# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: 38 Tote in Odessa | |
> Bei einem Raketenangriff sind mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. | |
> Das ukrainische Außenministerium distanziert sich von Äußerungen des | |
> Botschafters Melnyk. | |
Bild: Nach dem russischen Raketenangriff auf eine Wohnsiedlung in Odessa | |
## 🐾 Historiker über den Vergleich zwischen Putin und Hitler | |
Immer wieder werden Analogien zwischen Putin und den Nazis gezogen. | |
Historiker Ulrich Herbert sieht das als Versuch einer Entlastung deutscher | |
Schuld. Ein Interview von taz-Parlamentskorrespondent [1][Stefan Reinecke]. | |
## Krieg verteuert Agrarprodukte in EU um fast zehn Prozent | |
Der Krieg in der Ukraine hat die globalen Agrarmärkte massiv gestört und | |
treibt die Preise für wichtige Produkte und Betriebsmittel wie Dünger und | |
Tierfutter stark nach oben. Der durchschnittliche Preis für Waren und | |
Dienstleistungen in der Landwirtschaft der EU stieg im ersten Quartal | |
dieses Jahres um 9,5 Prozent im Vergleich zum Ende 2021, wie das | |
Statistikamt Eurostat der Europäischen Union (EU) am Freitag mitteilte. | |
Deutlich verteuerten sich dabei Dünge- und sogenannte | |
Bodenverbesserungsmittel mit 21,2 Prozent, Energie und Schmierstoffe mit | |
17,4 Prozent und Tierfutter mit 9,2 Prozent. Der durchschnittliche Preis | |
für landwirtschaftliche Erzeugnisse stieg um sechs Prozent. | |
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine bremst die Lieferungen von | |
Speiseölen und Düngemitteln aus der Schwarzmeerregion und hat die Preise | |
für Weizen, Soja und Mais zu Beginn des Jahres in die Nähe von Rekordwerten | |
steigen lassen. Russland ist auch ein wichtiger Exporteur von Düngemitteln, | |
während die Ukraine ein wichtiger Lieferant von Mais und Sonnenblumenöl | |
ist. | |
Der Durchschnittspreis für Düngemittel und Bodenverbesserungsmittel hat | |
sich Anfang 2022 binnen Jahresfrist fast verdoppelt, während die Preise für | |
Energie und Schmiermittel im ersten Quartal um knapp 56 Prozent stiegen. | |
Die höheren Kosten für Getreide und Energie schlugen sich in einem Anstieg | |
der Durchschnittskosten bei Futtermitteln von fast 23 Prozent nieder. Die | |
Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide, Ölsaaten, Rinder, | |
Geflügel und Milch stiegen im Vergleich zum ersten Quartal 2021 zwischen 21 | |
und 52 Prozent. (rtr) | |
## Staat wird bei akuter Gaskrise nicht alles ausgleichen können | |
Bei ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland wird der Staat | |
Bundesfinanzminister Christian Lindner zufolge nicht alle negativen Folgen | |
für Bürger:innen und Unternehmen auffangen können. Der FDP Politiker | |
sagte, dass der Staat nicht mehr Schulden machen werde als wirklich nötig. | |
„Schulden treiben auch die Inflation“, so Lindner. Er wolle die ohnehin | |
schon hohe Inflation nicht weiter befeuern mit übermäßigen Staatsausgaben. | |
Indirkt forderte der Finanzminister andere europäische Länder auf, mehr | |
Geld für die Ukraine bereitzustellen. Deutschland habe zuletzt einen | |
Zuschuss von einer Milliarde Euro der Regierung in Kiew zugesagt, um sich | |
nach dem russischen Angriff halten zu können. Das sollte berücksichtigt | |
werden, wenn über weitere Hilfen diskutiert werde. Deutschland sei bereits | |
sehr engagiert, alle Staaten müssten entsprechend ihren wirtschaftlichen | |
Möglichkeiten tätig werden. (rtr) | |
## Kiew: Russische Truppen versuchen Einkreisung von Lyssytschansk | |
Die Lage im Osten der Ukraine rund um die von russischen Truppen | |
[2][belagerte Großstadt Lyssytschansk] spitzt sich nach Angaben aus Kiew | |
zu. „Der Feind konzentriert seine Hauptanstrengungen auf die Einkreisung | |
der ukrainischen Soldaten in Lyssytschansk von Süden und Westen her und die | |
Herstellung der vollständigen Kontrolle über das Gebiet Luhansk“, teilte | |
