# taz.de -- Treffen zwischen Erdoğan und Orbán: Zwei Illiberale unter sich | |
> In Budapest ist der türkische Präsident Erdoğan auf den ungarischen | |
> Premier Orbán getroffen. Ein Jubiläum der gegenseitigen Freundschaft. | |
Bild: Erdogan und Orban in Budapest | |
WIEN taz | Keine vier Monate nach seinem letzten Besuch ist der türkische | |
Präsident Recep Tayyip Erdoğan erneut in Budapest Er und Ungarns Premier | |
Viktor Orbán sitzen dem sechsten türkisch-ungarischen Rat für hochrangige | |
strategische Kooperation vor. Zu feiern gibt es die 100-jährigen | |
Beziehungen der beiden Länder, denn am 15. Dezember 1923 unterzeichneten | |
sie den ersten Freundschaftsvertrag. | |
Der Zeitpunkt für das hochrangige Treffen ist dennoch bewusst gewählt, sagt | |
Andrea Pető, Politikwissenschaftlerin an der Central European University | |
(CEU) in Wien. [1][Denn nur wenige Tage vorher blockierte Orbán die weitere | |
Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland]. | |
„Nichts in der Außenpolitik passiert zufällig, schon gar nicht in | |
illiberalen Staaten“, so Pető. Orbán wolle sich als wichtiger Player | |
inszenieren, der sich größer macht, als er ist. „Ungarn ist ein kleiner, | |
ärmlicher, nicht funktionierender Staat. Die Türkei ist eine Regionalmacht | |
mit geopolitischen Ambitionen.“ | |
## Gas über TurkStream und unabhängig von der Ukraine | |
Ankara ist für Budapest vor allem beim Thema Energie von Bedeutung. Bald | |
soll ein Großteil des Gases [2][via TurkStream] von Russland über das | |
Schwarze Meer, die Türkei und den Balkan bis nach Ungarn fließen. Damit | |
wäre Ungarn weitestgehend von der Ukraine unabhängig. | |
Auch [3][die geplante Nato-Mitgliedschaft Schwedens] dürfte besprochen | |
werden, die einzig von der Türkei und Ungarn blockiert wird. | |
Bereits den Nato-Beitritt Finnlands haben beide Staaten monatelang | |
blockiert, bevor die jeweiligen Parlamente Ende März fast gleichzeitig ihre | |
Zustimmung gaben. Einiges spricht dafür, dass es auch bei Schweden so sein | |
wird. Dass es schnell gehen könnte und die beiden Staaten ihre Blockade | |
nach dem Gipfel am Montag lösen, ist nicht ausgeschlossen. „Illiberale | |
Politik ist Realpolitik im schlechtesten Wortsinn. Wenn es illiberalen | |
Staaten nützt, kann es eine 180-Grad-Wende bei ihren Positionen geben“, | |
sagt Pető. | |
Bei dem Treffen in Budapest soll neben dem „Austausch über regionale und | |
globale Themen“ auch die Unterzeichnung mehrerer Wirtschaftsverträge auf | |
dem Programm stehen. | |
Details etwa zur Zusammensetzung der Delegationen oder zur genauen | |
Tagesordnung erfährt man aber nicht. Eine Anfrage der taz an die | |
zuständigen Regierungsbüros in Budapest und Ankara blieb unbeantwortet. | |
Dies sei der typische Modus Operandi von illiberalen Regierungen, sagt | |
Pető. „Man will die Öffentlichkeit raushalten“. Auf negative Art seien | |
beide Staaten einander durchaus ähnlich, so die Politikwissenschaftlerin, | |
die damit rechnet, dass es beim Treffen in Budapest auch um Austausch zum | |
Thema Kultur- und Wissenschaftspolitik geht – Stichwort LGBT, Gender | |
Studies oder das Vertreiben von wissenschaftlichen Institutionen wie der | |
CEU, deren Lehrbetrieb bis 2019 ausschließlich in Budapest stattfand. Da | |
könne die Türkei durchaus noch von Ungarn lernen, das Orbáns Regierung | |
längst zum Zentrum der internationalen Illiberalen umgebaut hat. | |
18 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Viktor-Orban-beim-EU-Gipfel/!5977586 | |
[2] /Einweihung-von-Turkish-Stream/!5654593 | |
[3] /Wegen-Widerstand-der-Tuerkei/!5945821 | |
## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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