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# taz.de -- Datenschutz in Unternehmen: Werbung wichtiger als Privatsphäre
> Beim Schutz vor Überwachung fällt der Blick schnell auf die Nutzer. Doch
> auch die Unternehmen könnten etwas für ihre Kunden tun – wenn sie denn
> wollten.
Bild: Die Telekom verzichtet auf Verschlüsselung in E-Mails
BERLIN taz | Emails verschlüsseln, Browser wechseln, alternative
Suchmaschine wählen – wenn nach den Enthüllungen über die
Überwachungsmethoden der NSA über Privatsphäre im Internet diskutiert wird,
geht es meist um die Möglichkeiten der Nutzer.
So forderte etwa Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor wenigen
Tagen die Verbraucher auf, selbst mehr für den Schutz ihrer persönlichen
Daten zu tun. Dabei könnten auch die Internetkonzerne einen Teil dazu
beitragen, ihre Kunden besser zu schützen.
Das beginnt schon bei der Einrichtung eines Email-Accounts. Wer ein Konto
bei einem der großen Anbieter einrichten will, muss Namen und Adresse,
Geburtsdatum und eine alternative Email-Adresse, teilweise auch die
Handy-Nummer nennen.
Notwendig sind diese Anfragen nicht. Denn das Telekommunikationsgesetz
sieht eine Ausnahme für Email-Anbieter vor. Anders als Unternehmen, die
etwa im Telefonbereich tätig sind, müssen Mail-Anbieter keine Bestandsdaten
– wie Namen und Adresse – erheben. Firmen wie Posteo bieten entsprechend
Postfächer anonym an – allerdings kostenpflichtig, denn mit Werbung
verdienen sie kein Geld.
## Interesse am Datensammeln
Die Daten nicht zu erfassen läge im Interesse des Kunden. Denn über je mehr
persönliche Informationen ein Unternehmen verfügt, desto mehr können im
Zweifelsfall Geheimdienste oder Strafverfolgungsbehörden abfragen. Doch
umgegehrt haben die Konzerne ein Interesse am Datensammeln, schon um
Werbung zielgerichteter zu präsentieren.
Ein weiterer Ansatz zum Schutz der Nutzer wäre die verschlüsselte
Übertragung von Emails von einem Server zum anderen, die die Email-Provider
selbst einstellen können. Sie ist nicht annähernd so sicher, wie eine
Verschlüsselung von Nutzerseite, doch Geheimdienste, die Daten an den
Verbindungskabeln abzapfen, würden dann nur unverständliche Zeichenketten
sehen. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
empfiehlt in der Studie „Sicherer Betrieb von Email-Servern“, die
Übermittlung zu verschlüsseln.
Doch die großen deutschen Provider halten es unverschlüsselt. Die Telekom
verzichtet sogar nur bei Emails von Kunden auf die verschlüsselte
Übermittlung – Mails der Mitarbeiter, zu erkennen an der Endung @telekom.de
laufen über verschlüsselte Server-Verbindungen. Warum, das verrät das
Unternehmen nicht. Auch Gmx und Web.de ließen eine Anfrage unbeantwortet.
Ein Sprecher von Freenet gibt als Begründung an, dass eine Verschlüsselung
die reibungslose Kommunikation zwischen den Server beeinträchtigen und so
zu Behinderungen bei der Zustellung von Emails führen könne.
„Das stimmt nicht, Verschlüsselung lässt keine Mails verschwinden“,
widerspricht Eugen Bier vom Rechenzentrum der Universität Hannover. Die
Server würden sich einfach automatisch über einen Verschlüsselungsmodus
abstimmen. Möglicherweise ist den Unternehmen schlichtweg die zusätzliche
Rechenkapazität, die die Verschlüsselung benötigt, zu teuer.
Patrik Löhr, Gründer und Geschäftsführer von Posteo sagt zwar, dass in
seinem Unternehmen die zusätzliche Kapazität kaum messbar, weil zu gering
sei. Allerdings ist Posteo mit 14.000 Postfächern auch ein verhältnismäßig
kleiner Provider, im Vergleich zur T-Online mit knapp 20 Millionen
Accounts.
## Zumindest ein Anfang
„So eine einfache Verschlüsselung wäre schon einmal ein guter Ansatz“, sa…
Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Wenn
allerdings Geheimdienste direkt aus den Unternehmen Hilfestellung dabei
bekommen, diese Verschlüsselung zu umgehen, wie es bei Microsoft der Fall
sein soll oder wenn Strafverfolgungsbehörden einen entsprechenden Beschluss
erwirken, kommen sie trotzdem an die Daten heran.
Weil es vielen Nutzern zu kompliziert ist, sich selbst einen Schlüssel
einzurichten und die Emails damit vom Sender zum Empfänger komplett zu
verschlüsseln, sieht Glatzner die Unternehmen in der Pflicht: „Hier ist die
Innovationsfähigkeit der Wirtschaft gefragt.“ Es müsse einfachere Methoden
geben, die vom den Nutzer keinen zusätzlichen Aufwand und vor allem keine
technischen Kenntnisse verlangten.
1 Aug 2013
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Datenschutz
NSA
Schwerpunkt Überwachung
Werbung
Internet
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Bill Gates
Geheimdienst
Thomas Drake
Prism
Datenschutz
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