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# taz.de -- Nach dem Erdbeben auf Haiti: Überholte Hilfsreflexe
> Das neuerliche Erdbeben hat Haiti hart getroffen. Das Land braucht jetzt
> keine humanitäre Hilfe, sondern Unterstützung für einen politischen
> Prozess.
Bild: Haiti am Sonntag: Ein Feuerwehrmann sucht in den Trümmern eines Hauses n…
Dass auf [1][Haiti] weitere Erdbeben zukommen werden, war spätestens 2010
klar. Schon das erste, katastrophale Erdbeben war von
Wissenschaftler:innen vorhergesagt worden. Aber es fehlte dem, was man
den haitianischen Staat nennt, jede institutionelle Möglichkeit für
vorbeugende Maßnahmen wie den Ausbau des Katastrophenschutzes, die
Aufklärung über Verhaltensregeln bei Erdbeben wie die Errichtung
erdbebensicherer Gebäude.
Nun hat ein erneutes Erdbeben den Süden des Landes getroffen. Die weit über
Tausend Toten und Hunderttausenden Obdachlosen rufen traumatische
Erinnerungen hervor. Das Erdbeben von 2010 tötete nicht nur etwa 300.000
Menschen, sondern zerstörte auch die institutionelle und materielle
Infrastruktur in der Hauptstadt, auf die sich alles konzentrierte.
Der Wiederaufbau damals geschah unter Ägide der USA und westlicher Mächte,
militärisch unterstützt vom längsten UN-Militäreinsatz, der täglich eine
Million Dollar kostete. Das Ergebnis dieser humanitären Intervention ist
ein noch dysfunktionalerer Staat, in dem sich bereichert, wer Zugang zu
meist ausländischen Geldmitteln hat. Dafür wird auch gemordet, wie der noch
immer unaufgeklärte Tod des Präsidenten [2][Jovenel Moïse] zeigt.
Das neue Erdbeben ruft nun wieder globale Hilfsreflexe auf. Während Bilder
zeigen, wie die einheimische Bevölkerung Menschen rettet und in
nachbarschaftlicher Solidarität die Lage versucht unter Kontrolle zu
bringen, setzt sich eine internationale Hilfsmaschinerie in Gang, die auf
der Rede von der vorgeblichen Hilflosigkeit der Opfer basiert. Dieses
Denken greift auf Vorurteile zurück: dass im Land nichts vorliege, das zur
Rettung beitragen könne. Die in Hilfe verpackte alte koloniale Idee, die
lokale Kapazitäten missachtet, steht für ein veraltetes
Überlegenheitsdenken.
[3][Haiti] braucht jetzt Unterstützung für einen politischen Prozess, der
gemeinwohlorientierten Wiederaufbau ermöglicht. Nötig wäre eine nachhaltige
internationale Hilfe, die sich selbst abschaffen und lokale wie nationale
Strukturen stärken will.
17 Aug 2021
## LINKS
[1] /Schweres-Erdbeben-in-Haiti/!5793801
[2] /Artikel-mit-Haiti/!s=Haiti
[3] /Nach-Praesidentenmord-in-Haiti/!5784518
## AUTOREN
Katja Maurer
## TAGS
Haiti
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