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# taz.de -- Getreideexporte aus der Ukraine: Ein Korn Hoffnung
> Das erste Mal seit Kriegsbeginn fährt ein Schiff einen ukrainischen Hafen
> an. Gleichzeitig bahnt sich ein erster Konflikt mit dem Libanon an.
Bild: Das syrische Schiff Laodeica in Tripoli Ende Juli. Das ukrainische Außen…
Kiew taz | Zum ersten Mal seit dem 24. Februar fährt ein Schiff einen
ukrainischen Hafen im Schwarzen Meer an. Am Freitag soll der unter
liberianischer Flagge fahrende Frachter Osprey's, der die Türkei am 31.
Juli verlassen hat, im Hafen von Tschernomorsk anlegen. Dies teilte der
Sprecher der regionalen Militärverwaltung von Odessa, Serhiy Bratchuk, mit.
Das ukrainische Ministerium für Infrastruktur nimmt weiter Anträge von
Reedereien an, die ihre Schiffe für Getreidetransporte von ukrainischen
Schwarzmeerhäfen in die Türkei zur Verfügung stellen wollen. Bereits jetzt,
so berichtet das Portal [1][obozrevatel], liegen 17 mit Getreide beladene
Schiffe in ukrainischen Schwarzmeerhäfen und warten auf die Erlaubnis zur
Ausfahrt.
Und es scheint, als ob die Getreidetransporte aus den Schwarzmeerhäfen
Odessa, Tschernomorsk und Pivdenni bald häufiger ihre ukrainischen Häfen
Richtung Istanbul verlassen würden. Unter Berufung auf Reuters berichtet
das Portal [2][rbc.ua], ein hochrangiger türkischer Beamter habe gesagt,
dass es möglich sei, dass pro Tag drei Getreideschiffe die ukrainischen
Schwarzmeerhäfen verlassen könnten. Nach einer Inspektion könnten sie dann
den Bosporus passieren.
Auch Präsident Selenski hatte in seiner Ansprache am Dienstagabend seine
Hoffnung ausgedrückt, die Getreideexporte könnten nun regelmäßig
durchgeführt werden. Und der ukrainische Außenminister [3][Dmytro Kuleba
erklärte auf Twitter]: „Wenn Russland seine Verpflichtungen im Rahmen der
von den Vereinten Nationen ausgehandelten Getreideinitiative erfüllt, wird
das Getreide an ausländische Käufer gelangen und dazu beitragen, die
Lebensmittelpreise zu senken und eine Hungersnot zu verhindern.“
Lagerraum für neue Ernte
Derzeit lagern 20 Million Tonnen Getreide aus der Ernte vom vergangenen
Jahr in ukrainischen Lagern, so der stellvertretende Infrastrukturminister
Jurij Waskow gegenüber [4][Radio Free Europe]. Der Export dieses Getreides
sei auch deswegen wichtig, weil man die Lager für die diesjährige Ernte
brauche. „Nach unseren Berechnungen müssen wir mit allen Mitteln den Export
von rund 6 Millionen Tonnen pro Monat sicherstellen, damit die Landwirte
ihre Lagerkapazitäten freimachen können, ihr Geld für die von ihnen
erzeugten Produkte erhalten und für die nächste Ernte planen können“,
zitierte der Radiosender den Infrastrukturminister.
Unterdessen bahnt sich ein Konflikt zwischen der Ukraine und dem Libanon
an. Dieser hatte zunächst ein syrisches Schiff, das ukrainischen Angaben
zufolge Getreide aus ukrainischen Gebieten, die von Russland besetzt sind,
mit sich führt, festgesetzt. Doch am Donnerstagvormittag entschied ein
libanesisches Gericht, die „Laodicea“ könne wieder das Land verlassen.
In einer von Ukrinform verbreiteten Erklärung äußerte sich das ukrainische
Außenministerium enttäuscht: „Diese Entscheidung ermutigt Russland, im
vorübergehend besetzten Süden der Ukraine weiter ungestraft zu stehlen.
Darüber hinaus untergräbt der Libanon mit einer solchen Entscheidung seine
eigene Ernährungssicherheit und verdrängt die Ukraine als zuverlässigen
Partner.“
Das ukrainische Außenministerium forderte die libanesische Seite auf, die
Entscheidung zur „Laodicea“ rückgängig zu machen. Zudem forderte es das
Land auf, Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Versuche zu verhindern, den
Libanon für Geschäfte mit gestohlenem ukrainischem Getreide zu nutzen.
## Noch ein Schiff im Hafen von Tripoli, unter syrischer Flagge
Das Schiff „Laodicea“ lag seit vergangener Woche im Hafen von Tripoli vor
Anker. Der Ukrainische Botschafter im Libanon, Ihor Ostash, sagte auf einer
Pressekonferenz am Mittwoch, es habe 10.000 Tonnen Weizenmehl und Gerste
geladen. Russland habe das Getreide aus der besetzten Krim gestohlen. Ein
Beamter eines türkischen Getreidehandelsunternehmens sagte der
Nachrichtenagentur Reuters, das Schiff habe 5.000 Tonnen Mehl in den
Libanon gebracht – um es an private Händler*innen zu verkaufen, nicht an
die libanesische Regierung. Der Ukrainische Botschafter spekuliert, dass
dort ein höherer Preis gezahlt wird, als in Syrien.
Wenige Stunden nach der Pressekonferenz des Botschafters verkündete der
libanesische Verkehrsminister, der Libanon habe das Schiff inspiziert und
weiterfahren lassen. Die Staatsanwaltschaft konnte keine Straftat
feststellen. Laut der Webseite Marine Traffic lief das Schiff am
Donnerstagmorgen in Richtung Syrien aus.
Dabei ist die Laodicea um US-Finanzministerium bereits seit 2015
sanktioniert – weil sie dem syrischen Machthaber Baschar Assad zugeordnet
wird. Der ist ein enger Verbündeter Russlands. Das Abkommen zwischen der
Ukraine, Türkei und Russland erlaubt auch Russland den Export von Getreide
und Düngemitteln.
4 Aug 2022
## LINKS
[1] https://www.obozrevatel.com/
[2] https://www.rbc.ua/
[3] https://twitter.com/DmytroKuleba/status/1554934712115789825
[4] https://www.rferl.org/
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
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