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# taz.de -- Debatte um Coronafälle beim 1. FC Köln: Immer diese Emotionen
> Beim 1. FC Köln gibt es drei Coronafälle, und Profi Birger Verstraete
> staunt, dass das Team nicht in Quarantäne muss. Nach Kritik rudert er
> zurück.
Bild: Kein sorgenfreies Training: Birger Verstraete in Diensten des 1. FC Köln
Die Fußballer Birger Verstraete und Sebastiaan Bornauw haben einiges
gemeinsam. Beide sind in Belgien geboren, spielten in ihrer Heimat für
diverse Nachwuchsnationalteams – Verstraete im September 2018 auch einmal
für die A-Auswahl –, beide wechselten vergangenen Sommer aus Belgien zum 1.
FC Köln. Darüber hinaus eint die beiden ihre Freude daran, sich öffentlich
mitzuteilen. So berichtete Innenverteidiger Bornauw der Tageszeitung Het
Laatse Nieuws letzte Woche, wie das mit den ersten Coronatests am
Geißbockheim gewesen sei: Überdimensionierte Ohrstäbchen, die zur
Probeentnahme jeweils tief in Hals und Nase gesteckt wurden. „Das war“,
fasste der 21-Jährige zusammen, „kein angenehmes Gefühl.“
Noch unangenehmer wurde es im Kölner Grüngürtel dann aber, als im Lauf des
Freitags bekannt wurde, dass bei den ersten Corona-Abstrichen zwei Profis
und ein Physiotherapeut positiv getestet worden waren. Das Kölner
Gesundheitsamt nahm unmittelbar Kontakt zu den Betroffenen auf und
entschied, dass die drei positiv getesteten Personen in eine 14-tägige
häusliche Quarantäne müssen. Und zwar nur sie.
„Wir sind mit dem Kölner Gesundheitsamt in engem Austausch. Die Experten
dort bewerten es so, dass aufgrund der Hygiene- und
Infektionsschutzmaßnahmen im Gruppentraining, wie wir es seit dem 6. April
praktizieren, am Geißbockheim mit all jenen, die negativ getestet wurden,
wie bisher weiter trainiert werden kann“, wird Vereinsarzt Paul Klein auf
der Homepage des 1. FC Köln zitiert.
Eine Sichtweise, die nun den zweiten Belgier im Profikader der Domstädter
auf den Plan rief. In einem Interview mit dem flämischen TV-Sender VTM,
über das Het Laatste Nieuws berichtete, äußerte Birger Verstraete am
Wochenende große Bedenken. „Der Physiotherapeut ist der Mann, der mich und
andere Spieler wochenlang behandelt hat. Und mit einem der beiden
fraglichen Spieler habe ich am Donnerstag im Fitnessstudio ein Duo
gebildet“, berichtetet der Mittelfeldspieler. Es sei also „nicht ganz
richtig“, dass sonst niemand aus der Mannschaft mit den drei Infizierten in
Kontakt gekommen sei: „Die Jungs sind mir sehr nahe gekommen.“
Ehe Verstraete am Sonntag von seinem Arbeitgeber zurückgepfiffen und mit
einem deutlich abgemilderten Statement zitiert wurde, hatte er zudem
Zweifel an der Entscheidung der örtlichen Gesundheitsbehörden und an der
Vorgehensweise seines Klubs geäußert. „Wir sollten vorerst nicht unter
Quarantäne gestellt werden, und das ist ein bisschen bizarr“, sagte er. Es
sei seltsam, dass „alles einfach so weitergeht“.
## Die Angst der Spieler
Der SPD-Gesundheitsexperte [1][Karl Lauterbach] warnte am Samstag via
Twitter: „Wer mit Covid-19 trainiert, riskiert Schäden an Lunge, Herz und
Nieren. Ich wundere mich, dass Spieler das mit sich machen lassen. Fußball
soll Vorbild sein, nicht Brot und Spiele.“ Ein Gedanke, den auch Birger
Verstraete bei seinem Fernsehinterview offensichtlich sehr bewegte. „Wenn
jeder Spieler anonym entscheiden dürfte – ohne dass der Verein ihnen die
Schuld geben kann –, dann bin ich gespannt, wie die Stimmung ausfallen
würde“, erklärte er da. „Alle sagen das Gleiche. Die Gesundheit der Famil…
steht an erster Stelle.“
Dabei gehe es weniger darum, dass die Spieler Angst hätten, sich zu
infizieren – sondern um die Furcht, eine Infektion möglicherweise
weiterzugeben. Seine Freundin etwa sei Herzpatientin, gehöre wegen dieser
Vorerkrankung zu einer Risikogruppe. Die Pläne der Deutschen Fußball Liga
für einen Neustart der Bundesliga ab 15. Mai bezeichnete er als „naiv“.
Denn: „Ich will, dass alle gesund sind, bevor wir wieder Fußball spielen.“
Von seinem Verein bekam Verstraete eine Rüge. „Im Einklang mit dem
medizinischen Konzept der DFL werden beim FC ausschließlich Spieler
trainieren und spielen, die durch zwei aufeinanderfolgende negative Tests
den Nachweis haben, dass sie mit dem neuartigen Coronavirus nicht infiziert
sind. Aus diesem Grund werden alle Spieler vor der geplanten Wiederaufnahme
des Trainings am Montag rechtzeitig erneut getestet“, gab der Klub bekannt.
Zudem ruderte Birger Verstraete [2][in dem Statement des Vereins] zurück:
„Statt aus der Emotion heraus ein Interview zu geben, hätte ich den Kontakt
zu unserem Arzt suchen und mir meine Fragen erklären lassen müssen.“
Seine Freundin, fügte er noch hinzu, werde nun nach Belgien fahren und erst
einmal dort bleiben.
3 May 2020
## LINKS
[1] /Karl-Lauterbach-ueber-die-Coronakrise/!5681313
[2] https://fc.de/fc-info/news/detailseite/details/interview-aussagen-von-birge…
## AUTOREN
Andreas Morbach
## TAGS
1.FC Köln
DFL
Schwerpunkt Coronavirus
Fußball
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Fußball und Politik
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