# taz.de -- UNO-Vollversammlung: Leider nur normal | |
> Joe Biden hielt eine abgewogene, diplomatische Rede. Das reicht in diesen | |
> Zeiten nicht. UNO-Generalsekretär Antònio Guterres machte es besser. | |
Bild: Immerhin anders als Trump: Biden am Dienstag vor der UNO-Vollversammlung | |
Vier Jahre ist es her, da hielt Donald Trump seine erste Rede vor der | |
UN-Vollversammlung. Trump war gekommen, um die Sau rauszulassen. Er protzte | |
mit der Stärke des US-Militärs, drohte mit der „totalen Zerstörung“ | |
Nordkoreas und rief die versammelten Staats- und Regierungschefs auf, wie | |
er auf nationalen Egoismus zu setzen. | |
Was für ein Gegensatz in diesem Jahr. In seinem ersten Auftritt als | |
US-Präsident vor der UN-Vollversammlung [1][beschwor Joe Biden die Kraft | |
von Diplomatie und Zusammenarbeit]. Er kündigte an, global führen zu | |
wollen, aber gemeinsam mit Partnern und Verbündeten. Schließlich sei der | |
Erfolg des eigenen Landes immer davon abhängig, dass andere ebenso | |
erfolgreich seien. Biden erhielt donnernden Applaus für diesen Appell zu | |
mehr Vernunft und für die Rückkehr der USA zur diplomatischen Normalität. | |
Das Problem ist: Die alte Normalität reicht nicht mehr, um die Probleme der | |
Welt im Herbst 2021 zu lösen. UN-Generalsekretär Antònio Guterres fasste | |
das richtig zusammen, als er vor der UN-Vollversammlung erklärte: „Wir | |
stehen am Abgrund und bewegen uns in die falsche Richtung.“ Angesichts der | |
„größten Kaskade von Krisen zu unseren Lebzeiten“ sei die Welt nie | |
bedrohter, aber auch nie gespaltener gewesen. Menschenrechte und | |
Wissenschaft stünden unter Beschuss, und die dringend gebrauchte | |
Solidarität in der Covidpandemie bleibe aus. „Wir haben das | |
Wissenschaftsexamen bestanden, aber in Ethik bekommen wir eine sechs.“ | |
Natürlich ist auch das nur eine Rede, aber eine starke. Und das ist es, was | |
man auf [2][der 76. UN-Vollversammlung] erwarten darf und muss: Ein | |
Aufbruchssignal, ein „wir haben verstanden“, die glaubwürdige Ankündigung, | |
jetzt ernst zu machen mit dem Kampf gegen Klimakrise, globale | |
Ungerechtigkeit, die Pandemie und neu aufflammende Kriege überall auf der | |
Welt. Diese Art von Rede hat US-Präsident Biden nicht gehalten. | |
## Wirtschaft statt Demokratie | |
Chinas Präsident Xi Jinping, Bidens international wohl bedeutendster | |
Widersacher, [3][ließ keinen Zweifel daran, dass er den neu formulierten | |
Führungsanspruch der USA bekämpfen wird]. Demokratie sei kein Sonderrecht, | |
das einem einzigen Staat zustehe, erklärte Xi und erteilte doch zugleich | |
dem „sogenannten Übergang zur Demokratie“ eine Absage: Letztlich gehe es | |
doch um die Wiederbelebung der Wirtschaft. | |
Entwicklung statt Menschenrechte: Das ist „Demokratie“, wie sie Xi Jinping | |
vorschwebt. In der UN-Vollversammlung hat er nach vier Jahren | |
US-amerikanischen Totalausfalls mehr Unterstützer als früher. Und so ist | |
die Rede Joe Bidens ein wichtiges Signal und natürlich ein Anfang. Die | |
Rückkehr zur Normalität in den US-Außenbeziehungen ist besser als alles, | |
was Donald Trump in den vergangenen Jahren geliefert hat. Doch es bleibt | |
die Erkenntnis, dass das nicht reicht. Letztlich war Bidens Auftakt vor der | |
UN-Vollversammlung leider nur normal. | |
22 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /USA-auf-der-UN-Vollversammlung/!5802596 | |
[2] https://www.un.org/en/ga/ | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=ynrc1sV_bDI | |
## AUTOREN | |
Marc Engelhardt | |
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