# taz.de -- Stadtwerder: Seeblick nur ein "Nebenaspekt" | |
> Verschiedene Initiativen gegen Bremens Baupolitik wollen sich | |
> zusammenschließen - und machen Druck im Hinblick auf die Wahlen. | |
> Bauressort hält an seiner Grünflächenplanung fest | |
Bild: Fledermaus unterwegs: Noch findet sie eine Bleibe im Stadtwerderwald | |
Gegen die Baupolitik des grünen Bausenators Reinhard Loske formiert sich | |
Widerstand: Bürgerinitiativen planen eine gemeinsame Großveranstaltung | |
gegen Bauvorhaben in ganz Bremen. Noch vor der Bundestagswahl wollen sie | |
gegen Appartementbauten auf dem Stadtwerder, ein Neubaugebiet am | |
Habenhauser Deich oder den Verkauf eines Waldstreifens in Horn | |
protestieren. | |
Aktuell sorgt die Grünplanung für das umstrittene Neubaugebiet an der | |
"umgedrehten Kommode" für Unmut. Wo jetzt ein dicht bewachsener | |
Waldstreifen das Ufer der Kleinen Weser säumt, soll im Winter eine 30 Meter | |
breite Sichtachse geschlagen werden. Nach den Plänen der Baubehörde soll | |
eine ebenso breite Betontreppe am Ende der Schneise hinab zur Wasserkante | |
führen. Zudem soll das Wohnquartier durch vier Wege mit dem Uferweg | |
verbunden werden. | |
Dagegen engagiert sich die Initiative "Kleiner Stadtwerderwald". Sie | |
fordert eine ökologische und soziale Korrektur der Planung. "Wir wollen den | |
Wald für alle, statt Seeblick für wenige", sagte Iris Urbschat von der | |
Initiative bei einem Informationsabend am Montag, zu der gut 100 Menschen | |
kamen. Der Wald sei Lebensraum bedrohter Tierarten wie Fledermäuse, Eulen | |
und Haubentaucher. Gutachten hätten sechs Biotop-Typen nachgewiesen. | |
Beim Bau- und Umweltsenator sieht man die Grünplanung indes missverstanden: | |
Der freie Blick aufs Wasser für die neuen Stadtwerder-BewohnerInnen sei | |
"nur ein Nebenaspekt", sagt der Fachbereichsleiter im Umweltressort, Edo | |
Lübbing. Viel wichtiger: Die "Integration der Stadtteile" durch die | |
"optische Verbindung zum Buntentor". Wie viele Bäume dafür fallen müssen, | |
sei noch nicht klar. Die genaue Entwurfsplanung werde spätestens Mitte | |
Oktober vorliegen. Sie soll den Initiativen und dem Beirat bei einem | |
Ortstermin vorgestellt werden. | |
Laut Lübbing hat der Beirat die Grünplanung jedoch bereits im Februar | |
beschlossen - als Teil des städtebaulichen Rahmenplans. Beiratssprecherin | |
Susanne Martens (SPD) sieht das anders: Bei der Rahmenplanung sei es nur um | |
Punkte wie etwa die Verteilung der Baufelder gegangen. "Das umliegende | |
Wäldchen wurde nicht berücksichtigt", sagt Martens. "Lübbing kriegt da was | |
durcheinander". Offiziell habe man sich mit der Grünplanung noch nicht | |
befasst, weil gar keine Plandokumente vorliegen. Der Beirat unterstütze das | |
Anliegen der Bürgerinitiative und fordert einstweilen, der Wald solle "ohne | |
Einschränkungen unangetastet bleiben". | |
Der Konflikt auf dem Stadtwerder ist für Michael Ortmanns, den Sprecher des | |
Bausenators, "ein Stück weit unlösbar". Er verweist auf die aktuellen | |
Maßgaben bremischer Baupolitik: "Wir wollen Wohnraum in der Stadt schaffen | |
und das Bauen auf der grünen Wiese beenden." Dabei folgt man der im Auftrag | |
der Stadt erstellten Wohnungsbaustudie des Hamburger Gewos-Instituts für | |
Stadt- und Wohnforschung. Die sagt Bremen bis 2020 einen | |
Bevölkerungszuwachs mit entsprechendem Bedarf an rund 15.000 neuen | |
Wohnungen voraus, und zwar bevorzugt im Stadtgebiet. "Wenn jeder sagt, | |
bauen - ja", so Ortmanns, "aber nicht bei mir, dann wird das schwierig". | |
Die Bürgerinitiativen werfen dem Bauressort Intransparenz vor. "Wir | |
schließen uns zusammen, weil wir alle ähnliche Erfahrungen gemacht haben", | |
sagt Sigrid Grote von der Initiative "Bremer am Fluss", die sich gegen eine | |
Bebauung des Weserufers auf dem vorderen Stadtwerder vor der | |
Seenotretter-Zentrale engagiert. "Wir hören alle die gleichen Worthülsen", | |
sagt sie, "egal um welches Bauvorhaben es geht." | |
8 Sep 2009 | |
## AUTOREN | |
Anna Gras | |
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