# taz.de -- Entspannung in Korea: Kein K-Pop mehr für den Norden | |
> Eine Eskalation zwischen Nord- und Südkorea scheint abgewendet. Die | |
> verfeindeten Staaten konnten die jüngste Krise doch noch entschärfen. | |
Bild: Hat den Hut auf: General Hwang Pyong So (links) und Südkoreas Wiedervere… | |
BERLIN taz | Nach 43-stündigem Verhandlungsmarathon haben sich die beiden | |
Koreas am frühen Dienstag geeinigt: Während der Norden sein Bedauern für | |
die Landminenexplosion an der Demarkationslinie aussprach, baute der Süden | |
seine dortigen Lautsprecher ab. Die Grenztruppen wurden wieder abgezogen | |
und beide Seiten haben eine neue Familienzusammenführung angedacht. Dabei | |
musste keiner der verfeindeten Staaten ein wirkliches Zugeständnis machen. | |
„Beide Seiten sind Kompromisse eingegangen“, sagte der Koreanologe John | |
Delury der Agentur Reuters. Nordkorea habe sich um die geforderte | |
Entschuldigung herumgedrückt, doch zugleich eine Lösung angeboten, womit | |
beide Seiten ihr Gesicht wahren können. | |
Nur Stunden später ließ Nordkorea Zweifel an der Aufrichtigkeit der | |
Einigung aufkommen: Verhandlungsführer Hwang Pyong So, zweitmächtigster | |
Mann des Landes, verkündete: „Der Süden sollte eine wichtige Lektion | |
gelernt haben – dass es zu einem bewaffneten Konflikt kommt, wenn er wieder | |
einen grundlosen Streitfall kreiert und die andere Seite provoziert.“ | |
Hwang spielt dabei auf die Minenexplosion vom 4. August an, bei der zwei | |
südkoreanische Soldaten ihre Beine verloren. Eine UN-Untersuchung machte | |
Nordkorea als Schuldigen aus, doch scheint Pjöngjang keine Verantwortung zu | |
übernehmen. Auch einige Experten hegen Zweifel. Der langjährige | |
Korea-Beobachter Michael Bassett, der als US-Soldat an der Grenze | |
stationiert war, vermisst einen eindeutigen Beweis. | |
## Jungdiktator mit mangelnder Erfahrung | |
Ohnehin steht hinter der Frage nach dem Warum ein großes Fragezeichen. | |
Experten sind sich einig, dass das übergeordnete Ziel des Regimes in | |
Nordkorea seine Selbsterhaltung ist. Dabei wird Kim Jong Un stets als | |
verrückter „Dr. Seltsam“ dargestellt, dem in seiner Irrationalität alles | |
zuzutrauen sei – ein offensichtlicher Widerspruch. Tatsächlich provoziert | |
Pjöngjang regelmäßig seinen südlichen Nachbarn, doch stets mit | |
einhergehenden versöhnlichen Gesten. | |
Analysten fürchten die mangelnde Erfahrung des Jungdiktators: Um seine | |
Macht zu zeigen, hat Kim bisher weder mit Raketentests noch Exekutionen | |
hoher Kader gegeizt. All das könne seinen Führungszirkel zu | |
Kurzschlussreaktionen anstacheln, schließlich stünde jeder unter Druck, | |
seine Loyalität zu beweisen. | |
Dabei lassen sich die Südkoreaner nicht so schnell aus der Ruhe bringen. | |
Panikkäufe blieben aus, Restaurants in der Hauptstadt Seoul blieben bestens | |
besucht. „Wann immer wir hören, dass uns Nordkorea zerstören will, nehmen | |
wir an, dass sie wieder mal Hilfe erzwingen wollen“, zitiert der Korea | |
Herald einen Studenten. | |
Zumindest mit der Beschallung der 48 Lautsprecheranlagen ist jetzt Schluss. | |
Politische Botschaften wie „Kim Jong Uns inkompetentes Regime versucht die | |
Welt mit seinen faulen Lügen zu täuschen“ schickte der Süden bis zu 20 | |
Kilometer gen Norden. Zugleich forderte das Verteidigungsministerium, das | |
Rundfunkprogramm nicht „Anti-Pjöngjang-Propaganda“ zu nennen. Es sei | |
vielmehr eine „Stimme der Hoffnung“. Nordkorea wurde übrigens auch mit | |
K-Pop beschallt. „Bang Bang Bang“ hieß ein Lied. | |
25 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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