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# taz.de -- Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Immerhin ein Signal
> CDU, SPD, Grüne und Linke verlassen bei einer AfD-Rede aus Protest gegen
> Rechtsextremismus den Plenarsaal. Viel mehr Gemeinsamkeit gibt es aber
> nicht.
Bild: Während der Rede von AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker verließen die …
Berlin taz | „Ja, rechten Umwälzungsfantasien muss ein Riegel vorgeschobene
werden, genau wie linken“: AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker hat gerade
erst unter Kopfschütteln und Gelächter zu reden begonnen, als sich der
Plenarsaal des Abgeordnetenhauses zu leeren beginnt. Von der Linksfraktion
über die Reihen der Grünen und der SPD stehen nacheinander alle
Parlamentarier jenseits der AfD auf und verlassen den Raum, mit knapp einer
Minute Verzögerung auch jene der CDU. Es soll ein klares Zeichen sein,
spontan, vorher nicht zwischen den Fraktionen abgesprochen. „Ich höre
keiner Rechtsradikalen zu, wie sie nach den aktuellen Enthüllungen über
rechtsextreme Netzwerke relativiert und lügt“, äußert sich
CDU-Fraktionschef Dirk Stettner wenig später.
Einen solchen gemeinsamen Auszug von Regierungs- und Oppositionsfraktionen
hatten selbst langjährige Beobachter noch nie erlebt. Nur der Senat, das
Präsidium und eben ihre AfD-Fraktion sind noch auf ihren Plätzen, als
Brinker fordert: „Gehen Sie in den Diskurs und verweigern Sie nicht
notwendige Diskussionen.“ Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch teilt
[1][kurz darauf via Kurznachrichtendienst X mit] „Wir müssen die
Auseinandersetzung mit der AfD auch im Parlament führen. Heute aber wäre es
falsch, der AfD beim Leugnen zuzuhören, während die Belege für
rechtsextremistische Umtriebe auf dem Tisch liegen.“
Der Auszug ist das Signal, das die Aktuelle Stunde setzen soll, die
zentrale Debatte der Sitzung: sich gemeinsam gegen Rechtsextremismus zu
stellen, nachdem jüngst erst wieder deutlich wurde, wie nah die AfD
Umsturzfantasien steht. Die Debatte selbst und auch die weitere Sitzung
schaffen das nicht ganz. Zwar distanzieren sich SPD, Grüne, Linkspartei und
CDU jeweils von der AfD. Doch die Gemeinsamkeit, die mehrere Redner
betonen, reicht bei CDU und Linkspartei nicht allzu weit.
Das hat viel damit zu tun, dass die Linkspartei als Redner neben ihrem
Fraktionschef Carsten Schatz auch den Abgeordneten Ferat Koçak angekündigt
hat, 2018 war er Opfer eines rechtsextremen Anschlags in Neukölln.
CDU-Fraktionschef Stettner kritisiert heftig, dass man „diesen Radikalen
reden lassen will“. Damit mache man „wirklich den Bock zum Gärtner“. Ko�…
legt in seiner Rede nahe, dass Behörden des Landes von Rechtsextremen
unterwandert seien – „die Gefahr für unsere Demokratie sitzt nicht nur in
unseren Parlamenten“.
## Keine CDU-Annäherung an die Linkspartei
Dem wird später am Vormittag Innensenatorin Iris Spranger (SPD)
widersprechen: „Ich verwehre mich ausdrücklich dagegen, dass es
rechtsextreme radikale Behördenstrukturen gibt.“ Sie wendet sich zudem
gegen die Kritik an der Polizei, die Koçak [2][am 14. Januar auf X
veröffentlichte]: „Brutale Polizeigewalt auf der Luxemburg-Liebknecht
Gedenkdemo“, schrieb er da. Koçak, den Spranger nicht beim Namen nennt,
kommt damit aus ihrer Sicht nicht der Vorbildfunktion von Abgeordneten
nach. Für sie wurde die Polizei angegriffen, nicht umgekehrt.
Schon die Vorgeschichte der Sitzung ist also wenig geeignet, alle
Nicht-AfDler zumindest kurzzeitig auf einen Nenner zu bringen. Was dabei
auch verhallt, ist ein Aufruf von Grünen-Fraktionschef Werner Graf an die
CDU, sich nicht länger [3][von der Linkspartei genauso zu distanzieren wie
von der AfD]. Begraben sollte man diese sogenannte Hufeisentheorie, fordert
er. Und: „Stehen Sie mit uns für die Demokratie ein.“
Weder CDU-Fraktionschef Stettner noch der Regierende Bürgermeister Kai
Wegner, der zugleich CDU-Landsvorsitzender ist, gehen darauf ein. In
Brandenburg hatte vor der jüngsten Wahl 2019 der damalige
CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben als einer der ersten in der Union
[4][laut über eine solche Annäherung nachgedacht]. Bei seinen
Parteifreunden kam das nicht gut an – nach der CDU-Schlappe bei der Wahl
wurde er als CDU-Landeschef gestürzt.
Berlins Regierungschef Wegner im nun wieder vollen Plenarsaal geht immerhin
so weit, Links- und Rechtsextremismus nicht gleichzustellen. „Unsere
Demokratie wird von vielen Seiten angegriffen“, sagt er, „derzeit aber die
größte Gefahr, und da darf es keinen Zweifel geben, ist der
Rechtsextremismus.“ Eines müsse ganz klar sein: „dass man mit der AfD
niemals gemeinsame Sache macht“.
18 Jan 2024
## LINKS
[1] https://twitter.com/Bettina_Jarasch/status/1747931881545273386
[2] https://twitter.com/der_neukoellner/status/1746500453230157983
[3] https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/cdu_deutschlands_unsere_ha…
[4] /Landtagswahlen-in-Ostdeutschland/!5610573
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Abgeordnetenhaus
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Polizeigewalt
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