# taz.de -- Mordfall Lübcke Thema beim Kirchentag: Merkel fordert Aufklärung | |
> Der evangelische Kirchentag zog mehr als 120.000 Menschen an. Neben den | |
> Themen sexualisierte Gewalt und Klimaschutz wurde über Rechtsextremismus | |
> diskutiert. | |
Bild: Will Aufklärung am Mordfall Lübckes: Angela Merkel | |
DORTMUND epd | Große Namen und brennende Themen: Am vorletzten Tag [1][des | |
evangelischen Kirchentags in Dortmund] standen noch einmal | |
[2][gesellschaftspolitische Debatten] über Rechtsextremismus, Klimaschutz | |
und sexuellen Missbrauch im Fokus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
forderte auf dem Protestantentreffen am Samstag eine umfassende Aufklärung | |
der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Auf einem | |
Podium über sexuellen Missbrauch trafen Betroffenenvertreter auf prominente | |
Theologen. An diesem Sonntag ging der Kirchentag mit zwei großen | |
Abschlussgottesdiensten zu Ende. | |
In ihrer von den Zuhörern bejubelten Rede forderte Merkel, mögliche | |
Verbindungen der Ermordung von Lübcke zur rechtsterroristischen Gruppe NSU | |
aufzuklären. Die Kanzlerin erinnerte an das Versagen der Behörden bei der | |
NSU-Mordserie und die Versprechen von Aufklärung, die den Betroffenen | |
gemacht worden seien. Wenn man jetzt nicht genau nach Verbindungen schaue, | |
„haben wir einen vollkommenen Verlust der Glaubwürdigkeit“, sagte Merkel. | |
Am Freitag war bekanntgeworden, dass Lübckes Name auf einer Liste des NSU | |
stand. | |
Für mehr Besonnenheit im Umgang mit der AfD warben auf einem | |
Kirchentagspodium die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Bayern, | |
Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU). „Sich immer nur zu | |
empören, das bringt uns nicht weiter“, sagte Kretschmann. Vielmehr müssten | |
potenzielle AfD-Wähler überzeugt werden. Auch Söder betonte, besser seien | |
gute Argumente und klare Abgrenzung. | |
Den sexuellen Missbrauch durch evangelische und katholische Geistliche | |
griff der Kirchentag in einem Podium auf, bei dem Opfer mit Theologen | |
diskutierten. Detlev Zander vom Netzwerk Betroffenen Forum aus dem | |
bayerischen Plattling forderte von der Kirche mehr Sensibilität: | |
„Betroffene müssen angehört, nicht vernommen werden.“ Die Hamburger | |
Bischöfin Kirsten Fehrs betonte, es müsse nicht nur Vergangenes | |
aufgearbeitet werden, sondern es brauche auch aktuelle Schutzkonzepte. Dies | |
sei auch eine „Haltungsfrage“, sagte die Bischöfin, die Sprecherin des | |
kirchlichen „Beauftragtenrats zum Schutz vor sexualisierter Gewalt“ ist. | |
## Auch Klimaschutz Thema | |
Mit Blick auf sexualisierte Gewalt gegen Frauen in Konflikten rief | |
Außenminister Heiko Maas (SPD) die Kirchen auf, sichere Räume für Opfer zu | |
schaffen. Die Kirchen könnten auch Unterstützung bieten für das Heilen | |
seelischer und körperlicher Wunden, sagte Maas auf einem Podium mit dem | |
kongolesischen Gynäkologen Denis Mukwege, der im Ostkongo vergewaltigte | |
Frauen operiert. | |
Mukwege gab Industrieländern wie Deutschland eine Mitverantwortung für das | |
Leiden in der Demokratischen Republik Kongo. Viele der Vergewaltigungen und | |
auch Vertreibungen gingen von Banden aus, die Rohstoffe wie Kobalt für die | |
Technologieproduktion in ihre Gewalt bringen wollten. Der | |
Friedensnobelpreisträger forderte eine Sorgfaltspflicht für die Einhaltung | |
von Menschenrechten in Lieferketten: „Ein sauberes Elektroauto muss auch | |
mit sauberen Mineralien gebaut werden.“ | |
Auch der Klimaschutz war am Sonnabend erneut ein zentrales Thema auf dem | |
Kirchentag. Merkel kündigte in ihrer Rede an, dass Deutschland auch nach | |
dem Scheitern eines verbindlichen Klimaziels beim EU-Gipfel am Freitag am | |
Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festhält. Von der diesjährigen | |
UN-Klimakonferenz müsse ein Signal zu verstärkten Anstrengungen ausgehen. | |
Seit Mittwoch kamen rund 121.000 Menschen zum 37. Deutschen Evangelischen | |
Kirchentag und besuchten neben politischen Podien auch Gottesdienste, | |
Workshops und Konzerte. Das Christentreffen endete am Sonntag mit einem | |
zentralen Abschlussgottesdienst im Westfalenstadion und einem | |
Familiengottesdienst im Westfalenpark, zu denen insgesamt 100.000 Menschen | |
erwartet wurden. Bereits am Sonnabend wurde symbolisch ein Staffelstab an | |
die Organisatoren des Ökumenischen Kirchentags 2021 in Frankfurt am Main | |
übergeben. Er wird vom 12. bis 16. Mai 2021 gemeinsam vom evangelischen | |
Kirchentag und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) | |
veranstaltet. | |
23 Jun 2019 | |
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