# taz.de -- Die wichtigsten Fragen zum Teil-Lockdown: Schulen oder Kinos? | |
> Am Montag beginnt der Teil-Lockdown. Warum Theater von der Schließung | |
> betroffen sind, Büroräume aber nicht – und wann der Impfstoff kommt. | |
Bild: Ungleichbehandlung? Viele Kulturschaffende wurden von den neuen Corona-Ma… | |
BERLIN taz | Der Ärger bei Veranstaltern und im Gastgewerbe darüber, dass | |
sie ab 2. November für mindestens vier Wochen schließen müssen, ist groß. | |
Die wichtigsten Fragen im Überblick: | |
Warum gibt es einen Teil-Lockdown? | |
Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut [1][14.177 neue | |
Coronainfektionen]. Alarmierend ist, dass sich zunehmend ältere Menschen | |
anstecken, die ein erhöhtes Risiko haben, schwer zu erkranken und an | |
Covid-19 zu sterben. Bereits jetzt müssen immer mehr Covid-19-PatientInnen | |
auf Intensivstationen betreut werden. Am Samstag wurden dort 1.944 | |
Covid-19-Opfer versorgt – mehr als doppelt so viele wie vor zwei Wochen: | |
Damals zählte man 730 Covid-19-Kranke auf den Intensivstationen. | |
Deutschland hat zwar noch knapp 8.000 freie Intensivbetten. Aber sie können | |
sich schnell füllen – und zudem besteht die Gefahr, dass sich PflegerInnen | |
und ÄrztInnen anstecken, wenn immer mehr Infizierte eingeliefert werden. | |
Fehlt es an Pflegepersona, müssen aber die Stationen schließen. | |
Die Infektionsketten müssen daher unterbrochen werden. Da es bisher keine | |
Impfung gibt, bleibt nur: Die Kontakte reduzieren – und zwar um drei | |
Viertel. | |
Warum müssen [2][Theater schließen], aber nicht Fabriken? | |
Viele Intendanten können nicht nachvollziehen, warum sie ihre Häuser | |
schließen müssen. Das sei „Symbolpolitik“, beschwerte sich der | |
Geschäftsführende Intendant des Stuttgarter Theaters, Marc-Oliver Hendriks. | |
Die Spielstätten seien „sichere Orte“. Es gebe keinen Beleg dafür, dass | |
sich Menschen in Theatern infiziert hätten. | |
Allerdings ist dies kein stichhaltiges Argument: „Bei etwa 80 Prozent der | |
Infektionen ist nicht klar, wo sie stattgefunden haben“, sagt der | |
Molekularbiologe Emanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum in Berlin gegenüber | |
der taz. „Wir kennen nur die allgemeinen Risikofaktoren.“ Konkret: Man | |
weiß, dass sich Coronaviren über Aerosole verbreiten, dass es also | |
gefährlich wird, wenn sich viele Menschen über lange Zeit in geschlossenen | |
Räumen aufhalten. | |
„Wir müssen die Kontakte stark reduzieren“, sagt Wyler. „Da aber zu wenig | |
darüber bekannt ist, wo genau sich die Menschen angesteckt haben, bleibt es | |
eine politische Entscheidung, wo man ansetzt.“ Wenn Schulen und | |
Kindergärten offen bleiben sollen, dann müssten eben andere Einrichtungen | |
schließen. | |
Hinzu kommt die Frage, wie gut sich Infizierte aufspüren lassen. | |
Schulklassen haben den großen Vorteil, dass die Kinder immer am selben | |
Platz sitzen. Tritt dort ein Coronafall auf, lässt sich sofort erkennen, | |
wer auch gefährdet sein könnte. Da muss das Gesundheitsamt gar nicht erst | |
mühsam Kontakte rekonstruieren – da kann die Klassenlehrerin umgehend die | |
betroffenen Eltern anrufen. Ähnlich ist es in Büros oder Fabriken: Die | |
ArbeitskollegInnen kennen sich gegenseitig. | |
Viel schwieriger ist es, anonyme Kontakte zu rekonstruieren, wie sie in | |
Fitnesstudios, Bars oder auch Theatern stattfinden. | |
Was passiert im Dezember? | |
Die Einschränkungen gelten während des gesamten Monats November. In | |
vierzehn Tagen wollen Bund und Länder erneut beraten, um „notwendige | |
Anpassungen“ vorzunehmen. Ziel ist es, die Zahl der wöchentlichen | |
Neuinfektionen in den meisten Landkreisen auf unter 50 pro 100.000 | |
Einwohner zu senken. Erst dann können die Gesundheitsämter neue Fälle | |
wieder gezielt nachverfolgen. | |
Schon jetzt räumt Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) ein: Es gebe keine | |
Garantie, dass die Einschränkungen auf November begrenzt bleiben. Es hängt | |
von jedem Einzelnen ab, ob es gelingt, die Infektionsketten in den nächsten | |
vier Wochen so zu unterbrechen, dass im Advent nicht noch drastischere | |
Beschränkungen erforderlich sind. | |
Wann kommt die Erlösung? | |
Die Chancen stehen gut, dass zwei Corona-Impfstoffe gegen Jahresende ihre | |
Zulassungen erhalten. Die britische Gesundheitsaufsicht hat bereits eine | |
beschleunigte Prüfung des Corona-Impfstoff-Kandidaten von AstraZeneca | |
gestartet. Und auch das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech meldet einen | |
Durchbruch. In klinischen Studien hat der Impfstoff so gute Eigenschaften | |
gezeigt, dass das Unternehmen bereits mit der Massenproduktion begonnen | |
hat. Die europäische Pharmaaufsicht EMA in Amsterdam prüft die Studiendaten | |
bereits. | |
Trotzdem wird sich das Leben vorerst nicht normalisieren. Denn es lassen | |
sich maximal etwa 100.000 Personen pro Tag impfen. Rechnerisch dauert es | |
also gut zwei Jahre, bis alle Deutschen ihren Impfstoff erhalten haben. | |
Doch die Gefahr wäre deutlich reduziert, wenn das medizinische Personal und | |
die Hochrisikogruppen immun wären. | |
Neben den Impfstoffen stehen weitere Medikamente kurz vor ihrer Zulassung, | |
die besonders schwere Krankheitsverläufe mildern könnten. Dazu gehört das | |
Antikörpermedikament von Regeneron Pharmaceuticals, das US-Präsident Donald | |
Trump erhalten hat. Das Problem: Diese Arzneien sind teuer und aufwendig. | |
Doch wenn die Risikogruppen erst einmal geschützt sind, dürften die | |
Krankenhäuser nur noch wenige schwere Verläufe zu behandeln haben. Dafür | |
reichen die verfügbaren Antikörpercocktails voraussichtlich aus. | |
1 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
Ulrike Herrmann | |
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