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# taz.de -- STADTWERDER: Umstrittenes Aushängeschild
> Anwohner wehren sich gegen den Bau dreier Wohnhäuser - mitten im
> Überschwemmungsgebiet. Im Bauressort findet das Argument kaum Gehör
Bild: Ideales Wohngebiet für junge Urbane.
Gegen die Pläne zur Bebauung des vorderen Stadtwerder gehen Anwohner vor.
Mit einer Kampagne wollen sie verhindern, dass am Weserufer zwischen der
Wilhelm-Kaisen-Brücke und der Seenotretter-Zentrale ein neues Baugebiet
entsteht.
Eben das streben die Stadtplaner von Bausenator Reinhard Loske (Grüne) an.
Wo jetzt noch ein Grünstreifen das Ufer am Eingang zur Werderinsel säumt,
sollen drei Wohnhäuser mit vier Stockwerken entstehen. Die Baudeputation
hat die Aufstellung eines Bebauungsplanes bereits beschlossen - im
beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung. Träger öffentlicher Belange
wie Umweltverbände oder Beiräte sind daran verkürzt beteiligt. Sie geben
nur eine Stellungnahme ab und werden nicht angehört, erklärt Michael
Ortmanns, Bauressortsprecher. Der Beirat Neustadt hatte das Vorhaben
bereits im Juni einstimmig abgelehnt. Trotzdem soll bis Jahresende ein
Bebauungsplan vorliegen, so Ortmanns.
800 Unterschriften hat eine Anwohnerinitiative bislang gesammelt. "In drei
Wochen, ohne dass wir groß werben mussten", sagt Susanne Grote, die direkt
gegenüber des potenziellen Baugebiets wohnt. Ihre Befürchtungen: Weniger
Lebensqualität durch steigende Lärm- und Abgasbelastung infolge von mehr
Autoverkehr auf dem Stadtwerder. Und damit ein Wertverlust der Häuser auf
der Werderstraße. Die vierstöckigen Bauten würden das Ende des bislang
unverstellten Weserblicks bedeuten.
"Wir verstehen nicht, warum alles so schnell gehen muss", sagt Grote. Denn
das Areal liegt im Überschwemmungsgebiet, wo laut bremischem Wassergesetz
nur in Ausnahmen Bauflächen entstehen dürfen. Auch die rot-grünen
Koalitionsvereinbarungen sehen vor, Überschwemmungsflächen zu erhalten -
und nicht zu bebauen.
Der Fachbereichsleiter im Umweltressort, Edo Lübbing, geht dennoch davon
aus, dass es für das Vorhaben auch ohne aufwendiges Prüfverfahren eine
Ausnahmegenehmigung geben wird. Die Koalitionsvereinbarungen bezögen sich
nur auf Ausgleichsflächen für Hochwasser. "Damit sind keine Gebiete im
Stadtbereich gemeint", sagt er. Allerdings werde es für den zukünftigen
Investor die Auflage geben, hochwassersicher zu bauen, so Lübbing.
Eine "sensible Stelle" ist das Weserufer am vorderen Stadtwerder dagegen
für den Bremer Deichhauptmann Michael Schirmer. An der Uferböschung müsse
bei Hochwasser oder Sturmfluten Platz sein. Gerade im engsten Bereich der
Weser, sagt Schirmer, sollten die Auswirkungen einer Bebauung umfassend
geprüft werden. Auch der BUND hält es für wichtig, Überschwemmungsgebiete
freizuhalten. Das Weserufer sei im gesamten Stadtbereich
verbesserungswürdig, sagt der Geschäftsführer des Bremer BUND Martin Rode.
Dennoch sollten lieber im Innenstadtbereich zusätzliche Wohnflächen
entstehen - statt neuer Baugebiete auf der grünen Wiese. "Ein Flussufer in
Stein lehnen wir aber ab", so Rode.
Der Senatsbaudirektor Franz-Josef Höing mag sich mit Details wie diesen
nicht weiter aufhalten. Vorab sei eine Machbarkeitsstudie durchgeführt
worden. "Wären wir uns nicht sicher, dass man da bauen darf, würden wir das
nicht machen", sagt er.
Für ihn ist die Fläche, auf der 20 Wohnungen Platz finden sollen, eine
"hochwichtige Stelle". Denn Bremen werden bis zum Jahr 2020 rund 15.000
Wohnungen fehlen - insbesondere im Stadtbereich. Das besagt zumindest die
im Auftrag der Stadt erstellte Wohnungsbaustudie des Hamburger
Gewos-Instituts für Stadt- und Wohnforschung. Die Bauprojekte in der
Überseestadt und auf dem Stadtwerder, wo nahe der "Umgedrehten Kommode"
bereits 350 Wohnungen entstehen, gelten dabei als Vorreiter. Über den
Stadtwerder allerdings hatte Höing kürzlich gesagt, er könne einen
"besseren Auftritt vertragen". Die Fläche am alten Rettungshafen sei
schließlich die "Visitenkarte Bremens".
Diese Ansicht teilen auch viele Anwohner - allerdings bevorzugen sie einen
Auftritt in Grün statt in Stein. "Man fragt sich schon, welche schönere
Visitenkarte es eigentlich geben kann", sagt Tina Blome von der
Anwohnerinitiative.
12 Jul 2009
## AUTOREN
Anna Gras
## TAGS
Sturmflut
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