# taz.de -- Helene Fischer zu #wirsindmehr: Sie will es sich nicht verscherzen | |
> Die Schlagersängerin Helene Fischer äußert sich gegen Gewalt und | |
> Rassismus. Doch zur AfD schweigt sie. Das ist zu wenig. | |
Bild: Ist zu wenig wirklich besser als nichts? | |
[1][So viele Fans hatte selbst Helene Fischer noch nie:] Nicht nur die | |
üblichen Verdächtigen, nein, auch schlagerferne Hip-Hopper, kritische Linke | |
und gestandene Journalisten jubelten ihr zu, weil sie [2][in einem | |
Instagram-Post der Sängerin] ein „klares Statement“ zu den Naziaufmärschen | |
in Chemnitz sahen. | |
Dem routinierten „Berlin! Lasst uns heute feiern, tanzen, lachen!“ ließ die | |
neue Rosa Luxemburg diese Zeilen folgen: „Wir können und dürfen nicht | |
ausblenden, was zur Zeit in unserem Land passiert, doch wir können zum | |
Glück auch sehen wie groß der Zusammenhalt gleichzeitig ist – das sollte | |
uns stolz machen.“ Oh weh, „stolz“. Noch unklar, in welche Richtung das | |
geht, oder? Danach dies: „Musik als Zeichen der Verbundenheit und immer ist | |
es Liebe, die gewinnt. Ich freue mich darauf, heute mit euch dieses Zeichen | |
zu setzen!“ Das war’s. Bis hierhin ein einziges Geschwurbel. Dann die | |
rettenden Hashtags: #wirbrechendasschweigen #wirsindmehr #schreiteslaut | |
#liebe #peace | |
So weit, so wenig. Wogegen hat sich Helene Fischer hiermit geäußert? Gegen | |
gar nichts. [3][Auf dem Konzert selbst immerhin diese Ansage:] „Wir setzen | |
auch ein Zeichen. Ich möchte jetzt und hier, dass keiner sitzen bleibt. | |
Erhebt euch. Erhebt gemeinsam mit mir die Stimme. Gegen Gewalt. Gegen | |
Fremdenfeindlichkeit. Wir brechen das Schweigen, hier in Berlin.“ | |
Die Gewalt und Fremdenfeindlichkeit befeuernde AfD allerdings wird weder im | |
Post noch während der Show erwähnt. Aus welchem Grund? Man könnte vermuten: | |
aus gutem. Also monetärem. Man wollte die Fans nicht verprellen. Allein: | |
Das Produkt Helene Fischer hat eigentlich längst genug abgeworfen. Oder | |
wollte die 34-Jährige die Stimmung einfach nicht ruinieren? Es sich nicht | |
mit Rechtsradikalen und deren Unterstützern verscherzen? Was für ein | |
politisches Statement ist das dann noch? Wäre „Gegen Gewalt, gegen | |
Fremdenfeindlichkeit, gegen die AfD“ schon zu viel für harmoniebedürftige | |
Musikantenstadlgänger? | |
## Ernsthaft Stellung beziehen | |
Weshalb wäre es wichtig gewesen, dass sich die vielleicht populärste Person | |
des Landes nicht nur [4][zu #wirsindmehr bekennt] und sich nicht nur gegen | |
Rassismus, sondern auch gegen die umlackierte NPD positioniert? Weil man | |
nicht das Feuer, sondern den Brandstifter anzeigt. Und weil sich | |
AfD-Anhänger selbst nicht unbedingt als Rassisten begreifen, mal abgesehen | |
von jenen, neben denen Bernd Höcke gern spaziert. Und weil auch sie an die | |
#liebe und die These #wirsindmehr und an #wirbrechendasschweigen glauben. | |
Blauwähler könnten Fischers Instagram-Text leicht als verkapptes | |
Zugeständnis interpretieren. | |
Außerdem: Hätte sie mal ein schönes #fuckafd oder wenigstens #noafd | |
hintendran getippt, wäre das womöglich in ein paar der tausend Kloblätter | |
(z.B. Bild-Zeitung) eingesickert, in denen Fischers Ultras schmökern. Dann | |
hätten nicht nur diese Zeitschriften ernsthaft Stellung beziehen müssen, | |
sondern hätten sich deren Leser vielleicht auch ein paar Fragen gestellt. | |
Will sagen: Man hätte eine Klientel erreichen können, die die taz eher | |
nicht anspricht. Es sind ja gerade diese schlagerhörenden Damen und Herren | |
im AfD-Volk, die man vielleicht noch zurückgewinnen kann. Wer Rechtsrock | |
auf den Kopfhörern hat, ist eh verloren. Aber ja, freilich: Es war besser | |
als nichts. Super, Helene. Wobei: Ist zu wenig wirklich besser als nichts? | |
5 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Helene-Fischer-als-Phaenomen/!5522787 | |
[2] https://www.instagram.com/p/BnTaTAyh3ES/ | |
[3] https://twitter.com/clehrchen/status/1037086296425021442 | |
[4] /wirsindmehr-Konzert-gegen-Rassismus/!5532967 | |
## AUTOREN | |
Cornelius Oettle | |
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