der ukrainische Generalstab am Freitag in seinem Lagebericht mit. Von | |
unabhängiger Seite sind Angaben aus den Kampfgebieten kaum zu überprüfen. | |
Nach Angaben aus Moskau haben russischen Truppen die Öl-Raffinerie in der | |
umkämpften ostukrainischen Stadt Lyssytschansk eingenommen. Dies meldet die | |
Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. | |
Lyssytschansk ist die letzte größere Bastion der ukrainischen Streitkräfte | |
in der Region Luhansk. | |
Lyssytschansk ist der letzte große Ort im Gebiet Luhansk, den die | |
ukrainischen Truppen noch halten. Die Eroberung des Gebiets ist eines der | |
erklärten Kriegsziele Moskaus. Auch in den Vororten der Großstadt wird | |
gekämpft. Der russische Versuch, ein Teilstück der Versorgungsroute | |
Bachmut-Lyssytschansk unter Kontrolle zu bringen, sei hingegen gescheitert, | |
berichtete der Generalstab. Zugleich haben die russischen Truppen nach | |
ukrainischen Angaben ihre militärischen Aktivitäten Richtung Kramatorsk | |
verstärkt. Die Großstadt Kramatorsk ist der südliche Punkt des | |
Ballungsraums Slowjansk-Kramatorsk, der vor dem Krieg rund eine halbe | |
Million Einwohner hatte. | |
Bisher hatten die russischen Truppen vor allem vom Norden her versucht, auf | |
den Raum vorzurücken. Auch am Freitag wurden aus dieser Richtung | |
Artilleriegefechte aus mehreren Vororten von Slowjansk gemeldet. Eine | |
russische Bodenoffensive gab es hier nach ukrainischen Informationen | |
allerdings nicht. Unabhängig konnten die Angaben nicht überprüft werden. | |
(dpa/rtr) | |
## 🐾 Energiekrise im Krieg | |
Die Gaspreise werden weiter stark ansteigen. Ärmeren sollte geholfen – das | |
Prinzip Gießkanne à la Tankrabatt aber unbedingt vermieden werden. | |
taz-Redakteurin [3][Ulrike Hermann kommentiert]. | |
## Ukraine exportiert Strom in die EU | |
Die Ukraine hat mit der Stromübertragung nach Rumänien begonnen. „Dank der | |
ukrainischen Elektrizität kann ein erheblicher Teil des russischen Gases, | |
das die europäischen Verbraucher benötigen, ersetzt werden“, sagt der | |
ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in seiner nächtlichen | |
Videoansprache. Die Aufnahme der Stromübertragung nach Rumänien sei der | |
Beginn eines Prozesses, der Europa helfen könnte, seine Abhängigkeit von | |
russischen Brennstoffen zu verringern. Seit Mitte März hatte die Ukraine | |
ihr Energienetz mit dem Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber | |
synchronisiert. (rtr) | |
## Tote bei Raketenangriff in Odessa | |
Bei einem russischen Raketenangriff auf ein Wohngebäude [4][in der | |
südukrainischen Region Odessa] sind nach ukrainischen Angaben mindestens 38 | |
Menschen getötet worden. Die ukrainischen Rettungsdienste sprachen am | |
Freitag von 18 Toten und 30 Verletzten. Unter den Verletzten seien drei | |
Kinder. Die Rettungsarbeiten würden andauern, sie würden aber durch ein | |
Feuer erschwert. | |
Der Sprecher der Regionalverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, hatte | |
zuvor erklärt, von der Rakete sei ein neunstöckiges Wohnhaus in der Gegend | |
von Bilhorod-Dnistrowsky rund 80 Kilometer südlich der Hafenstadt Odessa | |
getroffen worden. Demnach wurde die Rakete von einem über dem Schwarzen | |
Meer fliegenden Flugzeug aus abgefeuert. | |
Nach ukrainischen Angaben wurde das Wohngebäude durch den Angriff teilweise | |
zerstört. Die Rettungskräfte hatten zunächst von sechs Toten und sieben | |
Verletzten gesprochen. Später stieg die Zahl der Toten auf zehn und dann | |
auf 14. Erst am Montag waren bei einem Raketenangriff auf ein | |
Einkaufzentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk mindestens 18 | |
Menschen getötet worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine | |
Verantwortung der Streitkräfte seines Landes bestritten. | |
Der Raketenangriff auf das Wohnhaus in der Region Odessa ereignete sich | |
