# taz.de -- Datenskandale und Online-Werbung: Wieso zeigt mir GMX nackte Frauen? | |
> Manchmal fragt man sich schon, was die Firmen von einem denken, die | |
> Banner für Bauchwegwerbung oder Tankini-Trends schalten. Eine Ermittlung. | |
Bild: „Dann bekommen Nutzer auch nicht 'immer' und nicht nur nackte Frauen zu… | |
Vielleicht muss man mit einem kleinen Detail starten, um die großen | |
Zusammenhänge zu begreifen. Vielleicht sind die nackten Frauen so ein | |
Detail, die mir mein Mailanbieter GMX nachts zeigt. Schließlich werfen sie | |
damit eine schlichte Frage auf: Was denken die eigentlich von mir? | |
Es ist eine Frage, die man sich in diesen Tagen häufiger stellen kann. | |
Während immer neue Details darüber aufgedeckt werden, welche Datenmassen | |
welcher Geheimdienst von welchen Kabeln oder von welcher Firma abschöpft. | |
Aus diesen Daten könnten digitale Profile entstehen, Bilder von Menschen. | |
Bilder auch von mir. | |
Wie sehen mich die Firmen, die Werbung für mich schalten? Wie betrachten | |
mich Unternehmen, die meine Daten sammeln? Wie würde mich ein Geheimdienst | |
betrachten, wenn er meine Informationen hätte? | |
Man kann herausfinden, welche dieser Firmen auf den Seiten aktiv sind, die | |
man besucht. Man muss dafür nur ein Programm namens [1][Ghostery] in seinem | |
Firefox Browser installieren, dann erscheint eine lila Liste mit Namen wie | |
AdSpirit, Doubleclick oder Adition. Diese Unternehmen verteilen die Werbung | |
auf den Internetseiten. | |
Der größte Anzeigenverteiler in Deutschland neben Googles Werbeabteilung | |
Doubleclick heißt Adition. Ich finde Spuren von Adition mit Hilfe von | |
Ghostery auch bei GMX. In Düsseldorf, wo Adition sitzt, lasse ich mir | |
erklären, wie das mit der Werbung funktioniert. | |
An mir besteht, versichert man mir da, grundsätzlich kein allzu großes | |
Interesse. Es geht um Zielgruppen. Menschen, die sich für Duschgel | |
interessieren, für Elektroautos, für Turnschuhe. | |
## Kontaktdosiert ausgesteuert | |
Adition, Doubleclick und all die anderen Firmen beobachten, worauf ich auf | |
den Webseiten, die ich besuche, klicke. Sie merken sich das - | |
beispielsweise über Cookies, die in meinem Browser gespeichert werden. Wenn | |
eine Anzeige geschaltet werden soll, etwa für jemanden, der sich für | |
Elektroautos interessiert, vergleicht der Werbeserver die Anzeigenvorgaben | |
der Kunden mit den gespeicherten Interessen aus dem Browser. | |
Warum zeigt mir GMX also nachts nackte Frauen? | |
Erotikwerbung unterliege auf GMX strengen Richtlinien, antwortet mir eine | |
Sprecherin, als ich dort nachfrage. Sie werde erst ab 22 oder 0 Uhr | |
geschaltet. „Dann bekommen Nutzer auch nicht 'immer' und nicht nur nackte | |
Frauen zu sehen - die Werbung wird für gewöhnlich kontaktdosiert | |
ausgesteuert, so dass die Einblendungen einer bestimmten Werbung in einem | |
bestimmten Zeitraum oder während eines bestimmten Nutzungsvorgangs eine | |
definierte Anzahl nicht überschreiten.“ | |
Es sei dann außerdem so: Online-Werbung, wie etwa die Erotikwerbung bei | |
GMX, werde mit so genanntem Targeting ausgesteuert, „auf Basis | |
statistischer Wahrscheinlichkeiten, mit denen ein Nutzer einer Zielgruppe | |
zugeordnet wird.“ Eine Zielgruppe könne sein: Männer, die älter als 18 | |
Jahre alt sind. | |
Ich bin also gar nicht persönlich gemeint? | |
„Nein“, schreibt die Sprecherin, „personalisierte Werbung (z.B. persönli… | |
Anrede, Adresse etc.) ist mit Targeting nicht möglich.“ Targeting erfolge | |
nicht auf Basis eines direkten Personenbezugs, sondern auf Basis einer | |
anonymen Zielgruppenzugehörigkeit. „Frauen erhalten für gewöhnlich keine | |
Erotikwerbung eingeblendet.“ | |
Das wirkt alles erst mal reichlich grobkörnig. | |
## Facebook und der Wu-Tang-Clan | |
Deutlich feiner werden die Analysen, wenn ich mich mit meinem vollen Namen | |
sehr personalisiert bei Facebook oder anderen Netzwerken anmelde. Sobald | |
ich nämlich die Zustimmung gebe, dass meine Daten verwendet werden dürfen, | |
können sie auch mit meiner Person verbunden werden. | |
Facebook wiederum wirbt bei mir auch deutlich zielsicherer: für den | |
Wu-Tang-Clan und für ausgezeichneten Auslandsjournalismus, der mit einem | |
Award prämiert werden soll. Dazu ein Online-Schuhladen. Ich mag Turnschuhe, | |
ich mag Wu-Tang, ich mag Auslandsjournalismus. | |
Was ich nicht mag, ist den Gedanken, dass solche Informationen an | |
Geheimdienste wie die NSA weitergegeben werden könnte. In diesen Momenten | |
fällt mir wieder ein, wie der ehemalige Sicherheitschef von Facebook hieß. | |
Max Kelly nämlich. Und wo er heute arbeitet. Genau: bei der [2][NSA]. | |
Die ganz Titelgeschichte „Edward Snowden und ich“ lesen Sie in der | |
[3][taz.am wochenende vom 6./7. Juli 2013]. Johannes Gernert folgt darin | |
seinen digitalen Spuren und landet dabei auch bei der Firma Acxiom, einem | |
der größten Datensammler der Welt. Darin außerdem: Im Dschungel Ecuadors | |
wehrt sich ein Dorf gegen die Begierden der Erdölindustrie. Und der Streit | |
der Woche zur Frage: Darf man öffentlich knutschen? Am Kiosk, [4][eKiosk] | |
oder gleich im praktischen [5][Wochenendabo]. | |
6 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ghostery.com/ | |
[2] http://www.nytimes.com/2013/06/20/technology/silicon-valley-and-spy-agency-… | |
[3] http://bit.ly/17vqaM6 | |
[4] /zeitung/e-paper/e-kiosk/ | |
[5] /zeitung/abo/wochenendabo | |
## AUTOREN | |
Johannes Gernert | |
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