# taz.de -- Bremer Pivatuni ist gescheitert: Jacobs-Uni sucht Millionen | |
> Die Jacobs University hat 200 Millionen Euro Steuermittel bekommen. Nun | |
> steigt der Sponsor aus. Das Land wird die Uni am Ende kaufen – und | |
> abwickeln. | |
Bild: Nachnutzung gesucht: Hauptgebäude der Jacobs University im Bremer Stadtt… | |
BREMEN taz | Seit einigen Monaten „arbeitet“ die Jacobs University Bremen | |
(JUB) an [1][einer Strategie für ihre Zukunft], offenbar ohne greifbares | |
Ergebnis. Als die namens- und geldgebende Jacobs-Foundation sich dann | |
genötigt sah, 6,3 Millionen Euro im Vorgriff auf den Zuschuss für 2021 zu | |
überweisen, und als die Geschäftsführung der JUB nach Zürich meldete, dass | |
im Herbst die Insolvenz drohe, wenn nicht noch mehr Geld komme – da war die | |
Geduld der Kaffee-Erben am Ende: Im Mai erklärte die Züricher Stiftung dem | |
Bremer Wissenschaftsressort, dass sie Ende des Jahres aussteigen werde. | |
Immer wieder hat die Einrichtung, die in Zeiten der großen Koalition mal | |
als private „International University Bremen“ (IUB) gegründet wurde und als | |
private Stiftungs-Universität eine Außenstelle amerikanischer | |
Privatuniversitäten werden sollte, beim [2][Bremer Senat um Subventionen | |
angeklopft]. In der Senatsvorlage, in der der Senat gestern das Ende | |
beschrieben hat, werden die verlorenen Zuschüsse auf mehr als 200 Millionen | |
Euro beziffert, wobei einige Summen noch dazukommen werden. Einige der | |
Ansprüche sind für den Senat offenbar noch juristisch unklar und werden im | |
Senatsbeschluss nur „nach hiesiger Kenntnis“ beziffert. | |
Die Foundation hat zugesagt, im Interesse einer reibungslosen Übergabe | |
ihrer Universität die für den Förderzeitraum bis zum Jahre 2027 | |
eingeplanten Mittel – es verbleiben knapp 60 Millionen Euro – schon vorab | |
2020 zu überweisen. Das Geld, so schätzt der Senat, würde effektiv gerade | |
bis 2023 reichen. Bis dahin will Bremen auch die Ausbildung der derzeit | |
1.600 Studierenden der JUB fortführen – bis zu deren Abschluss. Dazu hat | |
sich das Land gegenüber dem Wissenschaftsrat noch im Jahre 2007 | |
verpflichtet, weil die Stiftung offenbar diese Verpflichtung für „ihre“ | |
Privat-Uni nicht übernehmen wollte. | |
Der gestern beschlossene Fahrplan sieht daher so aus: Bis zum Herbst | |
bereiten Bremen und die Jacobs-Stiftung die Übergabe der Anteile an der | |
JUB-GmbH und die Ablösung aller vertraglichen Verpflichtungen der Stiftung | |
vor. Bis dahin soll auch in zwei Tranchen die restliche Fördersumme von | |
knapp 60 Millionen Euro nach Bremen fließen. Offiziell will das | |
Wissenschaftsressort, das bisher von den Entwicklungen bei der JUB immer | |
wieder vollkommen überrascht war, in den nächsten sechs Monaten zusammen | |
mit der Jacobs-Uni und der Stiftung ein „dauerhaft tragfähiges | |
Geschäftsmodell“ entwickeln, das „ohne Zuschüsse seitens der Freien | |
Hansestadt Bremen“ auskommt. | |
Das ist aber in den vergangenen 20 Jahren nicht gelungen, dürfte also auch | |
diesmal scheitern. „Sollte es nicht gelingen ein solches Geschäftsmodell zu | |
entwickeln, ist in der Folge über sich daraus ergebende Konsequenzen zu | |
beraten“, heißt es im Senatsbeschluss. Ein von Bremen gefundener „Dritter�… | |
sollte die Geschäftsanteile zum Nennwert von 22.000 Euro erwerben. Selbst | |
wenn die JUB dafür zu kaufen wäre – es drohen 20 Millionen jährlicher | |
Zuschüsse ohne Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels. | |
Also wird Bremen die JUB kaufen müssen. Dann werden die Überlegungen | |
beginnen, wie das Campus-Gelände in Grohn genutzt werden kann. Ein Verkauf | |
an Unternehmen scheint unrealistisch, da die Lage am Rande von Bremen-Nord | |
nicht sehr attraktiv ist. | |
Die Bremer CDU kommt mit ihrer alten Idee, dort einen Medizin-Studiengang | |
der Universität einzurichten und zugleich die JUB in staatlicher Regie | |
fortzuführen – sie ist für den „langfristigen Erhalt“ der JUB, weil die… | |
bisher private Einrichtung „zum internationalen Renommee und zu qualitativ | |
hochwertiger Forschung am Wissenschaftsstandort Bremen“ beitrüge und weil | |
die Arbeitsplätze für den Standort Bremen-Nord wichtig seien. | |
Vor allem der Koalitionspartner Linkspartei dürfte einer solchen Förderung | |
nicht zustimmen. Denn eine schlichte Dependance für die staatliche Uni am | |
Standort Grohn wäre preiswerter zu haben: Während die JUB rund 20 Millionen | |
Euro Zuschuss im Jahr für 1.600 Studierende bekommt, die Studiengebühren | |
zahlen müssen, bekommt die Bremer Uni für ihre Forschungsinstitute und die | |
Ausbildung von 19.200 Studierenden aus dem Staatshaushalt rund 170 | |
Millionen. | |
## Wirtschaftlichen Nutzen schöngerechnet | |
In der Präambel zum Senatsbeschluss, an dessen Ende die Abwicklung der JUB | |
steht, wird in höchsten Tönen der wirtschaftliche Nutzen der Einrichtung | |
gepriesen: Gutachter haben den „regionalen Bruttowertschöpfungseffekt“ auf | |
50 Millionen Euro schöngerechnet. Da Bremen für jeden angemeldeten | |
Landesbürger auch Mittel aus dem Länderfinanzausgleich (LFA) kassieren | |
kann, werden die meist ausländischen Studierenden angehalten, ihren | |
Wohnsitz in Bremen anzumelden. | |
Fazit der Rechnung des Bremer Senats: „Bei der Jacobs University | |
übersteigen bisher die Einnahmewirkungen von 12,2 Millionen Euro nach LFA | |
die Finanzierungsaufwendungen aus Landesmitteln“, bisher rund zehn | |
Millionen im Jahr. Also ein glattes Geschäft – wenn man der Rechnung | |
glaubt. Wenn sich der Zuschussbedarf aber auf 20 Millionen steigert, weil | |
der private Sponsor aussteigt, dann ist es ganz sicher ein glattes | |
Verlustgeschäft. | |
30 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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