# taz.de -- Comic „Ralph Azham“ von Lewis Trondheim: Donald Ducks dunkler B… | |
> Ein Fantasycomic für Erwachsene, der mit Erwartungshaltungen spielt: | |
> Lewis Trondheim hat seine Reihe um „Ralph Azham“ abgeschlossen. | |
Bild: „Ralph Azham“: magische Artefakte und treue Gefährten | |
Groß und dünn, mit einer langen Hippiemähne und wenig Muskeln, dazu ein | |
Entenschnabel – schaut so ein Fantasyheld aus? Nicht unbedingt, und Ralph | |
Azham verhält sich auch nicht immer wie einer. | |
Ganz am Anfang seiner Serie, die mit dem zwölften Band nun abgeschlossen | |
ist, betrachtet er aus der Distanz, wie ein Krieger mit einem | |
eidechsenartigen Monster kämpft. Aber so schlimm ist das Untier dann doch | |
nicht. Mit ein paar Beeren lässt es sich ablenken und gehört eigentlich in | |
den Stall von Ralphs Vater. In ihrem Spiel mit Erwartungshaltungen ist | |
diese Szene für „Ralph Azham“ typisch. | |
Stets möchte Lewis Trondheim, wie er im Gespräch erklärt, nicht nur sein | |
Publikum, sondern auch sich selbst überraschen. „Mein leitendes Prinzip | |
ist: Wenn ich schreibe und zeichne, will ich vor allem Spaß haben. Manche | |
Comicmacher planen alles perfekt durch und stehen dann vor einem Album wie | |
vor einem Berg, den sie erklimmen müssen. Ich improvisiere lieber; ich | |
möchte bei der Arbeit Entdeckungen machen.“ | |
Der 55-jährige Trondheim – bürgerlich Laurent Chabosy – gehört zu den St… | |
der französischen Szene. Er ist einer der Gründer des einflussreichen | |
Alternativverlags L’Association und hat in den letzten 30 Jahren, allein | |
oder in Zusammenarbeit mit anderen, rund [1][150 Alben] veröffentlicht. | |
## Produktivität auf hohem Niveau | |
Eine unglaubliche Produktivität auf hohem Niveau, trotzdem gibt sich | |
Trondheim entspannt: „Wie alle Menschen, die faul sind, habe ich nur einen | |
Weg gefunden, sehr effizient zu arbeiten. Ein Szenario von[2][,Ralph | |
Azham'] entwerfe ich in ungefähr einer Stunde, dann zeichne ich sehr | |
schnell, wie es meine Art ist, drei Stunden, also bleiben an einem Tag noch | |
20 Stunden übrig.“ | |
Wie die Reihe „Donjon“, die Trondheim mit Joann Sfar und mehreren Kollegen | |
kreiert hat, spielt „Ralph Azham“ in einer von anthropomorphen Tierfiguren | |
bevölkerten Fantasywelt. Der Erpel Ralph gehört, wie sich herausstellt, zu | |
den als „Erwählte“ bezeichneten Mutanten, die über paranormale Fähigkeit… | |
verfügen. | |
Sie sollen dem König von Astolia in seinem Kampf gegen den bösen Vom Syrus | |
beistehen. Am Hof des Königs geht es allerdings auch nicht mit rechten | |
Dingen zu. Nach zahlreichen abenteuerlichen Wendungen landet Ralph selbst | |
auf dem Thron und muss feststellen, dass das Ausüben von Macht eine Bürde | |
und eine Versuchung zugleich ist. | |
„Ralph Azham“ bietet einerseits Fantasy, wie sie im Buche steht. Es gibt | |
magische Artefakte, treue Gefährten, viel Blutvergießen und am Ende jeweils | |
die Frage, wie es weitergehen mag. Andererseits ist dies ein | |
Lustige-Tiere-Comic für Erwachsene. Der schlappmäulige, launische und in | |
