# taz.de -- Debatte um sexualisierte Gewalt: Zu Hause ist es am gefährlichsten | |
> Es ist gut, dass gerade über sexualisierte Gewalt geredet wird. Doch die | |
> Anlässe dafür sind trügerisch. Die meisten Femizide geschehen in | |
> Beziehungen. | |
Bild: Frauen müssen sich wehren gegen sexualisierte Gewalt – meist kommt sie… | |
Der feuchte Traum von Feminist*innen ist jetzt Wirklichkeit: Es wird | |
flächendeckend [1][über sexualisierte Gewalt diskutiert]. Allerdings machen | |
das die einen, weil sie das Problem bekämpfen möchten, während es den | |
anderen darum geht, Frauenfeindlichkeit für rassistische Zwecke zu | |
missbrauchen sowie ihre eigene Misogynie unsichtbar zu machen: zwei Fliegen | |
auf einen Schlag. | |
Gerade erst ist das Urteil [2][gegen Ali B.] gefallen, der die 14-jährige | |
Susanna B. vergewaltigte und ermordete und nun lebenslänglich ins Gefängnis | |
muss. Zwei anderen Fälle, die die Öffentlichkeit zurzeit einigermaßen | |
beschäftigen, nämlich die Gruppenvergewaltigungen in Mülheim und Freiburg, | |
kommen erst noch vor Gericht. Bei diesen Schreckensmeldungen mögen viele | |
dazu neigen, die Gefahr lediglich [3][in fremden Männern] auf der Straße zu | |
erkennen. Doch laut einer aktuellen UN-Studie ist das eigene Zuhause immer | |
noch der gefährlichste Ort für Frauen, und zwar weltweit. | |
Demnach wurden 2017 rund 87.000 Frauen getötet, mehrheitlich von Männern in | |
ihrer eigenen Familie. Auch aus der Studie des Bundesministeriums für | |
Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu „Partnerschaftsgewalt“ geht hervor, | |
dass in Deutschland männliche Täter im selben Jahr 147 Frauen töteten, mit | |
denen sie in einer Beziehung waren. Ein Viertel aller Frauen in Deutschland | |
gaben an, mindestens einmal Gewalt in Partnerschaft [4][erlebt zu haben]. | |
Davon erlitten 64 Prozent Körperverletzungen. Fast die Hälfte von diesen | |
Betroffenen lebten im selben Haushalt mit dem Täter. | |
Seit der Reform des Sexualstrafrechts von 2016 reicht ein Nein aus, um eine | |
Vergewaltigung als solche gelten zu lassen – keine Ausreden mehr. Das ist | |
ein Lichtblick in der Bekämpfung der Vergewaltigungskultur und ermutigt | |
Betroffene, anzuzeigen, weil ihre Chancen für Gerechtigkeit nicht mehr so | |
gering scheinen. Dass die Zahl der Anzeigen seit 2017 steigt, muss also | |
nicht unbedingt an mehr Taten liegen, sondern hat auch mit dieser | |
Gesetzesänderung zu tun. | |
## Gewalt gibt's auch in Liebesbeziehungen | |
Die flächendeckenden gesellschaftlichen Diskussionen weltweit über | |
sexualisierte Gewalt sowie #MeToo führen auch zu einer wichtigen | |
Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Problem. Das macht Mut. | |
Allerdings sollten wir auch viel mehr über Gewalt innerhalb von | |
Liebesbeziehungen und Familien sprechen. Denn dort kommt es leider nach wie | |
vor zu den meisten Femiziden. | |
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels stand fälschlicherweise, | |
dass 64 Prozent der Frauen in Deutschland von ihrem Partner verletzt | |
wurden. Diese Stelle ist nun korrigiert. | |
12 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Was-hilft-gegen-haeusliche-Gewalt/!5591655 | |
[2] /Iraker-wegen-Mordes-vor-Gericht/!5603846 | |
[3] /Kinderbuecher-die-vor-Fremden-warnen/!5576212 | |
[4] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuet… | |
## AUTOREN | |
Sibel Schick | |
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