# taz.de -- Deutsch-französisches Treffen in Hamburg: Macron unter Druck wegen… | |
> Beim deutsch-französischen Treffen gibt es Konflikte. Paris ärgert sich | |
> über die Ampel, die wenig Verständnis für die Reform des Energiemarkts | |
> hat. | |
Bild: Präsident Macron mit Kanzler Scholz bei einem Besuch des Hamburger Airbu… | |
PARIS taz | Die Stimmung vor dem deutsch-französischen Regierungstreffen am | |
Montag und Dienstag in Hamburg war nicht gerade optimistisch. In Paris | |
wurde offen über die Verständigungsprobleme mit Berlin geschimpft: „Keiner | |
ist mit dem anderen gleicher Meinung, statt Europa vorwärtszubringen, | |
erschöpfen wir uns mit Verhandlungen, bei denen wir aber nie wissen, wer | |
(dort) das letzte Wort hat“, hieß es im Elysée-Palast laut der Tageszeitung | |
Libération vor der Abreise von Staatspräsident Emmanuel Macron. | |
Die wirtschaftspolitischen Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland | |
häufen sich in den Bereichen Energie, Rüstung und Industrie. Innenpolitisch | |
steht die französische Staatsführung wegen der Strompreise unter Druck. Sie | |
muss fürchten, dass sie bei anhaltender Inflation zum Hauptthema bei den | |
Europawahlen werden. Seit zwei Jahren fordern Oppositionsparteien, dass | |
Frankreich mit der bisherigen, erdgasindexierten Preisbildung [1][des | |
europäischen Strommarktes] bricht. | |
Der Fraktionschef der konservativen Les Républicains Olivier Marleix | |
schlägt vor, den europäischen Strommarkt zu verlassen, statt sich „wie eine | |
Geisel“ zu verhalten. Gleiches fordert die linke Partei La France | |
insoumise. Und für das rechtsextreme Rassemblement national meint der | |
Abgeordnete Jean-Philippe Tanguy schadenfroh, Macron sei „in seine eigene | |
Falle gegangen, weil er eine große Reform ankündigte, die dann nicht kam“. | |
Im Kern geht es nicht nur um das [2][System der Preisbildung], das als | |
besonders nachteilig für Frankreich erachtet wird, sondern auch um die | |
Atomkraft und die – scheinbar – günstigen Tarife für französische | |
Verbraucher. Die künstliche Verbilligung der teuren importierten | |
Elektrizität durch finanzielle Zuwendungen für Haushalte und Unternehmen | |
geht zulasten der Staatsfinanzen: 2022 betrug der BIP-Anteil der Schulden | |
112 Prozent. | |
## Konflikt um Strommarkt | |
Als im [3][letzten Winter ein Großteil der AKWs wegen Pannen, Inspektionen | |
oder Wartung stillstanden], musste Frankreich kostspieligen Strom aus | |
Gaskraftwerken importieren. Mit dem Austritt aus dem Strommarkt könnte | |
Frankreich die Tarife selber bestimmen. | |
Auch der Ex-Grüne und zum Macron-Lager zählende EU-Abgeordnete Pascal | |
Canfin schlägt in der Tageszeitung Le Monde nationale Töne an: „Wenn es uns | |
nicht gelingt, auf europäischer Ebene eine Reform durchzusetzen, nehmen wir | |
die Sache auf französischem Niveau in die Hand.“ | |
Zu dieser Perspektive hatte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire eine | |
dramatisch klingende Antwort: „Ein Austritt aus dem Strommarkt ist schlicht | |
ein Austritt aus der EU. Genauso hat der Brexit begonnen.“ | |
10 Oct 2023 | |
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[2] /Preise-fuer-Strom-und-Gas/!5893298 | |
[3] /Atomenergie-in-Frankreich/!5870000 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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