# taz.de -- Empörung über ukrainischen Botschafter: Auf dünnem Eis | |
> Andrij Melnyks Äußerungen über den Nationalistenführer Stepan Bandera | |
> sind geschichtsrevisionistisch. Sie schaden auch seinem eigenen Land. | |
Bild: Diplomat mit undiplomatischem Auftreten: Ukraines Borschafter Andrij Meln… | |
Andrij Melnyk ist der wohl undiplomatischste Diplomat in Berlin. Der | |
ukrainische Botschafter nannte den Bundeskanzler eine „Leberwurst“. | |
Unterzeichner offener Briefe bezeichnete er als „pseudointellektuelle | |
Versager, die sich zum Teufel scheren“ sollten. Angesichts seiner losen | |
Zunge, aber auch seinen vehementen Forderungen nach der Lieferung schwerer | |
Waffen lassen sich die deutschen Sympathien für ihn als durchaus | |
ausbaufähig bezeichnen. [1][Aber so wichtig ist Melnyk dann doch nicht]. | |
Jetzt allerdings hat der Botschafter der Ukraine einen Bärendienst | |
erwiesen, als er den ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera | |
(1909–1959) von Vorwürfen des Mordes an Polen und Juden reinzuwaschen | |
versuchte. Diese Darstellung ist historisch nicht haltbar. Bandera hat | |
aktiv dazu beigetragen, dass diese Menschen in den 1940er Jahren verfolgt, | |
vertrieben und ermordet worden sind. Die Belege dazu lassen sich in jeder | |
Fachbibliothek finden. | |
Nun gilt Bandera in der Ukraine heute als einer der Vorkämpfer für die | |
Unabhängigkeit, was zweifellos auch richtig ist. Für ihn werden Standbilder | |
errichten und Straßen umbenannt. Im ukrainischen Diskurs gilt Melnyks | |
Aussage als durchaus akzeptabel, wenn auch dort Stimmen laut werden, die | |
eine Korrektur der historischen Figur verlangen. Und selbstverständlich hat | |
Melnyk mit der Aussage recht, [2][dass Bandera von Russland als Feindbild | |
gegen die angeblich in der Ukraine regierenden „Nazis“ genutzt wird]. | |
Doch historische Ausflüge, die daheim auf Zustimmung stoßen mögen, sind in | |
einem Krieg, den die Ukraine nur mit Unterstützung von außen bestehen kann, | |
alles andere als hilfreich. „Absolut inakzeptabel“, hieß es aus Polen zu | |
Melnyks Worten, eine „Verharmlosung des Holocaust“ nannte die israelische | |
Botschaft dessen Äußerung zu Recht. Das Außenministerium in Kiew musste | |
sich eilig von seinem eigenen Botschafter distanzieren. | |
Die Behauptungen Melnyks verweisen darauf, dass die [3][unverbrüchliche | |
Freundschaft] zur Ukraine in diesem Angriffskrieg historisch auf dünnem Eis | |
steht. Um Andrij Melnyk ist es plötzlich ungewöhnlich still geworden. | |
3 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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