# taz.de -- Verwirrung um SPD-Bezirksamtschef: Ein Körbchen für die AfD | |
> Die Hamburger AfD bewirbt eine gemeinsame Veranstaltung mit | |
> SPD-Bundestagskandidat Falko Droßmann. Der will längst abgelehnt haben. | |
Bild: Droßmann, hier beim „Sexy Aufstand Reeperbahn“, ist für vieles offe… | |
HAMBURG taz | Das Event wäre ein echter Coup im Vorwahlkampf der AfD: Im | |
parteiübergreifenden Dialog mit dem SPD-Bundestagskandidaten Falko | |
Droßmann, im Hauptberuf noch [1][Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte], will | |
der AfD-Bundestagskandidat Benjamin Mennerich über „Gewalt und Demokratie“ | |
sprechen. Die Grenzen der politischen Spektren wären wieder einmal | |
durchbrochen. Am Freitagabend soll diese Online-Bürgersprechstunde laut | |
Ankündigung der AfD stattfinden. Oder auch nicht. | |
„Eine solche Veranstaltung findet nicht statt“, antwortet Peter Martin | |
Zybarth auf Nachfrage der taz. Droßmanns Büroleiter sagt weiter, dass zwar | |
„eine entsprechende Anfrage eines Mitgliedes der AfD-Fraktion“ vorliege – | |
man habe sie aber abgelehnt. | |
Dass das möglich war, ist [2][keine Selbstverständlichkeit]. In der | |
Bezirksversammlung muss ein Bezirksamtsleiter wie Droßmann nämlich alle | |
Fraktionen gleich behandeln. Die Aufgabe, das Bezirksamt zu vertreten, | |
liegt grundsätzlich bei der Bezirksamtsleitung. Das bestätigt auch | |
Zybarth. Die von der AfD beworbene Veranstaltung sei nun aber eine | |
Parteiveranstaltung. Und da müsse Droßmann als Bezirksamtsleiter dann auch | |
nicht erscheinen. | |
Dass der angekündigte Mitdiskutant gar nicht zugesagt haben will, | |
überrascht wiederum Daniel Menkens, den stellvertretenden Pressesprecher | |
der AfD-Bürgerschaftsfraktion. Mennerich habe das anders kommuniziert, | |
sagte er zur taz. Kurz darauf eine E-Mail: „Die Veranstaltung wird | |
verschoben“ schreibt Menkens, angeblich „aufgrund einer Terminkollision | |
seitens Herrn Droßmann“. Der Büroleiter des Bezirksamtsleiters hätte „als | |
Alternativtermine den kommenden Montag oder Dienstag vorgeschlagen“ so | |
Menkens. | |
## Ja? Nein? Oder lieber ein andermal? | |
Tatsächlich bestätigt Droßmanns Büroleiter Zybarth später, dass | |
versehentlich ein Terminangebot verschickt, aber auch gleich wieder | |
zurückgezogen worden sei. | |
Die nun abgesagte Veranstaltung hätte laut Ankündigung online im | |
„persönlichen Meetingraum von Benjamin Mennerich“ stattgefunden. Ein Link | |
von der Website des AfDlers führt zum angekündigten „Parteiübergreifenden | |
Dialog mit Bürgern“. Diese Ankündigung für Bewohner des Bezirkes Hamburg | |
Mitte und andere „interessierte Bürger“ suggeriert, dass die | |
Bundestagskandidaten von AfD und SPD sich gemeinsam den Fragen zu Gewalt | |
und Demokratie stellen wollten. | |
Für die AfD-Bürgerschaftsfraktion ist Mennerich als wissenschaftlicher | |
Mitarbeiter tätig. Auf Listenplatz 5 tritt er zur Bundestagswahl an. Die | |
volle Unterstützung aller Mitglieder scheint er jedoch nicht zu haben. | |
Schon im Februar berichtete die taz über [3][E-Mails von zwei | |
AfD-Mitgliedern] mit harten Vorwürfen. Der ehemalige Berufssoldat der | |
Luftlandeaufklärungskompanie 310 der Fallschirmjägerkaserne Seedorf soll | |
mehrfach angezweifelt haben, „ob der Holocaust jemals stattgefunden habe“. | |
Außerdem soll er gesagt haben, dass er keine Probleme damit habe, wenn „die | |
Geschichte“ angezweifelt und „die Beweise für das Geschehen einfach als | |
nichtig erklärt“ würden. Auch antisemitische Alltagstipps hätte er parat | |
gehabt: Mit dem Klopfen auf den Tisch vor dem Trinken solle sichergestellt | |
werden, dass „kein Jude mit am Tisch säße“. | |
Ende vergangenen Jahres warnte der Hamburger Verfassungsschutz vor einer | |
zunehmenden [4][Radikalisierung der AfD] an der Elbe. Auch weil Personen | |
des offiziell aufgelösten „Flügels“ – rund 40 Personen – im Landesver… | |
aktiv seien. Ein Schwerpunkt ihrer Aktivitäten: der Bezirk Mitte, wo | |
Mennerich wirkt. | |
Er kam 2018 zu der Kundgebung „Merkel muss weg“ in Hamburg und im selben | |
Jahr auch zum [5][Aufmarsch der AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und | |
Brandenburg mit Pegida] in Chemnitz am 1. September. Auf diesem Marsch, in | |
den sich auch NPD-Anhänger und rechtsextreme Hooligans einreihten, | |
erfolgten massive Übergriffe. | |
Auch wenn der Termin nun abgesagt ist, irritiert das Hin und Her um die | |
laut Droßmanns Büro nur versehentlich verschickte Terminverschiebung. | |
Sollte der Termin ernsthaft geplant gewesen sein, sagt Felix Krebs vom | |
Hamburger Bündnis gegen rechts, würde ein „SPD-Mann Wahlkampf für eine | |
nationalistische und völkische Partei machen“. | |
Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der | |
Bürgerschaft, sagt: Eine Teilnahme Droßmanns an einer AfD-Veranstaltung sei | |
völlig inakzeptabel. Das sei ein Schlag ins Gesicht für all die Menschen, | |
die von dieser Hetze betroffen sind. „Neutralität im Amt darf doch nicht | |
Wertneutralität bedeuten“, so Celik. | |
25 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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