# taz.de -- Haushalt für Entwicklungszusammenarbeit: Mehr Geld, doch nicht gen… | |
> Die Etats für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe bekommen | |
> mehr Budget als gedacht. Angesichts von Armut und Klimakrise trotzdem zu | |
> wenig. | |
Bild: Ihr Etat leidet unter den vielen Krisen: Entwicklungsministerin Svenja Sc… | |
BERLIN taz | Klimakrise, Inflation, Hungersnöte weltweit. Die Zahl der | |
globalen Katastrophen ist ungebrochen hoch. Auch die Folgen der | |
Coronapandemie sind weltweit insbesondere in Entwicklungs- und | |
Schwellenländern zu spüren. Es geht um Lohneinbußen, um fatale Konsequenzen | |
im Kampf gegen tödliche Krankheiten, um Gesundheitssysteme, die sich auch | |
im dritten Jahr der Pandemie nicht wieder stabilisiert haben. Hinzu kommt | |
der nun seit rund neun Monaten währende [1][russische Angriffskrieg auf die | |
Ukraine]. | |
Durch die Blockade an den [2][ukrainischen Häfen] konnten Getreide, Futter- | |
und Lebensmittel nicht in großen Mengen exportiert werden. Die | |
Hauptleidtragenden: afrikanische Staaten. Die Folge: Sich verschärfende | |
Hungersnöte in ohnehin von Dürren und anderen Extremwettern geplagten | |
Regionen. | |
Deutschland ist einer der zentralen Geldgeber weltweit im Kampf gegen | |
Armut, Hunger und die Klimakrise. Das Entsetzen unter | |
Nichtregierungsorganisationen war daher groß, dass die Mittel für den Etat | |
zur Entwicklungszusammenarbeit für 2023 zusammengekürzt werden sollten. | |
Der Haushaltsentwurf veranschlagte 11,08 Milliarden Euro für das Haus von | |
[3][Entwicklungsministerin Svenja Schulze] (SPD), 1,27 Milliarden Euro | |
weniger als in diesem Jahr. In der Nacht zu Freitag tagte nun der | |
Haushaltsausschuss zu seiner Bereinigungssitzung. Rund 18 Stunden | |
verhandelten die Abgeordneten über den gesamten Haushaltsentwurf. | |
Angesichts der [4][Energiekrise in Deutschland], ausgelöst durch den Krieg | |
in der Ukraine, und hohe Ausgaben für [5][soziale Entlastungen] muss auch | |
der Entwicklungsetat Kürzungen akzeptieren. Allerdings mit weniger harten | |
Einschnitten als gedacht. Vorgesehen sind jetzt 12,15 Milliarden Euro. Für | |
humanitäre Hilfe im Ausland sind rund 708 Millionen Euro geplant. Die UN | |
bekommen etwa 92 Millionen Euro zusätzlich. Damit werden die Etats für | |
Entwicklungszusammenarbeit und der Etat des Auswärtigen Amtes mit je rund | |
einer Milliarde Euro aufgestockt. Insbesondere der Ansatz einer | |
feministischen Entwicklungszusammenarbeit soll über Hilfen für UN-Programme | |
gestärkt werden. Somit will das Ministerium die Zahl der Projekte für | |
Frauen und Mädchen steigern. | |
## Entwicklungsorganisationen schlagen Alarm | |
Der Haushalt stünde für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Freiheit in | |
der Zeitenwende, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der | |
haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen Sven-Christian Kindler | |
(Grüne), Dennis Rohde (SPD) und Otto Fricke (FDP). „Der Angriffskrieg | |
Putins auf die Ukraine löst nicht nur unfassbares Leid in der Ukraine aus, | |
er verschärft auch massiv die weltweiten Krisen“, heißt es weiter. Der | |
finanzielle Beitrag Deutschlands zeige, dass man zur internationalen | |
Verantwortung stehe und die friedliche Entwicklung in der Welt stärke. | |
Obwohl eine größere Lücke in den Budgets verhindert werden konnte, sind | |
Nichtregierungsorganisationen nach wie vor alarmiert. Die Abgeordneten des | |
Bundestags hätten es sich sicher nicht leicht gemacht, um einen Kompromiss | |
zwischen Klimaschutz, [6][Welternährung] und den [7][nationalen wie | |
europäischen Herausforderungen] zu finden, sagte Dagmar Pruin, Präsidentin | |
von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe. Aber: „Wir müssen | |
nachdrücklich betonen, dass die bereitgestellten Mittel insgesamt im | |
kommenden Jahr nicht ausreichen werden, um Hunger und humanitäre Krisen | |
ausreichend bewältigen zu können.“ | |
Deutlich schärfer äußert sich die Entwicklungsorganisation ONE. Für | |
Direktor Stephan Exo-Kreischer geht die Budgetplanung an der Realität | |
vorbei. Er stellt der Bundesregierung ein „Armutszeugnis“ aus, wenn es um | |
die Bewältigung der Krisen der Welt geht. „Das, was von der Ampelkoalition | |
vollmundig als Signal für eine friedliche Entwicklung in der Welt verkündet | |
wurde, ist leider Augenwischerei“, sagte Exo-Kreischer. | |
Die Milliarde, die jeweils an das Auswärtige Amt und an das | |
Entwicklungsministerium geht, hätte lediglich drastischere Kürzungen | |
verhindert. Aus seiner Sicht heraus hätte das Budget durchaus auch aus | |
anderen Einzelplänen umgeschichtet werden können. In diesem Jahr stehen dem | |
Bundesentwicklungsministerium 12,35 Milliarden Euro aus dem Einzelplan 23 | |
zur Verfügung. Hinzu kommen rund eine Milliarde für Hilfen für die Ukraine | |
und weitere 495 Millionen Euro im Kampf gegen Hunger weltweit. | |
## Die Schuldenbremse wird 2023 eingehalten | |
Insgesamt nimmt der Bund 2023 mehr Schulden auf als von | |
Bundesfinanzminister Lindner geplant. Die Neuverschuldung wird demnach von | |
138,9 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 45,6 Milliarden Euro im Jahr | |
2023 zwar deutlich gesenkt, aber Lindner hatte auf deutlich weniger | |
Schulden gehofft: nämlich auf nur rund 17,3 Milliarden Euro. | |
Laut Beschluss des Haushaltsausschusses will der Bund 476,3 Milliarden Euro | |
ausgeben. Das sind etwa 31 Milliarden Euro mehr als von Lindner eingeplant. | |
Die [8][Schuldenbremse wird im kommenden Jahr eingehalten]. Drei Jahre lang | |
hatte eine Ausnahmeregelung gegriffen. Zunächst aus Pandemiegründen, dann | |
durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Voraussichtlich am 25. | |
November soll der neue Haushalt im Bundestag beschlossen werden. | |
11 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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