| # taz.de -- Documenta-Kommission tritt zurück: Lähmende Polarisierung | |
| > Die Findungskommission für die künstlerische Leitung der Documenta 2027 | |
| > ist zurückgetreten. Das liegt auch an den Zerwürfnissen infolge eines | |
| > BDS-Briefs. | |
| Bild: Nach dem regulären Ende der documenta 15 werden die Säulen des Frideric… | |
| Seit dem Pogrom der Hamas am 7. Oktober ist der Kulturbetrieb zerrissen und | |
| polarisiert. Das zeigt auch die jüngste Meldung zur anstehenden Documenta | |
| 2027. Für die internationale Kunstschau sollte eigentlich nach dem | |
| [1][Antisemitismus-Skandal ihrer letzten Ausgabe 2022] in Zukunft eine | |
| politisch verantwortungsvolle Leitung gefunden werden. | |
| Doch dieser Prozess muss jetzt erst einmal aussetzen. Die gesamte | |
| sechsköpfige Findungskommission für die künstlerische Leitung 2027 ist | |
| zurückgetreten. Das gab die documenta und Museum Fridericianum gGmbH am | |
| Donnerstagabend in einer Pressemitteilung bekannt. | |
| Die Hintergründe zeigen, wie gespalten der Kulturbetrieb auf den Krieg in | |
| Nahost reagiert: Ein Kommissionsmitglied, die israelische Künstlerin und | |
| Philosophin Bracha Lichtenberg Ettinger, war schon Tage zuvor aus dem | |
| Gremium ausgeschieden: „Die Kunstwelt, wie wir sie uns vorgestellt haben, | |
| ist zusammengebrochen und zersplittert“, schrieb sie in einem Brief unter | |
| dem Eindruck des Massakers vom 7. Oktober 2023 in Israel, der an die | |
| Documenta-Leitung und die anderen Kommissionsmitglieder gerichtet war. | |
| „Unschuldige Zivilisten litten und starben, und mein Herz weint um jeden | |
| Toten auf allen Seiten. Jedes Leben ist kostbar.“ Was, fragte Bracha | |
| Lichtenberg Ettinger, könne die Kunst „in unseren dunklen Zeiten“ bringen? | |
| ## Brief der Israel-Boykott-Bewegung BDS unterzeichnet | |
| Als zunächst Der Spiegel Lichtenberg Ettingers Brief in Teilen | |
| veröffentlichte, wurde gleichzeitig bekannt, dass ein anderes | |
| Kommissionsmitglied, der indische [2][Kulturtheoretiker Ranjit Hoskoté], in | |
| der Vergangenheit einen Brief der Israel-Boykott-Bewegung BDS unterzeichnet | |
| hatte. | |
| Ganz andere Worte fanden sich darin: Von Zionismus als „rassistischer | |
| Ideologie“ war da 2019 die Rede, der eine „ethnische Reinigung“ zur Folge | |
| habe, und ein Land, in dem Nichtjuden in einem „siedlungskolonialistischen | |
| Apartheidsstaat“ weniger Rechte hätten. Hoskoté verteidigte sich: Bei der | |
| BDS-Erklärung habe er sich gegen einen Hindu-Nationalismus gestellt. | |
| [3][Kulturstaatsministerin Claudia Roth (die Grünen)] bezeichnete den | |
| BDS-Brief von 2019 jedoch als klar antisemitisch, drohte mit dem Entzug der | |
| Bundesmittel. Doch Hoskoté wollte sich nicht von dem Schreiben distanzieren | |
| und gab seinerseits den Rücktritt bekannt: „Die letzten Tage gehören zu den | |
| zutiefst erschütternden Tagen in meinem Leben“, schrieb er an Andreas | |
| Hoffmann, den Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH. | |
| Unter dem Eindruck einer derartigen Polarisierung hätten sich nun die vier | |
| verbliebenen Kommissionsmitglieder „dazu entschlossen, ihrerseits an dem | |
| Findungsprozess nicht mehr teilhaben zu wollen“. Das ließen dann am | |
| Donnerstag der in Paris lebende Autor, Kurator und Kunstkritiker Simon | |
| Njami, die in Schanghai lebende Malerin Gong Yan, die in Wien lehrende | |
| Ausstellungsmacherin Kathrin Rhomberg und die internationale Kuratorin | |
| Maria Ines Rodriguez verkünden. Die Geschäftsleitung werde dem Aufsichtsrat | |
| nun vorschlagen, „den Findungsprozess für die ‚documenta 16‘ vollständig | |
| neu aufzusetzen“. | |
| 17 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sophie Jung | |
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