# taz.de -- Hamburger CDU beim CSD nicht willkommen: „Manchmal ist es ein har… | |
> Der Vorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) Thomas Thomsen | |
> hat Verständnis für die Ausladung der CDU. Er warnt vor Auswüchsen. | |
Bild: Hier sieht sich die CDU durchaus: Wagen bei einer CSD-Demonstration in Ha… | |
taz: Herr Thomsen, können Sie nachvollziehen, warum die [1][Hamburger CDU | |
vom Christopher Street Day (CSD) ausgeladen worden ist]? | |
Thomas Thomsen: Ich kann verstehen, dass die Organisatoren vom Verein | |
„Hamburg Pride“ grundsätzlich Schwierigkeiten damit haben, dass die CDU | |
eine Initiative unterstützt, die sich gegen das Gendern in der Verwaltung | |
ausspricht. Ich selbst entscheide von Fall zu Fall, ob ich gendern möchte | |
oder nicht. Ich finde es auch schwierig, wenn bei Klassen- oder | |
Studienarbeiten Punkte abgezogen werden, wenn man nicht gendert. Aber ich | |
kann auch den Pride-Verein verstehen, weil es für viele Menschen, die er | |
vertritt, wichtig ist, wie sie angesprochen werden – also die Minderheit | |
derer, die sagen: „Ich bin nicht binär, ich möchte als Mann, ich möchte als | |
Frau leben.“ | |
Die Kritik ist befeuert worden dadurch, dass die Vertrauensfrau der | |
Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“, | |
[2][Sabine Mertens, den Eindruck erweckt hatte, Homosexualität wäre | |
anormal] – was sie später korrigierte. | |
Ich habe Frau Mertens im Landesvorstand der CDU erlebt. Sie war strikt | |
dagegen, dass jemand, wenn er selbst transgender ist, dann gendern dürfte | |
etwa in der Schule. Das geht aus meiner Sicht zu weit. | |
Die CDU versucht ja zurzeit ihr Profil zu schärfen. Geht das zu Lasten von | |
LGTBQI*? | |
Ich bin im Grunde ein eher liberal konservativer Mensch – in | |
Sicherheitsfragen zum Beispiel – und liberal, wenn es um das Lebensgefühl | |
geht oder darum, Menschen mit transgeschlechtlicher Identität ihren | |
schwierigen Weg zu erleichtern. Wenn sich die CDU für mehr Sicherheit am | |
Hauptbahnhof einsetzt, heißt das nicht, dass sie in allen Bereichen | |
konservativ auftreten muss. | |
Hamburg Pride hat in der Ausladung auch kritisiert, dass [3][sich die | |
Hamburger CDU gegen das von der Ampel-Koalition im Bund geplante | |
geschlechtliche Selbstbestimmungsgesetz ausgesprochen] hat. | |
Die CDU ist nicht grundsätzlich gegen das Gesetz. Sie ist dagegen, dass man | |
laut der aktuellen Vorlage unter anderem jedes Jahr entscheiden könnte, ob | |
man als Mann oder Frau eingetragen sein möchte. Gegen solche Auswüchse | |
richtet sich das – auch weil es nicht dem Interesse der Betroffenen dient. | |
Wenn man überzieht, werden etliche Normalbürger sagen: Das wird mir jetzt | |
zu viel. Dann geht die Akzeptanz für solche Regelungen zurück. Praktisch | |
gewendet: Warum hatte man für das Bezirksamt Eimsbüttel gefordert, extra | |
eine gendergerechte Toilette einzubauen, wenn es bereits ein barrierefreies | |
WC gibt, das asexuell ist? Das verstehen viele nicht. | |
Und trotzdem bleibt das Gefühl, dass ein Teil der CDU damit Politik macht. | |
Sie können sicher sein, dass auch ich da große Bauchschmerzen habe. | |
Natürlich nutzen es einige aus, dass jetzt überzogen wird, um populistisch | |
unterwegs zu sein – was ich schrecklich finde. Als Lesben und Schwule in | |
der Union (LSU) sind wir in der CDU dafür da zu sagen: Leute, das geht so | |
nicht. | |
Und, hört die CDU dann auf Sie? | |
Dass der CDU Landesvorsitzende Dennis Thering sich klar von Mertens’ | |
Äußerung distanziert hat, finde ich richtig. Andere in der CDU haben das | |
nicht getan, obwohl sie von der LSU dazu aufgefordert wurden. Der vorige | |
Landesvorsitzende Christoph Ploß ist wesentlich konservativer aufgetreten. | |
Als LSU versuchen wir auch, nach innen zu wirken, Ängste zu mildern, | |
Diskriminierungen abzubauen. Außerdem wollen wir verhindern, dass viele | |
Schwule und Lesben, die ganz konventionell in langfristigen Beziehungen | |
leben und eigentlich CDU wählen könnten, von populistischen Äußerungen | |
abgeschreckt werden. So stelle ich mir Großstadt-CDU vor. Manchmal ist das | |
ein harter Kampf. Deshalb ist es wichtig, dass wir von der CDU beim CSD | |
dabei sind. | |
Wie geht es jetzt weiter mit dem Hamburg Pride? | |
Die Demonstration am 5. August ist [4][ja nur ein Teil der Pride-Woche]. | |
Beim Straßenfest sind wir angemeldet. Da gibt es auch keine Absagen. Es | |
geht also um die Demonstration. Die Organisatoren haben natürlich mit Recht | |
gesagt, alle die teilnehmen, sollen hinter den Forderungen der | |
Demonstration stehen. Der Knatsch entstand dadurch, dass die CDU das | |
zumindest in Teilen nicht tut. Der Pride-Verein twitterte ja auch, es geht | |
nicht darum, den Gesprächsfaden zu kappen. Mit der LSU und den liberalen | |
Leuten der CDU habe er sehr gut zusammengearbeitet. Wir nehmen auch an der | |
Pride-Party teil und zum Pride-Frühstück sind Dennis Thering und ich | |
angemeldet. Mich freut, dass die stellvertretende Vorsitzende des | |
Pride-Vereins und der Pressesprecher am Montagabend zu unserer | |
Veranstaltung mit Dennis Thering im Rahmen der Pride Week kommen, um in den | |
Austausch zu gehen. Wir versuchen, Differenzen und Missverständnisse | |
auszuräumen. | |
26 Jul 2023 | |
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[4] https://www.hamburg-pride.de/pride-week/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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