchten Parteien und | |
Eliten muss abgelöst werden.“ Und: „Wir werden diesen Kampf gemeinsam | |
führen und gemeinsam gewinnen.“ | |
Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft hier Ermittlungen wegen | |
Volksverhetzung. Und auch der Verfassungsschutz dürfte die Rede aufmerksam | |
notiert haben. | |
4 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Pruefung-durch-den-Verfassungsschutz/!5564111 | |
[2] /AfD-im-Visier-des-Verfassungsschutzes/!5669447 | |
[3] /Radikale-Rechte-gegen-Verfassungsschutz/!5652401 | |
[4] /AfD-Gutachten-des-Verfassungsschutzes/!5567533 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Der Flügel | |
Verfassungsschutz | |
Björn Höcke | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Andreas Kalbitz | |
Sicherheitsbehörden | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Der rechtsextreme Flügel der AfD: Gefährlicher als die NPD | |
Der Verfassungsschutz stuft die AfD-Strömung „Der Flügel“ als rechtsextrem | |
ein. Ihr Einfluss aber ist parteiintern so groß, dass dies nicht ausreicht. | |
AfD auf dem Kieker: Schwesig will beobachten lassen | |
Die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern fordert, das der | |
Verfassungsschutz die AfD beobachtet. | |
AfD im Visier des Verfassungsschutzes: „Flügel“ kurz vor Beobachtung | |
Der als völkisch-nationalistisch eingestufte Teil der AfD wird seit einem | |
Jahr bereits als Verdachtsfall geführt. Jetzt könnte es ernst werden. | |
Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden: Zu viele Einzelfälle | |
Bundesweit häufen sich rechtsextreme Vorkommnisse bei der Polizei. Laut | |
einer taz-Recherche gehen die Länder von mehr als 90 Fällen aus. | |
Radikale Rechte gegen Verfassungsschutz: AfD klagt gegen Beobachtung | |
Die Junge Alternative und „der Flügel“ sollen nicht mehr beobachtet werden | |
dürfen. So will es die AfD, also geht sie vor Gericht. |