# taz.de -- Getreideexporte aus der Ukraine: Überfrachtete Hoffnungen | |
> Es ist eine gute Nachricht, dass ein erstes Getreideschiff die Ukraine | |
> verlassen konnte. Doch um die globale Hungergefahr einzudämmen, braucht | |
> es viel mehr. | |
Bild: Ein Anfang: Das Frachtschiff „Razoni“ hat am Montag den Hafen von Ode… | |
Dass das erste Mal seit Beginn des Ukrainekriegs ein mit Mais beladener | |
Frachter das Land verlassen hat, ist natürlich eine gute Nachricht. Sie | |
lässt hoffen, dass nun die mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide, die in | |
der Ukraine lagern, auf den Weltmarkt kommen. Lieferungen des vor dem Krieg | |
fünftgrößten Weizenexporteurs würden die hohen Preise für Getreide senken, | |
sodass Nahrung für arme Bevölkerungsteile etwa in Afrika erschwinglicher | |
wird. Doch die Notierungen werden wohl nicht so stark fallen, dass die | |
Hungergefahr gebannt wird. | |
Realistisch ist, dass die Weizenpreise auf das Vorkriegsniveau fallen, wenn | |
die Ukraine tatsächlich wieder so viel exportieren kann wie früher. Bevor | |
sich im Februar die russische Invasion abzeichnete, kostete das Getreide | |
rund 270 Euro pro Tonne. Das ist weit unter dem Höhepunkt von knapp 440 | |
Euro im Mai und den etwa 340 Euro von vergangener Woche. Und doch immer | |
noch 35 Prozent über dem Preis beispielsweise von Anfang 2019. | |
Der Krieg in der Ukraine hat zwar [1][die extremen Preissprünge der | |
vergangenen Monate] verursacht. Aber bereits 2017 begann ein Aufwärtstrend | |
des Getreidepreisindex der UN-Organisation für Ernährung und | |
Landwirtschaft. Schon seit 2018 erhöhte sich die Zahl der Hungernden | |
weltweit auf ungefähr 800 Millionen. | |
Zu den Gründen gehören neben Kriegen Wirtschaftskrisen, beispielsweise | |
infolge der Coronapandemie. Weil Energie teurer wird, kosten auch Diesel | |
für Traktoren sowie Pestizide und besonders Kunstdünger für die | |
konventionelle Landwirtschaft mehr. Der Klimawandel schmälert Ernten in | |
vielen Regionen, die Bevölkerung und die Nachfrage nach mithilfe von | |
Getreide erzeugtem Fleisch wachsen. | |
Deshalb müssen die Geberländer ihre aus Anlass des Ukrainekriegs gemachten | |
Hilfszusagen im [2][Kampf gegen den Hunger] einhalten. Deutschland und die | |
anderen G7-Staaten beispielsweise müssen dem Welternährungsprogramm mehr | |
überweisen, damit es die akut Hungernden mit genug Lebensmitteln versorgen | |
kann. Die reichen Länder sollten Staaten wie dem Sudan auch stärker helfen, | |
unabhängiger von Nahrungsmittelimporten zu werden. Industrieländer könnten | |
den Süden dabei unterstützen, seine eigene Produktion umweltverträglich zu | |
erhöhen. | |
Der Norden muss auch Hilfe anbieten, wenn etwa afrikanische Länder ihre | |
Ernährung wieder stärker auf heimische Getreide wie Sorghum stützen wollen, | |
die dort oft besser gedeihen als Weizen. Und die Industrieländer sollten | |
mit gutem Beispiel vorangehen und weniger Fleisch verbrauchen. | |
1 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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