# taz.de -- Hochwasserschutz in Hamburg: Sturmfluten als Gefahrenquelle | |
> Nicht nur das Überlaufen der Elbe kann in Hamburg Fluten auslösen, | |
> sondern auch Binnenhochwasser und Starkregen. Darauf bereitet sich die | |
> Stadt vor. | |
Bild: Kommt heute schon vor: Hochwasser am Hamburger Fischmarkt | |
HAMBURG taz | Wolkenbrüche und Dauerregen – Hamburg stellt sich darauf ein, | |
in Zukunft mit intensiveren Niederschlägen und steigendem Hochwasser fertig | |
werden zu müssen. Dabei haben die Behörden und Institutionen mit ganz | |
unterschiedlichen Baustellen zu tun – und dafür zum Teil überraschende | |
Lösungen gefunden. | |
Die größte Bedrohung, der die Stadt ausgesetzt ist, sind nicht Sturzfluten, | |
wie sie im Westen Deutschlands halbe Dörfer weggerissen haben, sondern | |
Sturmfluten, bei denen der Wind und die See das Wasser in die Elbe drücken. | |
Der Senat hat die Deiche so weit erhöht, dass sie eine Sturmflut, die Stand | |
heute nur alle 200 Jahre vorkommen dürfte, abfangen können. Steigt das | |
Wasser jedoch höher als 7,62 Meter am Pegel St. Pauli, säuft halb Süderelbe | |
ab – vom Alten Land über Wilhelmsburg bis einschließlich der Vier- und | |
Marschlande. | |
Eine weitere Bedrohung geht von Binnenhochwässern aus, die die vielen | |
Flüsse und Flüsschen im Stadtgebiet anschwellen lassen können. Hierfür hat | |
der Senat auf eine Vorgabe der EU hin [1][Überschwemmungsgebiete] | |
ausgewiesen – Areale, die statistisch alle 100 Jahre einmal überflutet | |
werden. Um Schäden zu vermeiden und den Abfluss nicht zu behindern, darf | |
hier [2][nicht neu gebaut werden.] Zudem darf hier nichts gelagert oder | |
produziert werden, was das Wasser verunreinigen könnte. | |
Starker anhaltender Regen lässt aber nicht nur Flüsse über die Ufer treten, | |
sondern in erster Linie die Siele – also Abwasserleitungen. | |
„Starkregenereignisse“ stellen laut der [3][Risikobewertung des Senats] | |
anders als Hochwasser ein generelles Risiko dar. Sie könnten „grundsätzlich | |
überall auftreten, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens für einen | |
spezifischen Ort kann jedoch nicht hinreichend statistisch abgesichert | |
angegeben werden“. | |
## Überlaufende Siele | |
Um damit klar zu kommen, hat der städtische Ver- und Entsorger Hamburg | |
Wasser (HW) zusammen mit Wissenschaftlern einen [4][Starkregenindex] | |
entwickelt. Er zeigt in einem 500-Meter-Raster in Echtzeit an, wie viel | |
Niederschlag an einem Tag gefallen ist. Dabei ergibt ein Blick in die | |
archivierten Daten, dass schon das regionale Wetter stark ausdifferenziert | |
ist. | |
Der Index ist in zwölf Stufen eingeteilt, die wiederum bestimmten | |
Eintrittswahrscheinlichkeiten entsprechen. Stufe eins und zwei kommen | |
rechnerisch mindestens alle fünf Jahre vor. Auf sie ist die Kanalisation | |
ausgelegt. Ole Braukmann, Sprecher von [5][Hamburg Wasser], drückt es | |
anders aus: „Wenn eine bestimmte Heftigkeit überschritten wird, sind wir | |
aus der Haftung entlassen.“ Grundstückseigentümer können auf einer | |
[6][Starkregengefahrenkarte] nachsehen, ob sie handeln müssen. | |
Weil der Klimawandel starke Regengüsse wahrscheinlicher werden lasse, müsse | |
dieser Maßstab nach oben angepasst werden, sagt Wolfram Hammer vom | |
Umweltverband BUND. Die EU sieht das genauso, weshalb die Umweltbehörde das | |
Risiko als Kombination von Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichem | |
Schaden alle sechs Jahre neu bewertet. Die Daten des Starkregenindex | |
zeigen, dass die Ereignisse der Stufen 0,5 und eins in den Jahren 2000 bis | |
2010 leicht zugenommen haben. Die Daten für das vergangene Jahrzehnt werden | |
gerade ausgewertet. | |
Zum Klimawandel komme als verschärfender Faktor das Wachstum der Stadt mit | |
der damit einher gehenden Bodenversiegelung, sagt HW-Sprecher Braukmann. Um | |
die Siele weniger zu belasten, wird deshalb versucht, das Wasser vorher | |
abzuleiten. | |
Im Heinz-Klink-Stadion in Billstedt hat HW zusammen mit verschiedenen | |
Behörden die Sanierung des Stadions genutzt, um Speicherkästen unter die | |
Tartanbahn zu setzen, die überschüssiges Wasser auffangen und versickern | |
lassen. | |
Und im Bauprojekt Jenfelder Au wird das Regenwasser nicht in die Siele | |
geleitet, sondern in Gräben und in einen zentralen See. „Wir haben ja nicht | |
nur die Starkregenereignisse, sondern auch Trockenphasen“, sagt Braukmann. | |
Die Projekte gehören zu einem bis 2030 laufenden Programm des Senats, das | |
volllaufende Keller und Garagen verhindern soll. | |
20 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburger-Behoerde-rechnet-noch-mal-nach/!5258469 | |
[2] /Protest-gegen-Ueberschwemmungsgebiete/!5023729 | |
[3] https://www.hamburg.de/hochwasserrisikomanagementplan/ | |
[4] https://sri.hamburgwasser.de/ | |
[5] https://www.hamburgwasser.de | |
[6] https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/15140414/2021-06-03-bukea-starkrege… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Sturmflut | |
Hamburg | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Überschwemmung | |
GNS | |
Flutkatastrophe in Deutschland | |
Hochwasser | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Hamburg | |
Hochwasserschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie über den Meeresspiegel-Anstieg: Land unter im Norden | |
Laut einer neuen Studie über den Anstieg des Meeresspiegels wird | |
Norddeutschland bald überflutet. Helfen können allerdings Deiche. | |
CO2-Emissionen von Wildtieren: Schweine als Klimasäue | |
Wildschweine verursachen weltweit jährlich so viele CO2-Emissionen wie rund | |
1,1 Millionen Autos, behauptet ein internationales Forscher:innenteam. | |
Hamburger Behörde rechnet noch mal nach: Land unter | |
Die Umweltbehörde Behörde rechnet das Überschwemmungsgebiet Berner Au | |
kleiner. Anwohner wollen nicht fürs Versiegeln aufkommen | |
Protest gegen Überschwemmungsgebiete: Bürgerbegehren geflutet | |
Der Bezirk Wandsbek verhindert eine Einwohnerabstimmung über die Ausweisung | |
von Privatgrundstücken als Überschwemmungsgebiete | |
STADTWERDER: Umstrittenes Aushängeschild | |
Anwohner wehren sich gegen den Bau dreier Wohnhäuser - mitten im | |
Überschwemmungsgebiet. Im Bauressort findet das Argument kaum Gehör |