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# taz.de -- Kalifornien will Tracker tracken: Guck mal, wer da guckt
> Mit einem neuen Gesetz will Kalifornien die Web-Konzerne zu mehr
> Transparenz zwingen. Ein neues Kapitel in der Schlacht um Cookies.
Bild: Dichte Tracking-Spuren im Silicon Valley.
Der kalifornische Gouverneur Jerry Brown unterschreibt in diesen Tagen
viele Gesetze: Zum Beispiel eines über den Mindestabstand zu Fahrradfahrern
im Straßenverkehr und eine Überstundenregelung für Hausangestellte. Mit
Assembly Law 370 liegt derzeit aber auch ein Gesetz auf seinem
Schreibtisch, dass die Privatsphäre im Internet wesentlich beeinflussen
könnte.
Sein Gegenstand ist das Tracking – also das Nachverfolgen und
Identifizieren von Webseiten-Besuchern. Tracking ist eine der Grundlagen
der modernen Online-Werbung. Statt nur Werbung auf bestimmten Webseiten zu
posten, versuchen Werbedienstleister die Besucher zu identifizieren und
ihre Werbung zielgenau anzupassen.
Das Tracking funktioniert mit Cookies – kleine Dateien, die zusammen mit
den Webseiten auf den Rechnern der Kunden landen. Eigentlich war diese
Technik dazu gedacht, dass Nutzer auf Webseiten nicht immer wieder neu
Daten wie Nutzernamen und Passwort eingeben müssen. Mittlerweile überwiegen
die „Third Party Cookies“ aber bei weitem. Diese werden nicht von den
Webseiten selbst, sondern von den Werbenetzwerken gesetzt.
Da solche Werbenetzwerke auf fast jeder Webseite enthalten sind, können die
Werber die Reise der Surfer über das ganze Internet verfolgen: vom
Handy-Forum über die Lokalzeitung bis hin zum Online-Shop.
Plastisch greifbar wird das Phänomen, wenn man sich beispielsweise beim
Online-Versandhaus Amazon einen Artikel ansieht, ihn aber dann doch nicht
kauft. Dank Tracking bekommt der Nutzer daraufhin auf zahlreichen andere
Webseiten genau diesen Artikel empfohlen. Diese Technik nennt sich
„Retargeting“ und ist deutlich erfolgreicher als normale Online-Werbung.
Nach dem bereits vom kalifornischen Landesparlament verabschiedeten Gesetz
sind Unternehmen bald gezwungen offenzulegen, welche Daten sie denn erheben
und welche sie an Dritte weitergeben. Obwohl es nur für die Unternehmen
eines US-Bundesstaates gilt, sind die Auswirkungen enorm: Denn sowohl
Google, Apple, als auch Facebook haben ihre Unternehmszentralen an der
amerikanischen Westküste.
## Selbstregulierung tritt auf der Stelle
Das Gesetz ist nur ein erster Schritt, ein Signal. Denn einen weiteren
Absatz in die ohnehin kaum gelesenen Datenschutzbestimmungen einer Webseite
aufzunehmen, tut niemandem weh. Die Industrie muss aber damit ihre Karten
auf den Tisch legen, wie viel Mitbestimmung sie ihren Kunden überlässt, ob
sie tatsächlich zu Selbstregulierung bereit ist.
Dass Tracking nicht beliebt ist, haben auch die Webkonzerne mitbekommen.
Sie reagieren mit Opt-Out-Lösungen – wer sich unbedingt abmelden will, kann
dies auch tun. So bietet Google auf einer nicht einfach zu findenden
Webseite einen besonderen Service an: Hier kann man sich ansehen, was der
Konzern von einem denkt: Denn aus den Surf-Gewohnheiten und Suchanfragen
berechnet Google das vermeintliche Alter, Geschlecht und die
Interessengebiete eines Surfers. Diese Daten werden zur Zuteilung der
Werbung genutzt.
Wer will, kann Google anweisen, diese Personalisierung [1][zu unterlassen]
– bekommt dann aber keineswegs weniger Werbung – sie ist nur weniger
gezielt. Tatsächlich nutzen solche Möglichkeiten nur wenige Nutzer:
Schließlich gibt es Dutzende Netzwerke, die man auf unterschiedliche Weise
kündigen müsste – bei jedem Computer, Tablet oder Smartphone aufs Neue.‎
## Jugendschutz gegen Spraydosen
Die Initiative „Do not track“ versucht diesen Abmelde-Vorgang in den
Browser zu verlagern. Als erster hatte der Open-Source-Browser Firefox
diese Option eingebaut. Mittlerweile sind die Konkurrenten nachgezogen.
Sogar der Google-Browser Chrome bietet die Option an, die den
Werbetreibenden das Signal übermittelt: „Dieser Kunde möchte nicht getrackt
werden“. Schönheitsfehler: Ob sich die Werbetreibenden daran halten, ist
ihnen selbst überlassen.
Erste [2][Erhebungen] zeigen: Meist wird der Wunsch ignoriert. Indem das
kalifornische Gesetz die Betreiber zwingt, ihre Karten auf den Tisch zu
legen, wird die Werbeindustrie unter Druck gesetzt. Nach Medienberichten
soll Brown das Gesetz in den kommenden Wochen unterschreiben.
Zuvor hat der Gouverneur schon ein Gesetz unterzeichnet, dass es den
Online-Firmen auferlegt, Heranwachsenden einen Lösch-Knopf anzubieten, mit
dem sie einmal publizierte Inhalte löschen können – eine Art digitale
Notbremse. Das Problem dabei ist: Werden Inhalte schon von anderen Nutzern
weitergetragen, hilft der Löschknopf wenig. Zudem ist es Werbetreibenden in
Kalifornien untersagt, Kinder und Jugendliche mit Werbung für bestimmte
Dinge wie Alkohol, Pornografie, Lotterien oder Grafitti-Bedarf zu
konfrontieren.
Auch diese Regelung könnte weltweite Auswirkungen haben: Online-Werbung ist
ein Massengeschäft – Ausnahmen in jedem Land einzeln zu definieren ist
aufwändig. So könnten Werbenetzwerke Spraydosen gleich weltweit aus den
Online-Anzeigen verbannen, um Bußgelder in Kalifornien zu vermeiden.
27 Sep 2013
## LINKS
[1] http://www.google.de/ads/preferences/
[2] /Mehr-Tracking-im-Netz/!105537/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
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