# taz.de -- Frauenproteste in Afghanistan: Frauen an den Verhandlungstisch | |
> Verhandlungen mit den Taliban? Nur wenn Frauen beteiligt sind und ihre | |
> Rechte gewahrt bleiben. Das sind wir den mutigen Demonstrantinnen | |
> schuldig. | |
Bild: Afghaninnen protestieren in Kabul für ihre Rechte | |
Der Mut der Frauen ist atemberaubend. Am Freitag und Samstag demonstrierten | |
gut zwei Dutzend von ihnen in der afghanischen Hauptstadt Kabul für ihre | |
Rechte. Auf Papieren, die sie in den Händen hielten, stand „Wir sind nicht | |
die Frauen von vor 20 Jahren“ oder „Gleichheit – Gerechtigkeit – | |
Demokratie!“. Auf Videos ist zu sehen, wie die Frauen von 50 oder mehr | |
Taliban umzingelt sind und diese ihnen drohen. Lokale JournalistInnen | |
teilten das Video einer Frau, der Blut vom Kopf läuft. | |
Während der vergangenen Regierung der Taliban von 1996 bis 2001 durften | |
Frauen nur mit einer Burka verschleiert und in Begleitung eines männlichen | |
Familienmitglieds das Haus verlassen. Sie durften in der Öffentlichkeit | |
weder laut sprechen noch lachen, nicht zur Schule gehen und erst recht | |
nicht arbeiten. Nun haben die Taliban zwar einen gemäßigteren Kurs | |
versprochen. Doch die Chancen sind gering, dass von den in den vergangenen | |
20 Jahren erkämpften und praktizierten Frauenrechten viel übrig bleibt. | |
Es ist deshalb zwingend, dass Frauenrechte zur Grundvoraussetzung für | |
Verhandlungen mit den Taliban gemacht werden. Das bedeutet erstens, dass | |
diese Verhandlungen keine unter Männern werden dürfen. Die Taliban müssen | |
von vornherein akzeptieren, was gleiche Rechte bedeuten: Frauen sitzen mit | |
am Verhandlungstisch. | |
Zudem müssen [1][Frauenrechtlerinnen] und ihre Angehörigen als besonders | |
schutzbedürftige Personen eingestuft werden. Diejenigen, die sich exponiert | |
haben und etwa als Juristinnen Sexualstraftäter hinter Gitter gebracht oder | |
Frauen bei Scheidungen geholfen haben, sind nun extrem gefährdet. Sie | |
brauchen sichere Wege, um das Land verlassen, und Aufnahmeprogramme, um | |
anderswo sicher leben zu können. | |
Und schließlich müssen für afghanische Frauen die Grund- und Menschenrechte | |
gelten. Mädchen müssen zur Schule gehen und ihre Meinung äußern dürfen, | |
Frauen müssen arbeiten können, auch und gerade in politischen Ämtern, wie | |
die Demonstrantinnen forderten. Ob und inwiefern die Taliban mögliche | |
Zusagen einhalten würden, wird sich nur langfristig zeigen. | |
Schon jetzt aber fordern sie finanzielle Unterstützung, humanitäre Hilfe | |
und „offizielle diplomatische Beziehungen“ etwa von und mit Deutschland. | |
Kurzfristig also muss [2][die deutsche und internationale Bedingung], um | |
überhaupt mit den Taliban zu sprechen, das uneingeschränkt gleiche Recht | |
für Frauen sein. | |
Außenminister Heiko Maas (SPD), der sich Frauenrechte auf die Fahnen | |
schreibt und sich für die Umsetzung der Agenda „Frauen, Frieden, | |
Sicherheit“ des UN-Sicherheitsrats einsetzte, hat nun Gelegenheit zu | |
zeigen, wie ernst es ihm damit ist. „Wenn man Frauen ihre Würde nimmt, ist | |
es nicht nur eine Gerechtigkeitsfrage. Wenn man Frauen ihre Würde nimmt, | |
erlöschen Zukunftsperspektiven ganzer Generationen“, sagte er im Juni | |
dieses Jahres. | |
[3][Gespräche mit den Taliban] laufen bereits. Es liegt nun an Maas, sich | |
für die Sicherheit und Rechte der Frauen ebenso einzusetzen wie für die der | |
deutschen Staatsbürger und Ortskräfte. | |
5 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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