# taz.de -- Cannabisgesetz im Bundestag: In zwei Schritten zum legalen Gras | |
> Die teilweise Freigabe von Cannabis könnte gegen EU-Recht verstoßen. | |
> Gesundheitsminister Lauterbach hat das Vorhaben deshalb geschickt | |
> aufgesplittet. | |
Bild: Diese Cannabis-Pflanze im Hanf-Museum in Berlin befindet sich in einem ge… | |
FREIBURG taz | Wird das geplante Cannabisgesetz juristisch Bestand haben | |
oder droht eine Aufhebung durch Gerichte? Probleme könnte es am ehesten mit | |
dem EU-Recht und dem Völkerrecht geben. Die Ampelkoalition hat ihr Vorhaben | |
jedoch geschickt aufgesplittet: Die teilweise Freigabe von Cannabis soll in | |
zwei Schritten verlaufen. | |
Zunächst findet im Cannabisgesetz, über das [1][an diesem Freitag der | |
Bundestag abstimmt], eine weitgehende Entkriminalisierung des Besitzes von | |
Cannabis statt. Jeder darf 25 Gramm Gras für den Eigenkonsum sowie drei | |
Pflanzen zum Eigenanbau besitzen. [2][Cannabis-Anbauvereinigungen mit bis | |
zu 500 Mitgliedern] dürfen den Anbau auch kollektiv, aber nicht-kommerziell | |
betreiben. | |
In einem zweiten Schritt – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) | |
spricht von einer zweiten „Säule“ – soll dann in Modellregionen eine | |
weitgehende Legalisierung von Cannabis ausprobiert werden. Dann soll Hanf | |
auch in lizenzierten Geschäften wie Apotheken gekauft werden können. | |
Interesse an den versprochenen Modellversuchen äußerten bereits viele | |
Städte, [3][etwa Berlin], Bremen, Hamburg und Köln. Eine offizielle | |
Bewerbung ist aber noch nicht möglich. | |
Zwar verbietet ein EU-Rahmenbeschluss von 2004 den Anbau und Verkauf von | |
Drogen, inklusive Cannabis. Dort gibt es aber eine ausdrückliche Ausnahme | |
für den „persönlichen Konsum“, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen | |
ist. Deshalb konzentriert sich der erste Schritt der Cannabislegalisierung | |
gänzlich auf den Eigengebrauch. | |
## Fehler der Niederlande vermeiden | |
Schwieriger wird es im zweiten Schritt, wenn auch der kommerzielle Anbau | |
und Verkauf legalisiert werden sollen. Deshalb sind hier zunächst nur | |
fünfjährige regionale Modellversuche geplant. Hierbei soll wissenschaftlich | |
untersucht werden, ob eine Legalisierung letztlich dem Gesundheitsschutz | |
mehr dient, da in den lizenzierten Geschäften Ware von geprüfter und | |
gleichbleibender Qualität verkauft wird. | |
Die Hoffnung besteht auch, dass so die organisierte Kriminalität aus dem | |
Cannabishandel zurückgedrängt werden kann. Man will den Fehler der | |
Niederlande vermeiden, wo der Verkauf von Cannabisprodukten in Coffee-Shops | |
zwar geduldet ist, die Lieferkette dorthin aber illegal blieb, wovon im | |
Nachbarland vor allem die Organisierte Kriminalität profitierte. | |
Erst wenn das nun vorliegende Cannabisgesetz beschlossen ist, will | |
Lauterbach Eckpunkte und einen Gesetzentwurf für die zweite Säule vorlegen. | |
Erst dann will der Minister auch die EU-Kommission förmlich einbinden, | |
indem er den Gesetzentwurf in Brüssel notifiziert, das heißt zur Prüfung | |
vorlegt. Durch die enge Absprache soll eine Klage der EU-Kommission beim | |
Europäischen Gerichtshof vermieden werden. Parallel will die | |
Bundesregierung mit anderen EU-Staaten wie Portugal auch eine Lockerung des | |
EU-Rahmenbeschlusses erreichen. | |
Neben dem EU-Recht verweisen Kritiker der Cannabis-Legalisierung auch auf | |
das Völkerrecht. Deutschland hat mehrere Verträge unterzeichnet und | |
ratifiziert, die auch Cannabis als illegale Droge einstufen, zuletzt das | |
Suchtstoff-Übereinkommen von 1988. Danach ist auch der Besitz von Drogen | |
„für den persönlichen Gebrauch“ zu bestrafen – es sei denn, die | |
„Rechtsordnung“ des jeweiligen Staates spricht dagegen. | |
Die vorausschauende damalige Bundesjustizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte allerdings 1993 dafür gesorgt, dass | |
Deutschland bei der Ratifizierung des Suchtstoff-Übereinkommens eine | |
Interpretationserklärung abgibt, wonach die deutsche Rechtsordnung „einem | |
Wandel unterliegen“ kann. Auf diese Erklärung von 1993 beruft sich nun auch | |
die Bundesregierung, wenn sie feststellt, dass das Cannabisgesetz mit dem | |
Völkerrecht „vereinbar“ sei. | |
23 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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