Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Doku über Bandleben auf der Autobahn: Ein Soziotop namens Tourbus
> Bitte im Bus nicht furzen. Der Rockstar Dave Grohl geht in seinem
> Dokumentarfilm „What Drives Us“ der Frage nach, warum Musiker auf Tour
> gehen.
Bild: Dave Grohl, nicht im Bus, sondern auf der Bühne
Die Doppelbedeutung dieses Filmtitels weist schon darauf hin, dass es um
weit mehr geht als um das ach so glamouröse Leben von Rock-’n’-Roll-Stars.
„What Drives Us“ hat der US-Musiker [1][Dave Grohl, ehemals
Nirvana-Schlagzeuger] und heute Gitarrist/Sänger der Foo Fighters, seinen
neuen Dokumentarfilm genannt.
Vordergründig handelt der zwar vom Touren im Bandbus und von den damit
verbundenen, durchaus unterhaltsamen Anekdoten. Mindestens genauso erzählt
der Film aber, was all die berühmten Musikerinnen- und Musikerkollegen
antreibt, über viele Jahre hinweg Musik zu machen und aufzutreten.
Grohl hat für den Film fast alle befragt, die im US-(Punk-)Rock Rang und
Namen haben. Zum einen Mitglieder der Punk- und Hardcorebands, die seit
Jahrzehnten Weggefährten sind, unter anderem D. H. Peligro (Dead Kennedys),
Ian MacKaye (Minor Threat, Fugazi), Jennifer Finch (L7) und Mike Watt
(Minutemen).
## Was Touren im Bus bedeutet
Zum anderen steht ihm aber auch die Stadionrock- und Hall-of-Fame-Riege
Rede und Antwort – von Ringo Starr über The Edge (U2) und Lars Ulrich
(Metallica) bis hin zu Dave Lombardo (Slayer) und Flea (Red Hot Chilli
Peppers).
Grohl reflektiert eingangs, was das Touren im Bus ihm selbst bedeutet:
„Jede Band, die ich kenne, hat einmal in einem Van angefangen. Du bist die
ganze Zeit zusammen, das kann ekelhaft sein, das kann zugleich schön sein.
Ich persönlich lebe für die frühen Erfahrungen im Tourbus. Wo anders hätte
ich damals sein sollen, wenn nicht in einem Van?“
Man hört seinen Gesprächspartner:innen auch deshalb gerne zu, weil all
das – die vielen Stunden auf der Autobahn, der Austausch untereinander und
mit Fans, das Feedback des Publikums – ihr Leben bestimmt, einen Teil ihrer
Persönlichkeit ausmacht. Der großartige Flea berichtet, wie aus einem
kleinen, dünnen, weirden Jungen wie ihm, der Jazz mochte und Angst vor
Mädchen hatte, jemand wurde, der seine Bestimmung im Leben gefunden hat.
## Der Drang andere Orte zu sehen
Für Jennifer Finch von L7 dagegen ist das Touren mit Abenteuer und
Americaness verbunden: „Es geht auch um den Drang, andere Orte zu sehen und
etwas zu erleben. Das war immer Teil der amerikanischen Kultur. Das ist uns
mitgegeben worden: Du kannst per Anhalter fahren, du kannst mit dem Bus
durch das Land fahren und andere Teile Amerikas sehen, die völlig anders
sind als das, was du kennst.“
Für Ian MacKaye waren die Konzerte in anderen Regionen eine Möglichkeit,
Freunde und Gleichgesinnte zu treffen, zudem schlüsselt er auf, wie Bands
wie D.O.A. und Black Flag in der frühen Punk- und Hardcoreszene eine Art
Tour-Netzwerk gründeten (im Bild wird das schick mit
Graphic-Novel-Elementen illustriert).
Neben den Interviews ist auch viel Live-Material zu sehen, das in
Coronazeiten etwas wehmütig macht. Die Coronasituation und das vermehrte
Streamen der Konzerte sind gegen Ende auch Thema; vor allem das Interview
mit Tony Kanal von No Doubt erinnert einen schmerzlich daran, was da seit
mehr als einem Jahr fehlt – er versucht die Energie zu beschreiben, die bei
einem Konzert freigesetzt wird.
## Eigene Atmosphäre und eigene Regeln
Fast beiläufig gelingt es Grohl, das merkwürdige Soziotop namens Tourbus zu
vermessen, in dem eine eigene Atmosphäre herrscht und eigene Regeln gelten.
Das schwerste Vergehen: furzen. Von den schlimmsten Erfahrungen
diesbezüglich weiß [2][Annie Clark (St. Vincent)] zu berichten: „Ich
vergesse nie, da war einmal ein Typ in der Band – ich weiß nicht, ob er
eine Lebensmittelvergiftung hatte oder was –, aber er hat übelst gefurzt.
So, dass du kotzen willst. Aber das ist einfach das Leben auf Tour. Das
also, dachte ich, ist meine neue Realität: Ich sitze in einem vollgefurzten
Van.“
Kleiner Trost: Selbst die Beatles mussten durch diese harte Schule.
Zumindest sagt Ringo Starr, bei den Fab Four habe das Gesetz gegolten:
„Wenn du einen fahren lässt, dann gib es wenigstens zu!“
16 May 2021
## LINKS
[1] /Doku-ueber-Nirvana/!5111366
[2] /Pop-von-St-Vincent/!5454197
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Konzert
Rock'n'Roll
Rock
Rock
Kurt Cobain
Schwerpunkt LGBTQIA
Clubkultur
Antilopen Gang
Belarus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schlagzeuger der Foo Fighters: Taylor Hawkins ist tot
Der Drummer starb in Bogotá während einer Welttournee seiner Band.
Zahlreiche Musikerkollegen äußerten sich betroffen über den Tod des
50-Jährigen.
Jubiläum von Nirvanas „Nevermind“: 30 Jahre „Vergiss es einfach“
Am 24. September 1991 erschien „Nevermind“. Das zweite Album der US-Band
Nirvana hat sich bis heute 30 Millionen Mal verkauft. Ein paar
Erinnerungen.
Regisseur über LGBT in Tschetschenien: „Diese Angst ging mir sehr nahe“
Durch Deepfakes schützte David Frances die Protagonist*innen seines
Dokumentarfilms„Achtung Lebensgefahr LGBT in Tschetschenien“. Nun läuft die
Dokumentation auf Arte.
Clubs sind Kulturstätten: Raus aus der Schmuddelecke
Der Bundestag hat beschlossen, dass Musikclubs baurechtlich als
Kulturstätten gelten. Die Clubkultur kann so besser vor Verdrängung
geschützt werden.
Danger Dan über Solidarität: „Grüße an Herrn Schleifer“
Rapper Danger Dan spricht über Solidarität mit Menschen, die von Nazis
bedroht werden, den Pazifismus von Albert Einstein und seine Beziehung zum
Klavier.
Belarus und der Widerstand der Literatur: Land im Koma
Sasha Filipenkos Roman „Der ehemalige Sohn“ greift historische Ereignisse
in Belarus auf und zeigt mit Humor das Bild eines Unterdrückungsapparats.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.