# taz.de -- Erneuerbare-Energien-Gesetz im Bundestag: Was machen mit der Solara… | |
> Wenn kleine Solaranlagen aus der EEG-Förderung fallen, könnten sie | |
> problemlos weiterlaufen – wären da nicht komplizierte und teure Regeln. | |
Bild: Die Förderung von 20 Jahre alten Solaranlagen läuft zum Jahresende aus.… | |
FREIBURG taz | Solarpioniere sind derzeit ratlos: Photovoltaikanlagen, die | |
bis zum Jahr 2000 ans Netz gingen, fallen zum Jahreswechsel aus der | |
Vergütung nach dem [1][Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)]. Bundesweit | |
betrifft das fast 18.400 sogenannte Ü20-Anlagen mit zusammen 114 Megawatt. | |
Es sind zu 93 Prozent Kleinanlagen unter 7 Kilowatt. | |
Theoretisch könnten diese – weil längst amortisiert – auch ohne Förderung | |
weiterbetrieben werden. Zumindest, solange keine größeren Reparaturen | |
anfallen. Doch das geltende Recht verleidet den Weiterbetrieb. | |
Derzeit gibt es nämlich für Anlagenbetreiber nur vier Optionen, die | |
allesamt keine echten Alternativen sind. Man könnte – erstens – „wild“ | |
einspeisen, seinen Strom also kostenlos ins Netz abgeben. Mancher | |
Solarpionier wäre dazu sogar bereit, allein der Sache wegen. Das aber ist | |
rechtlich heikel. Man könnte – zweitens – seinen Strom selbst vermarkten. | |
Dabei sind jedoch komplexe, energiewirtschaftliche Regularien einzuhalten. | |
Bei größeren Anlagen wird diese Dienstleistung oft an einen | |
Direktvermarkter übertragen, bei kleinen Anlagen lohnt sich das nicht, weil | |
die Transaktionskosten die Stromerlöse auffressen. | |
Die dritte Option wäre der Eigenverbrauch des Stroms, eventuell mitsamt | |
Speicher. Dann aber muss nach heutiger Rechtslage sichergestellt sein, dass | |
keine einzige Kilowattstunde ins Netz fließt, was einen oft teuren Umbau | |
der Hausinstallation bedeutet. Kriegt man die komplette Eigennutzung nicht | |
hin, muss man den Überschussstrom wiederum aufwendig vermarkten – samt | |
viertelstündlicher Datenerfassung. Als eine Sonderform des Eigenverbrauchs | |
bliebe noch der Inselbetrieb: Man trennt die Anlage vom Netz und speist mit | |
ihr separate Verbraucher. Praktikabel ist aber auch das eher selten. | |
## Es fehlt eine praxistaugliche Lösung | |
Die vierte Option schließlich wäre geradezu aberwitzig: Man legt seine | |
funktionstüchtige Anlage still. Um das zu vermeiden, wurden auch die | |
Ökostromer schon aktiv. Gerade haben die EWS Schönau eine Auffanglösung für | |
250 Anlagen vorgestellt – ein Symbolprojekt, kein Geschäftsmodell. | |
Es muss also eine praxistaugliche politische Lösung her, wenn man die | |
Altanlagen – oft auch als ausgefördert bezeichnet – erhalten will. Mit der | |
Novelle des EEG, die ohnehin ansteht, könnte der Weg dafür geebnet werden, | |
[2][doch der aktuelle Entwurf, der am Freitag erstmals im Bundestag | |
verhandelt wird,] hilft den Betreibern kaum weiter. | |
Dabei klingt die grundsätzliche Idee erst einmal fair: Betreiber sollen | |
nach Ende der [3][EEG-Vergütung] ihren Strom unkompliziert (wie bisher nach | |
EEG) an den örtlichen Netzbetreiber abgeben können – nur eben zu | |
Marktkonditionen von wenigen Cent je Kilowattstunde und [4][nicht mehr zum | |
geförderten Fixpreis]. Der Haken jedoch: Wer nur einen Teil seines Stroms | |
einspeisen und den anderen selbst nutzen will (was den Weiterbetrieb erst | |
attraktiv macht), muss wiederum in aufwendige Messtechnik investieren. | |
Damit ist auch diese Lösung erheblich blockiert. | |
## Hersteller von Smart Metern profitieren | |
Die Einzigen, die von einem solchen Konzept profitierten, so hört man aus | |
den Reihen des Bundestags, seien die Hersteller der Smart Meter. Deswegen | |
will die SPD-Fraktion, unterstützt durch die per Bundesrat mitbestimmenden | |
Grünen, die Pflicht zum Einbau eines solchen Messsystems für Anlagen unter | |
7 Kilowatt ersatzlos streichen. | |
Schließlich bietet die Organisationsweise des Strommarkts eine eingespielte | |
Alternative. Der Stromverbrauch von Haushalten nämlich wird von jeher nur | |
mit einem Summenzähler abgerechnet, unabhängig davon, zu welchen Zeiten der | |
Kunde Strom bezieht. Die Stromwirtschaft nutzt dann für die interne | |
Organisation ein sogenanntes Standardlastprofil, das den durchschnittlichen | |
Verlauf der Nachfrage abbildet. | |
Branchenkenner, wie etwa die Denkfabrik Agora Energiewende, propagieren | |
nun, im gleichen Stil für Haushalte mit Photovoltaikanlage ein gesondertes | |
Standardprofil zugrundezulegen. Dann würde auch die Einspeisung von | |
Überschüssen nur noch in Summe gemessen und nach diesem | |
„Prosumer-Lastprofil“ (ein Kunstwort aus Produzent und Konsument) | |
abgerechnet. | |
Ob eine derart pragmatische Lösung kommt, ist offen. Voraussichtlich in der | |
letzten Novemberwoche soll das neue EEG in seiner Endfassung verabschiedet | |
werden, zum 1. Januar soll es in Kraft treten. | |
30 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/er… | |
[2] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/gesetz-zu… | |
[3] https://www.solaranlage.eu/photovoltaik/wirtschaftlichkeit/einspeiseverguet… | |
[4] https://www.solaranlage.eu/photovoltaik/wirtschaftlichkeit/einspeiseverguet… | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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