| # taz.de -- Einstufung des Verfassungsschutzes: Entscheidung zur AfD verzögert… | |
| > Mit einer Klage bremst die AfD den Verfassungsschutz aus. Ihre Einstufung | |
| > als rechtsextremer Verdachtsfall könnte zur Hängepartie werden. | |
| Bild: Einstufung in den Sand gesetzt? Der Chef des Bundesverfassungsschutzes, T… | |
| Berlin taz | Es hätte ein großer Schlag werden können, doch nun haben der | |
| Verfassungsschutz und der Innenminister den ersten Schritt dazu | |
| verstolpert. Wohl noch diese Woche sollte die gesamte [1][AfD] als | |
| rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft werden. So berichteten es mehrere | |
| Medien, [2][darunter die taz]. Daraufhin aber reichte die AfD Eilanträge | |
| vor dem Verwaltungsgericht Köln ein – und konnte das Prozedere damit | |
| vorerst verzögern. | |
| Ein Sprecher des Kölner Verwaltungsgerichts bestätigte am Montag der taz, | |
| dass der Verfassungsschutz auf die Eilanträge eine „Stillhaltezusage“ | |
| ankündigte. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts würde das Bundesamt | |
| damit nicht aktiv werden. | |
| Offen aber blieb, worauf genau sich die Stillhaltezusage bezog. Denn die | |
| AfD hatte sowohl gegen eine Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall | |
| geklagt als auch gegen eine entsprechende öffentliche Verkündung. Möglich | |
| wäre also, dass der Verfassungsschutz in Sachen AfD nun vorerst gar nichts | |
| unternimmt. Oder, was durchaus auch möglich ist, dass er nur die | |
| öffentliche Verkündung unterlässt – intern die Partei aber als | |
| Verdachtsfall einstuft. | |
| Das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte sich dazu nicht äußern. „Mit | |
| Blick auf das laufende Verfahren und aus Respekt vor dem Gericht äußern wir | |
| uns in dieser Angelegenheit nicht öffentlich“, sagte eine Sprecherin der | |
| taz. Auch der Gerichtssprecher wollte sich zu Details des Verfahrens nicht | |
| äußern. Er ließ ebenso offen, wann das Gericht über die Eilklagen | |
| entscheiden werde. | |
| ## Die Bundestagswahl im Nacken | |
| Damit könnte eine mögliche Neueinstufung der AfD zur Hängepartie werden. | |
| Bereits seit Anfang 2019 ist die Partei als Prüffall beim Bundesamt | |
| eingestuft. Nach zweijähriger Prüfung wollte der Geheimdienst nun zu | |
| Jahresbeginn seine Entscheidung verkünden, ob eine Hochstufung als | |
| Verdachtsfall erfolgt, ob also „gewichtige Anhaltspunkte“ für | |
| verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen – oder eben nicht. Dies sollte | |
| jetzt erfolgen, auch um nicht zu nah an die baldig beginnenden Landtags- | |
| und Bundestagswahlkämpfe heranzurücken und sich dem Vorwurf auszusetzen, | |
| diese zu beeinflussen. Nun aber droht genau das zu passieren. | |
| Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), dessen Haus die Fachaufsicht über | |
| die Einstufung hat und das Gutachten des Verfassungsschutzes zuletzt | |
| intensiv prüfte, sagte zu der Verzögerung am Montag nichts. Auch hier die | |
| Begründung einer Sprecherin: das laufende Gerichtsverfahren in Köln. Im | |
| Ministerium galt zuletzt die Ansage, eine juristische Niederlage gegen die | |
| AfD im Falle einer Einstufung unbedingt zu verhindern. | |
| Die AfD beruft sich in ihren Klagen unter anderem auf das Recht der | |
| Parteien auf Chancengleichheit nach dem Grundgesetz. Die Strömung des | |
| „Flügels“ um den Thüringer Landeschef Björn Höcke, die sich offiziell | |
| inzwischen aufgelöst hat, hat das Bundesamt bereits im vergangenen Jahr als | |
| gesichert rechtsextrem eingestuft. | |
| Zentral für die inhaltliche Entscheidung des Verfassungsschutzes mit Blick | |
| auf die Gesamtpartei ist nun, wie groß dessen Einfluss auf die AfD als | |
| Ganzes ist. Wird die Partei als Verdachtsfall eingestuft, dürften auch | |
| nachrichtendienstliche Mittel wie Telefonüberwachung und V-Leute zu ihrer | |
| Beobachtung eingesetzt werden. | |
| ## Die AfD taktiert – mit Erfolg? | |
| Eine weitere Klage sowie der dazugehörende Eilantrag der AfD betreffen | |
| direkt den „Flügel“. Nach Ansicht des Bundesamtes war dessen Auflösung | |
| taktisch motiviert, der „Flügel“ ist demnach weiter einflussreich in der | |
| Partei. Mit ihrer Klage will die AfD dem Verfassungsschutz nun untersagen, | |
| dass dieser die Anzahl der „Flügel“-AnhängerInnen nennen darf. Zuletzt war | |
| von 7.000 die Rede. | |
| In der AfD hatte zuletzt insbesondere das Lager um Parteichef Jörg Meuthen | |
| zumindest taktisch viel dafür getan, um eine Einstufung der Gesamtpartei | |
| abzuwenden. Dazu gehören die Annullierung der Mitgliedschaft [3][des | |
| ehemaligen Brandenburger Landeschefs und „Flügel“-Strippenziehers Andreas | |
| Kalbitz] und die Auflösung des „Flügels“. Dazu gehört auch Meuthens Rede | |
| auf dem Parteitag im Dezember in Kalkar, in der er die Partei ermahnte, sie | |
| solle nicht „immer aggressiver, immer derber, immer enthemmter auftreten“. | |
| Und dazu gehören auch ein Grundsatzbeschluss des Bundesvorstands im | |
| November, in dem dieser die Freiheitlich-demokratische Grundordnung im | |
| Sinne des Grundgetzes bejaht und eine Anfang vergangener Woche überraschend | |
| veröffentlichte „Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen | |
| Identität“. | |
| Darin bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als | |
| „Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen“ – … | |
| man bei so mancher Äußerung des einen oder anderen AfD-Politikers | |
| allerdings bezweifeln kann. Unterschrieben haben die Erklärung über 30 | |
| Mitglieder der Bundes- und Landesspitze, darunter auch Höcke. Der | |
| Verfassungsschutz sah zuletzt im „biologisch-rassistischen oder | |
| ethnisch-kulturellen Volksbegriff“ der AfD ein Indiz für die mögliche | |
| Verfassungsfeindlichkeit der Partei. | |
| 25 Jan 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
| Konrad Litschko | |
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