| # taz.de -- Debatte um mehr Medizinstudienplätze: Ein Rezept gegen den Ärzt:i… | |
| > In Deutschland droht eine medizinische Unterversorgung. Eine neue Studie | |
| > zeigt: Die Regionen, die Ärzt:innen ausbilden, haben eine bessere | |
| > Versorgung. | |
| Bild: Heiß begehrt: das Studium der Humanmdezin an deutschen Unis | |
| Berlin taz | Wer in Deutschland Medizin studieren will, braucht gute Nerven | |
| sowie einen Plan B. Denn die Chancen, einen der begehrten Studienplätze zu | |
| bekommen, liegen nicht sonderlich hoch. Auf bundesweit 10.219 Studienplätze | |
| kamen im vergangenen Wintersemester 32.966 Bewerber:innen – nicht mal | |
| jede:r Dritte durfte sein Wunschstudium aufnehmen. Der Hauptgrund für die | |
| begrenzten Kapazitäten sind die immensen Kosten. Nach Angaben des | |
| Statistischen Bundesamtes belaufen sie sich auf rund 25.000 Euro pro Jahr | |
| und Platz. | |
| Die Investitionen in mehr Studienplätze könnten sich trotzdem bezahlt | |
| machen. Das jedenfalls legt [1][eine Studie des Centrums für | |
| Hochschulentwicklung (CHE)] nahe, die am Mittwoch veröffentlicht worden | |
| ist. Demnach weisen die Regionen mit einer medizinischen Fakultät oft eine | |
| höhere Ärzt:innendichte auf. | |
| So gibt es beispielsweise in der Region Schleswig-Holstein Ost, in der ein | |
| Medizinstudium an der Uni Lübeck möglich ist, pro 100.000 | |
| Einwohner:innen 261 Ärzt:innen – in der Nachbarregion | |
| Schleswig-Holstein Süd (ohne medizinische Fakultät) sind es nur rund 171 | |
| Ärzt:innen. Dieser „Klebeeffekt“ sei in ganz Deutschland zu beobachten, | |
| sagt Studienautor Cort-Denis Hachmeister der taz. | |
| Für seine Auswertung hat der Datenanalysespezialist beim CHE die regionale | |
| Ärzt:innendichte aus den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung in | |
| Beziehung zu den Hochschulstandorten gesetzt. Das Ergebnis: Auch Regionen | |
| abseits der Metropolen – etwa um Bonn, Göttingen oder Rostock – profitieren | |
| vom medizinischen Nachwuchs vor Ort. Auch hier sind die Nachbarregionen oft | |
| deutlich schlechter versorgt. | |
| ## Sehr langsame Aufstockung | |
| „Mich hat überrascht, wie klar dieses Bild ist“, sagt Hachmeister. Er | |
| hofft, dass die Länder erkennen, wie sehr der Ausbau der Studienplätze in | |
| ihrem eigenen Interesse liege. In den letzten zehn Jahren seien trotz | |
| vieler Appelle die Plätze für Studienanfänger:innen nur um rund | |
| 1.000 gestiegen. Der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) | |
| forderte Anfang 2023 [2][5.000 neue Plätze] – mit bescheidenem Erfolg. | |
| „Viele Bundesländer bilden nach wie vor unter ihrem Bedarf aus“, kritisiert | |
| Hachmeister. In Bremen und Brandenburg könne man aktuell sogar noch an | |
| keiner staatlichen Hochschule Medizin studieren – auch wenn sich dies in | |
| Brandenburg ab dem Wintersemester 2026/27 ändert. Am meisten | |
| Mediziner:innen bilden aktuell gemessen an der | |
| Einwohner:innenzahl das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern aus. | |
| Seit Jahren wird diskutiert, ob die Anzahl der Medizinstudienplätze | |
| ausreicht, um eine alternde Gesellschaft zu versorgen. Aktuell sind nach | |
| Angaben der Bertelsmann Stiftung rund 5.000 Stellen für Hausärzt:innen | |
| unbesetzt. Nach Hochrechnungen der Bosch-Stiftung werden im Jahr 2035 rund | |
| 11.000 Hausärzt:innen fehlen, knapp 40 Prozent der Landkreise droht eine | |
| Unterversorgung. Gründe dafür sind, dass Hausärzte zunehmend in Teilzeit | |
| arbeiten oder altersbedingt aufhören. Die Versuche, [3][die ländliche | |
| Versorgung über sogenannte Landarztquoten zu verbessern], sind bislang | |
| mäßig erfolgreich. | |
| Was die neue Bundesgesundheitsministerin, Nina Warken (CDU), die auf | |
| Hausärzt:innen als erste Ansprechpartner:innen im Gesundheitssystem | |
| setzt, gegen die drohende Unterversorgung unternehmen möchte, ist unklar – | |
| ebenso ob der Bund die Länder beim Ausbau der Studienkapazitäten | |
| unterstützen würde. Eine entsprechende Anfrage der taz ließ das | |
| Gesundheitsministerium unbeantwortet. | |
| ## Grüne fordert bessere Arbeitsbedingungen | |
| Aus Sicht der Grünen-Bundestagsabgeordneten und Gesundheitsexpertin Paula | |
| Piechotta wäre ein Ausbau der Studienplätze mit Bundesgeldern jedoch der | |
| falsche Weg. „Wir brauchen nicht mehr Medizinstudienplätze in Deutschland, | |
| sondern bessere Arbeitsbedingungen für Ärzt:innen sowie eine Aufwertung | |
| der nichtakademischen Gesundheitsberufe“, sagt Piechotta der taz. Sie | |
| halte es für einen Irrsinn, dass Assistenzkräfte bis heute oft kein Blut | |
| abnehmen dürfen. | |
| Piechotta begrüßt aber, wenn neue Medizinstandorte wie im Fall Brandenburgs | |
| auf dem Land errichtet würden: „Wir wissen, dass Ärzt:innen eigentlich | |
| nur dann auf dem Land arbeiten, wenn sie entweder dort herkommen oder sich | |
| im Rahmen ihrer Ausbildung dort niederlassen.“ | |
| Das kann auch in Wien oder Budapest sein. Wegen der fehlenden Studienplätze | |
| studieren aktuell über 9.000 Deutsche im Ausland Medizin. Wie viele danach | |
| nach Deutschland zurückkehren, wird nirgends erfasst. | |
| 20 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://hochschuldaten.che.de/medizinstudienplaetze-in-den-deutschen-bundes… | |
| [2] https://www.tagesschau.de/inland/medizin-studienplaetze-lauterbach-101.html | |
| [3] /Medizinische-Versorgung-auf-dem-Land/!5855737 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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