# taz.de -- „Deutschlandkoalition“ in Sachsen-Anhalt: Ein Aufbruch ist das … | |
> CDU, SPD und FDP einigen sich in Sachsen-Anhalt auf eine Koalition. | |
> Klimaschutz bleibt Nebensache, das Umweltministerium wird sogar | |
> zerschlagen. | |
Bild: Reiner Haseloff und seine CDU haben sich in Sachsen-Anhalt ein Superminis… | |
DRESDEN taz | Die Innovationsfähigkeit der Politik in Sachsen-Anhalt | |
scheint sich auf neue Farbspiele zu beschränken. Die am Montag | |
vorgestellten Eckpunkte einer Deutschlandkoalition zwischen CDU, SPD und | |
FDP im Magdeburger Landtag versprechen wenig Fortschritt. Vor allem der | |
Klimaschutz kommt wohl ziemlich kurz, das Umweltministerium wird | |
zerschlagen. | |
„Wir haben schweren Herzens Abschied genommen von der Zuständigkeit für den | |
Bereich Wirtschaft“, deutete SPD-Landesvorsitzender Andreas Schmidt die | |
Hauptkonflikte der letzten Verhandlungstage an. Die CDU und namentlich ihr | |
Landesvorsitzender, designierter Wirtschaftsminister und | |
Haseloff-Nachfolger Sven Schulze setzten ein Superministerium für | |
Wirtschaft, Tourismus und Landwirtschaft durch. Dagegen hatte sich sogar | |
beim stockkonservativen Bauernverband Widerstand geregt – vergeblich. | |
Der bisherige SPD-Wirtschaftsminister Armin Willingmann wird nun mit dem | |
Wissenschaftsministerium entschädigt, das um die Bereiche Klimaschutz, | |
Energie und Umwelt erweitert wird. Die FDP erhält ein auch für die | |
Landesentwicklung zuständiges Digitalisierungsministerium. | |
Bei der Landtagswahl am 6. Juni hatte die CDU mit 37,1 Prozent einen | |
überraschend deutlichen Wahlsieg [1][weit vor der AfD] errungen. Eine | |
Koalition mit der [2][erneut geschrumpften SPD] hätte im Landtag nur eine | |
Stimme Mehrheit gehabt. Weil die Bündnisgrünen so ihr Druckpotenzial als | |
Mehrheitsbeschaffer verloren hätten, [3][lehnten sie eine Wiederholung der | |
Kenia-Koalition ab.] An ihre Stelle trat die FDP, die nach zehn Jahren | |
erstmals wieder die Fünf-Prozent-Hürde übersprang. | |
## Linke fürchtet „sozialpolitischen Kollaps“ | |
Die eher konservative Grundausrichtung von CDU, FDP und auch der Landes-SPD | |
hatte die Koalitionsverhandlungen zunächst flüssig erscheinen lassen. Erst | |
Ressortzuschnitte und Geldfragen brachten sie Anfang August ins Stocken. | |
Inhaltlich waren bei den Nachtsitzungen des 18-köpfigen | |
Verhandlungsgremiums in den Schlusstagen nur wenige Punkte strittig. | |
Der Koalitionsvertrag selbst liegt noch nicht im Wortlaut vor. Die vom | |
CDU-Landesvorsitzenden Sven Schulze am Montag erwähnten Kernpunkte | |
enthalten aber kaum Überraschungen. Echte Klimapolitik ist nicht in Sicht. | |
Der so genannte Kohleausstiegspfad zum Jahr 2038 wird nicht verkürzt. | |
Wieder einmal möchte Sachsen-Anhalt Modellland werden, diesmal für grünen | |
Wasserstoff. Als Reaktion auf den rasanten Klimawandel wurde sonst nur die | |
Aufforstung angepasster Baumarten und die Einrichtung von fünf | |
Modellregionen für die Beobachtung von Wetterextremen genannt. Umweltschutz | |
soll generell im Einklang mit Kommunen und der Landwirtschaft geregelt | |
werden. Überprüft werden soll der Schutzstatus des Wolfes. | |
Die Landespolizei soll derweil auf 7.000 Beamte aufgestockt werden. | |
Absichtserklärungen gibt es auch für eine stabile Schulstruktur mit | |
Grundschulverbünden. Theater und Orchester bekommen eine verlässliche | |
Finanzierung zugesichert. Auch ein formales Bekenntnis zum | |
Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk ist enthalten, nachdem die Landes-CDU im | |
Vorjahr zunächst den Rundfunkstaatsvertrag gekippt hatte – und [4][am | |
Bundesverfassungsgericht scheiterte.] Die Autobahnen 14 und 143 sollen bis | |
2025 fertiggebaut werden. | |
Das Sondervermögen zur Bewältigung der Coronafolgen soll nunmehr eineinhalb | |
Milliarden Euro umfassen, der Finanzausgleich mit den Kommunen 1,73 | |
Milliarden. Die SPD setzte die Kopplung des Vergabegesetzes an einen | |
Mindestlohn von etwa 13 Euro durch. | |
Kritik an den Plänen der künftigen Koalition kommt von der Opposition. | |
Grünen-Landesvorsitzender Sebastian Striegel sagt, die Auflösung des | |
Umweltministeriums erschwere zukünftig wohl die Suche nach Antworten auf | |
die Klimakrise. Überhaupt verspiele diese Koalition Zukunftsansätze. | |
Die Linke spricht gar von einem drohenden „sozialpolitischen Kollaps“ und | |
vermisst vor allem die Förderung von Kindern und Jugendlichen. | |
Frühkindliche Bildung, Kita-Kostenfreiheit und ein bereits angeschobenes | |
Kinderfördergesetz blieben auf der Strecke, so die Befürchtung. | |
Am Mittwoch soll der Koalitionsvertrag den Basen von SPD, CDU und FDP | |
zugeleitet werden. CDU und SPD wollen ihre Mitglieder dazu befragen, was | |
etwa vier Wochen in Anspruch nehmen wird. Geht hier alles glatt, soll der | |
alte neue Ministerpräsident, Reiner Haseloff (CDU), bereits am 16. | |
September gewählt werden, zehn Tage vor der Bundestagswahl. | |
10 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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