# taz.de -- EU-Gipfel zu Migration: Gift für die Beziehungen zu Afrika | |
> Mit immer mehr Zäunen und Mauern will die EU Flüchtende abwehren. Die | |
> brutale Migrationspolitik kommt in Afrika nicht gut an. | |
Bild: Der Grenzzaun zwischen Marokko und Spaniens nordafrikanischer Enklave Mel… | |
Wer den österreichischen Bundeskanzler [1][Karl Nehammer (ÖVP) nach dem | |
EU-Gipfel diese Woche reden gehört hat], musste sich fragen, wo der Mann | |
die letzten Jahre war. Endlich, so resümierte er, „haben wir es geschafft, | |
dass das Thema Migration wieder auf der Agenda stand“. Endlich gebe es eine | |
„klare Sprache zur Asylbremse“, endlich das „Commitment, dass alle | |
Außengrenzen im Fokus sind.“ Tatsächlich steht all das seit Jahren | |
ununterbrochen bei den [2][EU-Gipfeln] auf der Agenda, und Nehammer weiß | |
das ganz genau. | |
Er und der deutsche EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) hatten vor dem | |
Gipfel gefordert, dass die EU künftig [3][Zäune an ihren Außengrenzen | |
bezahlen] soll, was andere Staaten und die Kommission ablehnen. Dieser | |
Streit dominierte die Berichterstattung. Tatsächlich gibt es diese Zäune | |
längst, etwa in Polen, Spanien und Bulgarien. Seit 2014 ist die Länge von | |
Grenzmauern in der EU von 315 auf 2.048 Kilometer angestiegen, wie Lucas | |
Rasche vom Delors-Institut vorrechnete. | |
Sie wurden bezahlt aus den nationalen Haushalten, die gleichzeitig | |
Millionensummen für andere Grenzschutzmaßnahmen aus Brüssel bekommen. | |
Der Zaun-Streit ist künstlich aufgebauscht. Die Konservativen reagieren | |
damit auf den Druck von der extrem rechten Konkurrenz. Und die, die | |
dagegenhalten, wie Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel – der eine | |
„[4][Mauer mit den EU-Sternen drauf“ eine „Schande]“ nannte – oder die | |
deutsche Ampelregierung, tragen andere Maßnahmen, die mit Leid, Gewalt und | |
Entrechtung verbunden sind, schlichtweg mit. | |
Pushbacks werden hingenommen, die Kooperation mit Libyens Küstenwache | |
institutionalisiert – eben erst wurde das erste von fünf mit EU-Geldern | |
finanzierten Schiffen geliefert. Internierung wird zur Regel. Die meisten | |
der Instrumente, auf die die EU jetzt setzen will, hat sie seit 2016 | |
aufgebaut und will sie nun verstärken. Zum einen die weitere technische | |
Aufrüstung der Grenze, die Gewalt und Leid hochtreibt. | |
Denn die Ankunftszahlen drückt technische Abschottung nur, wenn man | |
gleichzeitig das Recht auf eine Asylprüfung verweigert – wie es faktisch in | |
[5][Melilla], Polen, Kroatien und der Ägäis geschieht. Andernfalls müsste | |
man die Menschen an den regulären Grenzübergängen reinlassen. Zweitens will | |
die EU Herkunfts- und Transitstaaten, die bei Abschiebung und Abschottung | |
nicht spuren, in der Handels-, Visa- und Entwicklungspolitik stärker unter | |
Druck setzen. | |
Das ist Gift für die Bemühungen um ein partnerschaftliches Verhältnis mit | |
Afrika. Denn dort konkurriert die EU mit Milliardeneinsatz mit China, | |
Russland, der Türkei und Indien – und hat dabei auch wegen ihrer brutalen | |
Migrationspolitik immer schlechtere Karten. | |
10 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Gipfel-zu-Migration/!5914972 | |
[2] /EU-Gipfel-zu-Migration/!5914972 | |
[3] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-gipfel-569.html | |
[4] https://www.wort.lu/de/international/bettel-mauer-mit-europaeischen-sternen… | |
[5] /Tragoedie-in-spanischer-Exklave-Melilla/!5865105 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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