# taz.de -- Die Ukraine nach dem EU-Gipfel: Langer Krieg, langer EU-Beitritt | |
> Kyjiw hofft auf einen zügigen EU-Beitritt. Aus Polens neuer | |
> proeuropäischer Regierung kommt nun der Ruf nach 20 Jahren Sperre für | |
> ukrainische Waren. | |
Bild: An den Hauptgrenzübergängen, die Polen mit der Ukraine verbinden, sind … | |
BERLIN taz | Vergangene Woche entschieden 26 EU-Mitgliedstaaten, ohne den | |
ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Sitzungssaal, | |
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau zu eröffnen. Nun | |
äußerte sich Orbán im Interview mit dem staatlichen ungarischen Radio mit | |
unveränderter verneinender Intensität: „Etwa 75 Gelegenheiten werde ich | |
noch in Brüssel haben, um das Veto gegen den EU-Beitritt der Ukraine | |
einzulegen.“ Danach werden die nationalen Parlamente dran sein, [1][ohne | |
mögliche kurze Kaffeepause]. Erfahrung mit langen Wartezeiten haben ja | |
[2][die EU-Beitrittskandidaten im Westbalkan]. | |
Ebenfalls vergangene Woche wurde der Machtwechsel in Polen vollzogen und | |
der neue proeuropäische Premier Donald Tusk vereidigt. Aus Polen kamen am | |
Wochenende weniger solidarische Parolen für die Ukraine als [3][vorher.] | |
Der neue stellvertretende Landwirtschaftsminister Michał Kołodziejczak, | |
Vorsitzender der zu Tusks Koalition gehörenden AGROunia, sagte im | |
polnischen Privatradio Rmf24, dass der polnische Agrar- und | |
Verbrauchermarkt vor der Ukraine geschützt werden solle, 20 Jahre lang nach | |
dem ukrainischen EU-Beitritt. „Wir müssen unser Interesse verteidigen, wie | |
es Deutschland getan hat, als Polen der EU beigetreten ist. Damals (2004) | |
war der Arbeitsmarkt für acht Jahre für Polen geschlossen“, fügte | |
Kołodziejczak hinzu. | |
Tusk hat versprochen, sowohl die Frage des umstrittenen Getreideimporte aus | |
der Ukraine nach Polen zu regeln als auch die Lkw-Blockaden an der | |
polnisch-ukrainischen Grenze. Polen, Ungarn und die Slowakei hatten | |
einseitig das Importverbot von ukrainischem Getreide nach dem 15. September | |
verlängert. | |
Gegen Bratislava hat Kyjiw die rechtlichen Schritte dagegen gestoppt, | |
nachdem die ukrainischen und slowakischen Regierungen eine Einigung ab | |
Januar mit der Überwachung von Lizenzen finden konnten. In Polen blockieren | |
aber laut Grenzpolizei noch über 2.000 Lkws die Grenze. [4][Seit Anfang | |
November dauern diese Lkw-Proteste] gegen die Einfuhr ukrainischer Produkte | |
in den polnischen Markt an. | |
## Zwöltes Sanktionspaket gegen Russland beschlossen | |
Als Drittes konnten sich die EU-Staats- und Regierungschefs vergangene | |
Woche über das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland einigen, das erstmals | |
ein Importverbot von russischen Diamanten beinhaltet. Dieses Paket hing am | |
Freitag in Brüssel zunächst noch in der Schwebe, weil Österreich die | |
Raiffeisen Bank International (RBI), die weiterhin Geschäfte in Russland | |
tätigt, von der ukrainischen Liste der „Internationalen Sponsoren“, [5][der | |
sogenannten Schwarze Liste], streichen lassen wollte. Formell wird das | |
Paket noch in den kommenden Tagen beschlossen – und Wien wird für die | |
Sanktionen stimmen, denn seit Samstagabend steht die RBI nicht mehr auf der | |
Liste, so die ukrainische Nationale Agentur für Korruptionsvorbeugung | |
(Nask) auf ihrer Website. Die Ukraine brauchte Österreichs Zustimmung im | |
Rat für die EU-Beitrittsgespräche. | |
Nicht beschlossen wurde vergangene Woche die Freigabe neuer EU-Finanzhilfen | |
für Kyjiw in Höhe von 50 Milliarden Euro. Dies wurde auf einen | |
EU-Sondergipfel ab Januar vertagt. Ob die Ukraine so viel Zeit noch hat, | |
wird sich [6][in den kommenden Winterwochen zeigen]. „Die von unseren | |
Partnern zur Verfügung gestellten Patriots, Nasams, Geparde und anderen | |
Systeme funktionieren perfekt“, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir | |
Selenski in seiner Abendansprache am Samstag. | |
In der Nacht zum Sonntag hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge russische | |
Lenkraketen und Drohnen abgewehrt, auch dank ausländischer | |
Flugabwehrsysteme. Raketen und Drohnen seien von der russisch besetzten | |
Krim und dem besetzen Teil der südukrainischen Region Cherson abgefeuert | |
worden. | |
Am Boden toben die heftigsten Kämpfe nördlich der ostukrainischen Stadt | |
Awdijiwka, wo die russischen Streitkräfte im Oktober eine Offensive | |
begannen, um die ukrainisch gehaltene Frontstadt bei Donezk einzukesseln. | |
Ein Drohnenvideo, das der Nachrichtenagentur AP vorliegt, zeigt Hunderte | |
von getöteten Soldaten, die meisten mit russischen Uniformen. | |
In russischen Grenzregionen meldet das russische Verteidigungsministerium | |
derweil fast täglich ukrainische Drohnenangriffe. Und Russlands Präsident | |
Wladimir Putin kündigte am Sonntag eine verstärkte Militärpräsenz nahe der | |
finnischen Grenze an. Seit April ist Finnland Nato-Mitglied. | |
17 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
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