kurz nachdem Russland sich von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen | |
Meer zurückgezogen hatte. Während Moskau am Donnerstag von einer „Geste des | |
guten Willens“ sprach, feierte Kiew den Abzug der russischen Soldaten als | |
wichtigen militärischen Sieg: Die Soldaten hätten die Schlangeninsel | |
verlassen, „da sie dem Feuer unserer Artillerie, Raketen und Luftangriffe | |
nicht standhalten konnten“, erklärte der ukrainische Armeechef Walerij | |
Saluschny. (afp/dpa) | |
## Selenski: Russischer Rückzug von Schlangeninsel verbessert Lage | |
Der russische Rückzug von der Schlangeninsel gibt der Ukraine nach Worten | |
von Präsident Wolodimir Selenski eine bessere Position. „Die Schlangeninsel | |
ist ein strategischer Punkt und das verändert erheblich die Situation im | |
Schwarzen Meer“, sagte Selenski in seiner täglichen Videoansprache in der | |
Nacht zum Freitag. Die Handlungsfreiheit des russischen Militärs werde | |
dadurch deutlich eingeschränkt, auch wenn dies noch keine Sicherheit | |
garantiere. (dpa) | |
## 🐾 Russischer Abzug von Schlangeninsel | |
Wachablösung auf der Schlangeninsel: Russische Truppen haben die Insel im | |
Schwarzen Meer am Donnerstag verlassen. Bei dem Rückzug handele es sich um | |
eine Geste des guten Willens, teilte das Moskauer Verteidigungsministerium | |
mit. Die Ukraine hingegen feiert dies als Sieg. taz-Auslandsleiterin | |
[5][Barbara Oertel berichtet]. | |
## Ukrainisches Außenministerium distanziert sich von Äußerungen des | |
ukrainischen Botschafters Melnyk | |
Das ukrainische Außenministerium hat sich von Äußerungen des Botschafters | |
in Berlin, Andrij Melnyk, über den früheren Nationalistenführer Stepan | |
Bandera (1909-1959) distanziert. „Die Meinung des ukrainischen Botschafters | |
in Deutschland, Andrij Melnyk, die er in einem Interview mit einem | |
deutschen Journalisten ausgedrückt hat, ist seine persönliche und gibt | |
nicht die Position des ukrainischen Außenministeriums wider“, teilte die | |
Behörde in der Nacht zum Freitag auf ihrer offiziellen Webseite mit. Melnyk | |
wurde in Deutschland auch durch Kritik an der Ukraine-Politik der | |
Bundesregierung bekannt. | |
Das Außenministerium dankte in dem Statement, das in englischer Sprache | |
verfasst wurde, zudem Warschau für die derzeitige „beispiellose Hilfe“ im | |
Krieg gegen Russland. Wörtlich heißt es darin: „Wir sind überzeugt, dass | |
die Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen derzeit auf ihrem Höhepunkt | |
sind.“ In Polen waren Melnyks Äußerungen auf Kritik gestoßen. Der | |
Botschafter hatte Bandera im Interview mit dem Journalisten Tilo Jung in | |
Schutz genommen und gesagt: „Bandera war kein Massenmörder von Juden und | |
Polen.“ Dafür gebe es keine Belege. Als Botschafter ist Melnyk dem | |
Außenministerium unterstellt. | |
Bandera war ideologischer Führer des radikalen Flügels der Organisation | |
Ukrainischer Nationalisten (OUN). Nationalistische Partisanen aus dem | |
Westen der Ukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Vertreibungen | |
verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische Zivilisten ermordet | |
wurden. Bandera floh nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland, wo er | |
1959 von einem Agenten des sowjetischen Geheimdienstes KGB ermordet wurde. | |
(rtr/dpa) | |
## 🐾 Prag übernimmt EU-Ratspräsidentschaft | |
Tschechien übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft. Überschattet vom Krieg, | |
startet die Regierung mit großen politischen Versprechungen. | |
taz-Korrespondentin [6][Alexandra Mostyn berichtet]. | |
1 Jul 2022 | |
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[4] /Hochkultur-in-Odessa/!5863564 | |
[5] /Russischer-Abzug-von-Schlangeninsel/!5864764 | |
[6] /Prag-uebernimmt-EU-Ratspraesidentschaft/!5861314 | |
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