der Wahl seiner Mittel nicht zimperliche Ralph könnte Donald Ducks dunkler | |
Halbbruder sein. | |
## Irrwitzige Stunts | |
Die irrwitzigen Stunts und Kämpfe haben auch etwas Slapstickhaftes. | |
Trondheim möchte „Ralph Azham“ als Tragikomödie verstanden wissen: „So … | |
doch das Leben. Es ist nicht immer lustig und nicht immer traurig. Die | |
Figuren erleben gute und schlechte Momente, und das macht sie, wie ich | |
meine, menschlicher, anziehender.“ | |
Keinen einzigen seiner Comics hat Trondheim in einem realistischen Stil | |
gezeichnet. Ohne Koketterie beteuert er, dafür nicht das nötige Talent zu | |
besitzen. Zugleich hat er grundsätzliche Bedenken: „Viele Zeichner, die als | |
realistisch gelten, arbeiten in Wahrheit semirealistisch. Rein realistische | |
Bilder sind oft ausgesprochen steif, schwerfällig.“ | |
Trondheim bekennt sich zum Funny Minimalism, auch in der Seitenaufteilung, | |
die betont unaufdringlich und an den frankobelgischen Klassikern orientiert | |
ist. Für die kluge und, wenn es darauf ankommt, dezent poetische | |
Kolorierung von „Ralph Azham“ ist Brigitte Findakly, seine Ehefrau, | |
verantwortlich. Wer bei der Lektüre Geschmack an ungewöhnlicher Fantasy | |
gefunden hat und dringend Nachschub braucht, kann sich an „Donjon“ halten: | |
34 Bände liegen auf Deutsch vor; außerdem haben Trondheim und Sfar im | |
letzten Jahr begonnen, die Serie fortzusetzen. | |
30 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Comic-Legende-von-Lewis-Trondheim/!5515528 | |
[2] /Comiczeichner-Lewis-Trondheim/!5214481 | |
## AUTOREN | |
Christoph Haas | |
## TAGS | |
Buch | |
Comic | |
Bücher | |
Französischer Comic | |
Literatur | |
Literatur | |
Comic | |
Joann Sfar | |
Gérard Depardieu | |
Comic | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Taiyō Matsumoto und Ville Ranta: Überraschende Sichtweisen in neuen Graphic N… | |
Auf Erfolg droht Absturz und Burnout. Aktuelle finnische und japanische | |
Graphic Novels bieten humorvolle Einblicke in den Comic- und Mangabetrieb. | |
Kurzgeschichten von Christoph Haas: Bilder moderner Tristessen | |
„Eine Nacht im Juli, eine Nacht im Dezember“ erzählt kurze Geschichten | |
menschlicher Erschütterungen. Christoph Haas schreibt von entrückten | |
Zuständen. | |
Western-Renaissance im Comic: Mit der Aura eines Gangster-Rappers | |
Der Western erlebt im französischen Comic ein Comeback. Die Lektüre gleicht | |
irren Achterbahnfahrten. | |
Ausstellung und neuer Comic von Sfar: Philosophische Katzen und Vampire | |
Das Cartoonmuseum Basel zeigt Ausschnitte aus dem Werk des Comicautors | |
Joann Sfar. Avant veröffentlicht den 3. Band „Die Katze des Rabbiners“. | |
Neuer Comic über Gérard Depardieu: „Ein eruptiver Charakter“ | |
Comic-Autor Mathieu Sapin hat den exzentrischen Gérard Depardieu auf Reisen | |
begleitet. Entstanden ist eine intime und lustige Graphic Novel. | |
Das Finale der „Donjon“-Comicreihe: Vor der Endschlacht noch aufs Klo | |
Drachen im Düsenanzug, Körpertausch mit einer Ente: Der letzte Band der | |
Fantasy-Comicparodie „Donjon“ ist mal wieder ein großes Durcheinander. |