# taz.de -- Diebstahl, Unterschlagung, Fälschung: Verdachtsfall in Hamburgs AfD | |
> Gegen den Geschäftsführer der Hamburger AfD-Fraktion Thorsten Prenzler | |
> ermitteln zwei Staatsanwaltschaften wegen diverser Vorwürfe. | |
Bild: Da hieß er noch Thümler mit Nachnamen: der damalige CDU-Abgeordnete Tho… | |
HAMBURG taz | In der politischen Öffentlichkeit fällt der AfD-Politiker | |
Thorsten Prenzler kaum auf. Bei der Veranstaltungsreihe „Fraktion im | |
Dialog“ in der Hamburger Bürgerschaft tritt er mal als Moderator auf. Die | |
großen Auftritte organisiert er jedoch eher für die Parteiprominenz. An der | |
Elbe ist er aber als Geschäftsführer der AfD-Bürgerschaftsfraktion einer | |
von denen, die im Hintergrund die Politik der Landes-AfD gestalten. | |
Prenzler ist auch Vertretungsberechtigter der AfD-nahen | |
„Desiderius-Erasmus-Stiftung Hamburg e.V.“ Gleichzeitig laufen gegen ihn | |
Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls und Betrugs. | |
Ein Verfahren führt die Staatsanwaltschaft Stade gegen Prenzler, der aus | |
Buchholz kommt. „Der Verdacht der Unterschlagung und des Diebstahls wird | |
überprüft“, bestätigt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas der taz. Die | |
Anklagebehörde in der niedersächsischen Stadt hält den Afd-Politiker für | |
verdächtig, einen Bauunternehmer geprellt zu haben. Er soll Baumaterial im | |
Wert von rund 10.000 Euro trotz mehrfacher Mahnungen nicht bezahlt haben. | |
Bei einem Versuch des Bauunternehmers, von ihm geliefertes Material nebst | |
Geräten zurückzuholen, soll der AfD-Politiker ihn des Grundstückes | |
verwiesen haben. Beim zweiten Versuch soll das Material schon verbaut | |
gewesen sein – und die Geräte verschwunden. Der Bauunternehmer erstattete | |
Anzeige. Die Ermittlungen laufen bereits seit Anfang Oktober 2020, sie | |
wurden aber erst am vergangenen Wochenende durch einen anonymen Hinweis an | |
Hamburger Medien bekannt. | |
Schon im Oktober war gegen Prenzler [1][eine andere Strafanzeige gestellt | |
worden] – aus der eigenen Partei, von der AfD-Bürgerschaftsabgeordneten | |
Olga Petersen. Wie im Januar bekannt wurde, geht es um den Vorwurf der | |
Urkundenfälschung, wie die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana | |
Frombach, der taz bestätigte. Ihrem Fraktionsgeschäftsführer hält die | |
AfD-Abgeordnete vor, anders als er selbst angibt, habe er den akademischen | |
Grad des Magister Artium gar nicht erreicht. | |
In einem anonymen Schreiben an die taz und andere Redaktionen hatten die | |
Verfasser*innen zudem behauptet, „Urkundenfälschung und Betrug in | |
mehreren Fällen“ stünden im Raum. Es gehe um „hohe Summen“, sowie um das | |
„Fälschen von Arbeitsverträgen“. Petersen soll belastendes Material | |
zusammengetragen und die Vorwürfe in mehreren E-Mails gegenüber der | |
Fraktion um die Vorsitzenden Dirk Nockemann und Alexander Wolf erhoben | |
haben. | |
Zu den Anschuldigungen möchte sich Prenzler nicht äußern. Die Fraktion | |
verteidigt ihren Mitarbeiter aber in einer Stellungnahme. Die Vorwürfe von | |
Petersen seien nicht neu. Die Fraktion habe sich eingehend damit befasst | |
und festgestellt, dass die Vorwürfe falsch und „grob ehrabschneidend“ | |
seien. Die Staatsanwaltschaft werde das in ihrem Ermittlungsverfahren | |
feststellen, heißt es in der Mitteilung. | |
Auch jetzt stellt sich die AfD wieder schützend vor ihren Geschäftsführer, | |
ohne konkret auf die laufenden Ermittlungen einzugehen. Die Vorwürfe seien | |
aber nicht zutreffend, hieß es gegenüber der Hamburger Morgenpost. | |
In der Hamburger AfD ist Prenzler aber nicht unumstritten. Schon 2016 kam | |
Kritik an seiner Person auf. Denn Prenzler ist schon einmal wegen Betrugs | |
verurteilt worden. Prenzler, der damals noch Thorsten Thümler hieß und | |
inzwischen den Nachnamen seiner Ehefrau angenommen hat, hatte sich bei | |
Hotels in Mecklenburg-Vorpommern Rabatte erschlichen, indem er vorgab, als | |
Reisejournalist zu arbeiten. Als Nachweis hatte er Texte anderer Autoren | |
vorgelegt. Die Oldenburger Nordwest-Zeitung deckte den Betrug auf. Das | |
Amtsgericht Oldenburg verurteilte ihn wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer | |
Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro. | |
Vor seiner Karriere in der AfD war Prenzler in der CDU, saß für sie | |
zunächst im Gemeinderat Hude und im Kreistag des Landkreises Oldenburg. | |
2003 zog er mit einem Direktmandat in den Niedersächsischen Landtag ein. Im | |
Zuge der Betrugsvorwürfe legte er 2005 sein Landtagsmandat und seine Ämter | |
in der CDU nieder. | |
Vor dem Skandal hatte er auch politisch Schlagzeilen gemacht: Er | |
unterzeichnete einen Solidaritätsappell für den damaligen | |
CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann aus Hessen. Hohmann, heute | |
AfD-Bundestagsabgeordneter, hatte am Tag der Deutschen Einheit 2003 eine | |
Rede gehalten, die als antisemitisch kritisiert wurde. Er hatte die Juden | |
wegen ihrer angeblichen Rolle im Stalinismus mit dem Begriff „Tätervolk“ in | |
Verbindung gebracht. | |
Gab er sich schon in der CDU als Rechtsaußen zu erkennen, steht Prenzler | |
auch innerhalb der Hamburger AfD politisch eher am rechten Rand. Ihm wird | |
vorgehalten, er nehme den Fraktionsmitarbeiter Benjamin Mennerich, der auch | |
für den Bundestag kandidiert, gegen [2][interne Antisemitismus-Vorwürfe] in | |
Schutz. In E-Mails, die der taz vorliegen, schreiben zwei AfD-Mitglieder, | |
Mennerich habe angezweifelt, „dass der Holocaust jemals stattgefunden | |
habe“. Prenzler werfen sie vor, er halte seine schützende Hand über | |
Mennerich. | |
Mit der Führung der „Desiderius-Erasmus-Stiftung Hamburg e.V.“ auf | |
Landesebene könnte Prenzler bald Zugriff auf erhebliche Geldsummen aus dem | |
Steuersäckel haben. Bei einem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag würde | |
ab 2022 die Desiderius-Erasmus-Stiftung mit Millionen aus dem | |
Bundeshaushalt bezuschusst. Zuletzt war von 70 Millionen Euro die Rede. Die | |
noch im Aufbau befindliche Landesstiftung firmiert derzeit an Prenzlers | |
Buchholzer Privatadresse. | |
9 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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