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# taz.de -- Zukunft der Bremer Jacobs University: Privat-Uni wird privat
> Aus der Jacobs University soll ein Campus für Künstliche Intelligenz
> werden. Damit wäre der Standort gesichert – ganz ohne öffentliches Geld.
Bild: Bitte mitkommen: Roboter bei den KI-Tagen in Hamburg im November 2019
BREMEN taz | Es scheint eine Lösung für die Zukunft der Bremer Jacobs
University zu geben – sogar eine, die endlich ohne öffentliche Gelder
auskommt. Ein Betreiberkonsortium mit dem deutschen Software-Riesen SAP,
dem chinesischen Software-Entwickler Neusoft und dem Deutschen
Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) will aus der
Universität ein Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI) machen.
Seit ihrer Gründung vor fast 20 Jahren hat die eigentlich private Jacobs
Uni immer wieder Zuschüsse und Bürgschaften erhalten – insgesamt [1][bekam
sie rund 200 Millionen Euro] aus der öffentlichen Hand, um weiter
existieren zu können.
Im vergangenen Juni dann stieg die namens- und vor allem geldgebende Jacobs
Stiftung aus und gab bekannt, bis Jahresende ihre Anteile am Stammkapital –
zwei Drittel – abzugeben. Immerhin: Bereits zugesagte Gelder in Höhe von 60
Millionen Euro zahlt die Foundation noch an die Universität – genügend
Spielraum, um den Übergang in eine neue Trägerschaft gestalten zu können.
Und die scheint nun gefunden zu sein, zur Begeisterung von Bremens
Bürgermeister Andreas Bovenschule (SPD), der gemeinsam mit
Wissenschaftssenatorin Claudia Schilling (SPD) am gestrigen Dienstag die
Pläne für die Zukunft der Jacobs Uni vorstellte. „Was hier als Vorhaben
vorgestellt wurde, ist ein ganz hervorragender Ansatz“, sagte Bovenschulte.
## Platz für 3.000 Studierende
Dieser Ansatz, über den Ende der Woche eine Absichtserklärung zwischen der
Wissenschaftssenatorin und dem potentiellen Betreiberkonsortium
unterschrieben werden soll, sieht einen Campus vor, der sich ausschließlich
der Lehre und Forschung im Themenfeld Künstlicher Intelligenz widmen wird
und überdies erweitert werden soll auf Plätze für mindestens 3.000
Studierende.
Das Konsortium soll die Anteile der Jacobs Foundation übernehmen. „Wenn die
Verhandlungen sehr, sehr gut laufen, ist eine Übertragung der Geschäfte
schon zu Ende Dezember möglich“, sagte Schilling. Allerspätestens jedoch
bis Ende Juni soll alles unter Dach und Fach sein. Alle bisherigen
Studierenden der Jacobs Uni sollen ihre Ausbildung noch dort beenden
können.
Noch gibt es keine rechtssicheren Verträge, nur Absichtserklärungen.
Dennoch sieht Bovenschulte bereits einer glorreichen Zukunft für das
beschauliche Bremen entgegen: „Ich bin weit davon entfernt, Bremen als
Silicon Valley zu bezeichnen, aber mit dem neuen Campus können
Synergie-Effekte erarbeitet werden und dann kann es heißen: Ein Zentrum der
KI in der deutschen und europäischen Forschung ist Bremen“, sagte er, denn:
„SAP ist ja ein Weltkonzern.“
Aber was ist mit den Plänen, die die Jacobs Uni selbst für ihr Fortbestehen
hatte? „Die meisten Ideen für die Jacobs Uni hatten immer die
Teilfinanzierung durch die öffentliche Hand mit im Konzept“, sagte
Bovenschulte. „Aber die Wissenschaftssenatorin hat von Anfang an gesagt: Es
gibt kein Geld, denn wir haben keins.“ Das habe die Zahl der
Geschäftsmodelle natürlich begrenzt.
Dass sich nun die Möglichkeit auftut, eine Hochschule zu installieren, die
mutmaßlich ohne öffentliche Gelder auskommt, ist sicher auch ein Grund für
Bovenschultes Euphorie – die auch andere teilen: „Bremen wird endlich kein
Geld mehr in die Jacobs University stecken müssen. Das neue Geschäftsmodell
scheint deutlich seriöser als das der Jacobs Universität“, teilte
Klaus-Rainer Rupp, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion mit.
Die wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Janina Brünjes,
attestierte dem Senat „hervorragende Arbeit“. Er habe „eine Lösung
gefunden, die unsere Hoffnungen mehr als erfüllt“.
## Selbst die Opposition freut sich
Auch die Opposition hat ausnahmsweise wenig zu meckern. Die FDP ist „froh“
und die CDU findet die Pläne für den KI-Campus „eine großartige Neuigkeit�…
Allerdings, sagt deren wissenschaftspolitische Sprecherin Susanne Grobien,
sei sie schon ein wenig überrascht gewesen, dass sie bereits jetzt
öffentlich präsentiert worden seien: „Immerhin gibt es ja noch gar nichts
Verbindliches und unseres Wissens gibt es auch noch andere Interessenten.“
Gleichwohl müsse es darum gehen, den Wissenschaftsstandort Bremen zu
stärken „und dafür ist ein Unternehmen wie SAP natürlich hervorragend“.
Mit dem Beschluss der Übernahme durch das Konsortium werde „das Ende der
bisherigen Jacobs Universität eingeläutet und zugleich ein neues Kapitel
für den Wissenschaftsstandort Bremen-Nord aufgeschlagen“ teilt die
Grünen-Fraktion mit. Die Privatuni habe für ihr bisheriges Modell kein
wirtschaftlich tragfähiges Zukunftskonzept vorlegen können und „weitere
Hilfe aus dem Haushalt kann Bremen sich auch mit Blick auf die öffentlichen
Hochschulen nicht leisten“, so Solveig Eschen, wissenschaftspolitische
Sprecherin der Grünen. Mit dem KI-Konsortium habe die Uni nun eine echte
Entwicklungsperspektive.
Die Grünen mahnen aber auch, dass die Ausrichtung hin zur KI und die
Kooperation von SAP und DFKI mit dem chinesischen Unternehmen Neusoft einen
engen Austausch mit dem Land Bremen erfordere, der sich mit den ethischen
Aspekten der KI und dem Umgang mit Technologie-Wissen im internationalen
Kontext befassen müsse.
18 Nov 2020
## LINKS
[1] /Bremer-Pivatuni-ist-gescheitert/!5693283
## AUTOREN
Simone Schnase
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