# taz.de -- Geflüchtete an der US-Grenze: Verzweiflung am Rio Grande | |
> Das improvisierte Camp an der Grenze zu Mexiko ist aufgelöst. Tausende | |
> Haitianer*innen wurden per Flugzeug abgeschoben oder flohen nach | |
> Mexiko. | |
Bild: Lieber durch den Fluss als zurück nach Haiti: Grenze zwischen den USA un… | |
BERLIN taz | Das improvisierte Geflüchtetencamp unter der [1][Grenzbrücke | |
zwischen den USA und Mexiko] nahe der texanischen Ortschaft Del Rio ist | |
aufgelöst. Bulldozer schoben am Samstag die letzten Reste der Zeltstadt | |
zusammen, in der in den vergangenen Wochen zeitweise über 14.000 Menschen | |
gelebt hatten, die meisten von ihnen Haitianer*innen. | |
In der vergangenen Woche hatten die Vereinigten Staaten damit begonnen, | |
Tausende von Haitianer*innen aus dem Camp herauszuholen und direkt in | |
Flugzeuge nach Haiti zu setzen. Anfangs flogen drei Maschinen pro Tag in | |
die haitianische Hauptstadt Port-au-Prince, bis Donnerstag waren es dann | |
schon sieben Flugzeuge täglich. | |
Offenbar unter diesem Eindruck haben rund 8.000 haitianische | |
Migrant*innen den Weg gewählt, durch den wegen niedrigen Wasserstandes | |
passierbaren Rio Grande auf die mexikanische Seite der Grenze | |
zurückzukehren. Wie es dort mit ihnen weitergeht, ist unklar. Die übrigen | |
wurden nach US-Angaben auf Aufnahmestationen in den USA verteilt, einige | |
wurden mit der Auflage entlassen, sich für die Prüfung ihrer Anträge bei | |
den Behörden zu melden. | |
Die meisten der Haitianer*innen hatten Haiti schon vor vielen Jahren | |
verlassen. Sie waren mehr schlecht als recht in anderen zentral- oder | |
südamerikanischen Ländern untergekommen. Die Hoffnung auf eine liberalere | |
Einwanderungspolitik unter dem neuen Präsidenten Joe Biden hatte sie dazu | |
gebracht, sich gen Norden aufzumachen. | |
## Nachspiel für Peitschenhiebe | |
Hunderte solcher Migrant*innen, die Haiti nach dem schweren Erdbeben von | |
2010 verlassen und in den vergangenen Jahren in Brasilien, Chile oder | |
Argentinien gelebt hatten, befinden sich derzeit in einem Zeltlager im | |
Norden Kolumbiens. Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichten, dass am | |
Samstag fast 500 Menschen auf einem Hügel vor dem Darién-Urwald kampierten | |
– sie wollen sich in diesen Tagen zu Fuß durch den Urwald nach Panama und | |
von da aus weiter durch Zentralamerika in Richtung USA aufmachen. | |
In den USA selbst hat insbesondere der Einsatz berittener Polizei gegen die | |
Migrant*innen in Del Rio ein politisches und womöglich auch juristisches | |
Nachspiel. Präsident Joe Biden selbst sagte bei einer Pressekonferenz, die | |
Bilder seien „schrecklich“ und „beschämend“. Die beteiligten | |
Grenzpolizisten müssten für ihr Verhalten „bezahlen“. | |
Auf Videoaufnahmen war zu sehen gewesen, wie berittene Polizisten mit | |
Peitschen auf Geflüchtete einschlugen. Eine Untersuchung der Vorfälle laufe | |
derzeit, sagte US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas, und sie werde | |
ohne Vorverurteilungen objektiv ablaufen. Allerdings fügte er hinzu: „Diese | |
Bilder haben auf schmerzhafte Weise die schlimmsten Elemente des | |
andauernden Kampfes unserer Nation gegen systemischen Rassismus | |
heraufbeschworen.“ | |
Von konservativer Seite aus musste die Regierung Bidens daraufhin scharfe | |
Kritik einstecken. Die Regierung stehe unter der Knute der linksradikalen | |
Demokrat*innen, deren erklärte Feindschaft zu Polizei und | |
Ordnungskräften ja bekannt sei, hieß es etwa im TV-Sender Fox News. | |
Von links hingegen kam erneut scharfe [2][Kritik an der Abschiebung der | |
Haitianer*innen ohne Anhörung]. Die Regierung beruft sich dabei auf | |
eine von Donald Trump eingeführte Sonderregelung, die unter Berufung auf | |
die Coronapandemie die Umgehung des Asylverfahrens zulässt. Das hatten die | |
Demokraten damals stets kritisiert. Es sei aber, sagt heute Mayorkas, | |
nichts daran unmoralisch, die Verordnung zugunsten des Gesundheitsschutzes | |
anzuwenden. | |
26 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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