| # taz.de -- Forderungen von DrehbuchautorInnen: Weil sie es sich wert sind | |
| > Mehr Kontroll- und Mitbestimmungsrechte: Zahlreiche DrehbuchautorInnen | |
| > haben sich zur Initiative „Kontrakt 18“ zusammengeschlossen. | |
| Bild: Warten auf den Einsatz: Die Spurensicherung beim Dreh eines Franken-“Ta… | |
| Lange haben DrehbuchschreiberInnen aus Deutschland neidisch auf die | |
| Entwicklung in anderen Ländern schauen müssen. Dorthin, wo AutorInnen im | |
| Zuge des weltweiten Serienbooms einen zentralen Status als kreative Dreh- | |
| und Angelpunkte der Produktionen eingenommen haben. In die USA | |
| beispielsweise oder nach Skandinavien. Und obwohl Titel wie „Deutschland | |
| 83“, „4 Blocks“, „Babylon Berlin“ oder „Dark“ die hiesige Serienl… | |
| in der öffentlichen Wahrnehmung und auf dem internationalen Markt | |
| attraktiver gemacht haben, ging diese Entwicklung nicht zwangsläufig mit | |
| einem neuen Status derjenigen einher, die mit ihren Ideen und Büchern die | |
| essentielle Grundlage für die Qualität und den Erfolg dieser Serien, Reihe | |
| und TV-Filme verantworten. | |
| Das zeigte sich zuletzt Anfang des Jahres bei der Einladungspolitik des | |
| Deutschen Fernsehpreises, für den der ARD-Zweiteiler „Brüder“ nominiert | |
| war, allerdings nur Regisseur, Produzentin, Redakteur und Schauspieler zur | |
| Verleihung eingeladen wurden – aber nicht die Drehbuchautorin Kristin | |
| Derfler. Sie verfasste daraufhin ein Facebook-Posting, in dem sie die | |
| langjährige Ignoranz und Verlogenheit der Branche anprangerte. [1][Der | |
| Eklat war da]. Und die Solidarität groß. | |
| „Es gibt hierzulande Strukturen und Traditionen, die einfach nicht mehr | |
| zeitgemäß sind und zur Folge haben, dass den Schöpfern viel zu oft die | |
| kreative Kontrolle über ihre eigenen Werke entzogen wird“, so Volker A. | |
| Zahn, der zusammen mit seiner Frau Eva zu den wichtigsten Fernsehautoren | |
| für ARD- und ZDF-Produktionen, wie „Tatort“, „Ein starkes Team“, „Be… | |
| Block“ oder ausgezeichneten Fernsehfilmen zählt. „Das ist mitunter fatal: | |
| Das Buch bis zur Drehfassung zu verantworten, bedeutet ja auch, die innere | |
| Logik der Figuren und Dramaturgie, an der wir verdammt lange feilen, zu | |
| wahren. Mit unbedachten Änderungen und Eingriffen ins Skript kann eine | |
| akribisch durchkomponierte Konstruktion wie ein Drehbuch ganz schnell in | |
| sich zusammenfallen.“ | |
| Zusammen mit ihren Kolleginnen Derfler, Annette Hess („Ku’damm 56 & 59“) | |
| sowie Orkun Ertener („KDD – Kriminaldauerdienst“) haben sie die | |
| Fernsehpreis-Debatte zum Anlass genommen, um tatsächlich eine konkrete | |
| Änderung der Verhältnisse anzustoßen. Mit der Initiative [2][„Kontrakt 18�… | |
| haben sie „in Form einer Selbstverpflichtung zukünftige Vertrags- und | |
| Verhaltensstandards formuliert, die in anderen Ländern längst | |
| selbstverständlich sind und dort zur Qualität von Filmwerken nachhaltig | |
| beitragen“, so die Pressemitteilung. | |
| ## Sechs Forderungen | |
| Mittlerweile haben sich mehr als 90 namhafte und preisgekrönte | |
| Drehbuchautorinnen und -autoren dazu verpflichtet, zukünftig einen | |
| 6-Punkte-Katalog in ihre Vertragsverhandlungen für neue Film- und | |
| Serienprojekte aufzunehmen, der ihnen mehr Kontroll- und | |
| Mitbestimmungsrechte einräumt, wie die Verantwortung des Buches bis zur | |
| endgültigen Drehfassung, ihre Einbeziehung in die Besetzung der Regie, | |
| Leseproben und Rohschnitte. Auch Buchbearbeitungen sollen nur noch nach | |
| Absprache mit den ausgeschiedenen Kolleginnen und Kollegen übernommen | |
| werden. | |
| Das solidarische Auftreten und prominente Unterstützerinnen wie Rolf | |
| Basedow, Anika Decker, Michael Gantenberg oder Dorothee Schön verleihen den | |
| Forderungen Nachdruck: „Der Kontrakt 18 ist ein politisches Signal, das | |
| natürlich um so auffälliger ist, je namhafter die Unterzeichnerinnen und | |
| Unterzeichner sind“, sagt Volker A. | |
| Zahn, der den längst überfälligen Vorstoß nicht als Revolution oder | |
| Kampfansage verstanden haben will, sondern als konstruktives Angebot. „Die | |
| fortschrittlichen und klugen Kreativpartner aus den Bereichen Produktion, | |
| Redaktion und Regie haben mit unserem Forderungs-Katalog keine Probleme. | |
| Diese Leute wissen längst, dass es an der Zeit ist, mit den Autorinnen und | |
| Autoren auf Augenhöhe zu arbeiten“, ergänzt Eva Zahn. „Keine unserer | |
| Forderungen wird Produktionsfirmen oder Sender mehr Geld kosten. Ganz im | |
| Gegenteil: Wir bieten an, uns mehr einzubringen, wir sagen: Nutzt doch | |
| endlich das ganze schöpferische Potenzial, das wir Autorinnen und Autoren | |
| euch anbieten!“ | |
| Ob das die bisherigen Platzhirsche in Produktionsfirmen und Sendern auch so | |
| sehen? Verstehen auch sie die neuen Ansprüche der Autoren als Chance? Oder | |
| empfinden sie „Kontrakt 18“ als Diktat, das eine Bedrohung ihrer lang | |
| gehegten Kompetenzen und Privilegien bedeutet? | |
| 9 Jun 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5477539 | |
| [2] http://www.kontrakt18.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Mayer | |
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